Friedrich Wilhelm III. 41
und führen außerdem die Aufsicht über alle Gemeindeangelegenheiten
(Selbstbesteuerung der Bürgerschaft), dieser besitzt die ausübende
Gewalt, hat also die Beschlüsse der Stadtverordneten vorzubereiten
und auszuführen. Der Staat behält sich nur das Recht der obersten
Aufsicht über alle städtischen Angelegenheiten sowie das Recht der
Polizei= und Justizgewalt vor. Im übrigen regieren sich die Ge-
meinden selber 1).
4. Die oberste Staatsverwaltung ging von dem
Generaldirektorium, das außer den Fachministern noch Provinzial-
minister enthalten hatte, auf den Ministerrat über, der lediglich
aus Fachministern (für das Außere, das Innere, den Krieg, die
Finanzen, die Justiz und seit 1817 für die geistlichen, Unterrichts-
und Medizinalangelegenheiten) bestand und alle Zweige der Ver-
waltung bearbeitete.
5. Stein plante endlich auch die Teilnahme des Volkes
an der Staatsgesetzgebung, vermochte aber diesen Gedanken
um so weniger durchzuführen, als das Verständnis hierfür in der
Bevölkerung selbst noch zu gering war. Nach seinem Rücktritte setzte
namentlich Graf Hardenberg, der Begründer der Gewerbe-
freiheit und Ordner der preußischen Finanzen, die neuen Schöpfungen
in seinem Geiste, doch mit schwächerer Kraft, fort. Wenn diese keinen
Umsturz wie in Frankreich herbeiführten, so lag dies daran, daß sie
vom Könige selbst, nicht vom Volke ausgingen, daß sie maßvoll aus-
geführt wurden, und daß der König nicht seine Souveränität an
das Volk abgab wie einst Ludwig XVI. an die konstituierende
Nationalversammlung.
Heeresorganisation. [Heranziehung des Bürger-
standes zum Heerdienste; allgemeine Wehrpflicht.]
Als der König bei Jena die Erfahrung gemacht hatte, wie weit das
preußische Heerwesen hinter den Anforderungen der Zeit zurück-
geblieben war, ging er daran, auch dieses zu verbessern, und wurde
dabei unterstützt von Männern wie Gneisenau, Grolman,
Boyen, Clausewitz, vor allem aber durch Gerhard David
von Scharnhorst, der, am 12. November 1755 im Hannover-
schen geboren, seit 1801 in preußischen Diensten stand. Die
1) Der in dieser Einrichtung liegende Gedanke der Selbstverwaltung
wurde später, 1872, auf die Kreise (Regierungsbezirke) und Provinzen aus-
gedehnt und 1891 durch die Landgemeindeordnung weiter ausgeführt. ·
§1-7.