Friedrich Wilhelm IV. 63
Antike die Hauptwache, das Schauspielhaus und das Alte Museum
schuf, und der Bildhauer Rauch, der Schöpfer der ruhenden Figur
der Königin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg und des Denk-
mals Friedrichs des Großen in Berlin.
Familie. Das einfache bürgerliche Leben in der Familie
des Königs und am Hofe wirkte auf das ganze Land zurück. Nach
dem Tode der Königin Luise führte Friedrich Wilhelm lange Zeit
ein einsames, stilles Leben, meist zu Parätz, einem Lustschlosse west-
lich von Potsdam. Dann vermählte er sich zum zweitenmal mit der
Gräfin Auguste von Harrach, die er als Fürstin von Lieg-
nitz heimführte. Aus erster Ehe stammten seine beiden Nach-
folger Friedrich Wilhelm IV. und Kaiser Wilhelm I1.
3. Friedrich Wilhelm IV. 1840—1361.
Kaiser von Österreich: Ferdinand I. 1835—1848; Franz Joseph 1848 bis jetzt.
Friedrich Wilhelm IV. (geb. 1795) war ein geistvoller, mit
vielen Kenntnissen und feinem Kunstsinne ausgestatteter Fürst, der
von seiner Mutter auch die Reinheit der Seele geerbt hatte. Dazu
besaß er fürstlichen Anstand, verbunden mit Leutseligkeit, treffenden
Witz und freudige Anteilnahme an allem Guten und Schönen. Für
seine echte Frömmigkeit spricht sein Wahlspruch: „Ich und mein
Haus wollen dem Herrn dienen!“ Aber es fehlte ihm ein klares
Erkennen der Bedürfnisse der Zeit.
a) Der Sozialismus und die Pariser Februarrevolution.
Der Sozialismus. [Die Proletarier. Mißstände des
Großbetriebs.] Eine der Hauptforderungen der französischen
Revolution von 1789, die Gleichstellung der drei Stände
(§ 2, 1 und § 4, 2), war nicht in Erfüllung gegangen. Es zeigte sich,
daß nur die Bourgeoisie, mit einem Teile der Geistlichkeit und
des Adels verschmolzen, ihr Ziel erreicht hatte, daß dagegen die große
Masse der Kleinbürger und Bauern unaufhaltsam zu einem so-
genannten vierten Stande, dem der besitzlosen Arbeiter oder
Proletarier!), herabsank und bald noch weit unzufriedener mit
seinem Lose wurde, als früher der tiers-Stat. Ahnlich sah es in
England und allen anderen Kulturländern aus. Denn die An-
1) Ein lateinisches Wort (von proles = Sprößling). Sie heißen so, weil
sie mehr durch ihre große Zahl als durch ihr Vermögen dem Staate dienen.