Friedrich Wilhelm III. 35
General Davout das von Karl Ferdinand von Braunschweig (§ 1,
2. Abschn.) geführte Heer zum Rückzuge nötigte. Karl Ferdinand
war durch beide Augen geschossen, Friedrich Wilhelm selbst nur mit
Mühe dem Schlachtgewühl entrissen worden; die Königin Luise, die
ihrem Gemahl ins Feldlager gefolgt war, um den kriegerischen Geist
zu heben, mußte vor dem Feinde eiligst in Sicherheit gebracht
werden.
[Folgen der Schlacht: Preußen vernichtet; Fall
der Festungen.] Die Verwirrung in Preußen war grenzenlos,
und alle Bande der Ordnung lösten sich. Sowohl die von den
fran zösischen Marschällen verfolgten einzelnen Heerhaufen, als
auch die preußischen Festungen ergaben sich den Siegern auf
Gnade oder Ungnade, meist ohne großen Widerstand zu leisten: zu-
erst Erfurt, dann Stettin, Küstrin, Magdeburg und andere, kleine
Festungen. Nur wenige verloren damals den Mut nicht, dar-
unter der 64 jährige General von Blücher. Dieser sammelte
20 000 Mann und warf sich nach Lübeck, wurde aber von den
Franzosen so sehr in die Enge getrieben, daß er sich bald darauf aus
Mangel an Lebensmitteln und Munition bei Ratkau mit seinen
noch übriggebliebenen 8000 Mann ergeben mußte 1). Auch einige
Festungen hielten wacker aus: Glätz, Kosel, Silberberg in
Schlesien, Kolberg in Pommern (Gneisenau, Schill und Nettelbeck)
und Graudenz in Westpreußen (Courbière); Danzig fiel erst nach
harter Belagerung (Mai 1807).
[Napoleon in Berlin. Kontinentalsperre.] Die
Königsfamilie flüchtete zuerst nach Königsberg, dann nach Memel.
Napoleon aber hielt noch im Oktober seinen Einzug in Berlin,
verfügte von hier aus die Kontinentalsperre, die zum
Schaden Englands allen Handel und brieflichen Verkehr mit diesem
Lande untersagte 2), und entschied über das Schicksal der nord-
deutschen Fürsten, deren Länder sämtlich besetzt wurden. Nur
Karl August von Sachsen-Weimar und Friedrich Augustlll.
von Sachsen, der den Königstitel und die Zusage der preußischen Er-
1) Blücher wurde einige Monate später gegen den General Victor
ausgewechselt.
2) Die Kontinentalsperre war für das Festland nicht allzu nachteilig,
nur für die Hamburger Kaufleute. In Deutschland, namentlich am Rhein,
nahm die Industrie sogar einen Aufschwung. v