Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 102 — 
der Braut die Augen verbunden, und die jungen Mädchen tanzen 
singend im Kreise um sie herum. Welchem Mädchen nach Beendigung 
des Liedes der Kranz überreicht oder aufgesetzt wird, das ist die nächste 
Braut (A., B., Schn.). Wie vom Kranz eine Blume, so suchen die 
Mädchen auch ein Stück vom Schleier, der mit jenem zugleich abgenommen 
wird, zu erlangen, um einst auch einen zu bekommen (A.). Die Stücke heben 
sie sich auf (A.). Den Brautkranz hebt sich die junge Frau auf; denn 
er gilt als zauberkräftig und kommt zuletzt mit in den Sarg (H.). Je 
zerrissener der Schleier ist, desto größer ist das Glück (allg.), desto länger 
dauert der Ehestand (Ne.). Bekommt der Schleier ohne Vorwissen der 
Trägerin keinen Riß (v.) oder zerreißt er vor der Trauung (Gr.), so 
steht ein trüber Ehestand in Aussicht. Und doch wird wiederum ander- 
wärts der Schleier sorgsam in Schutz genommen, weil jede Beschädigung 
Unglück bringt. Wird der Schleier verbrannt, so stirbt die Braut 
zeitig (Schl.). 
Beim Hochzeitsmahl gilt der Scherzreim: 
„Trinkt Weißwein — ein Knäblein. 
Trinkt Rotwein — ein Mägdelein.“ (El., Schwrzb.) 
Der Hochzeitstanz. (Vgl. M. 179.) Nach dem Mahle findet 
der Hochzeitstanz statt, meist im Wirtshaus, seltener im Hochzeitshause 
(Seite 99). Ihn eröffnete der Brautreigen, den das junge Paar allein 
ausführte. Hierauf tanzte der Vater des jungen Mannes mit seiner 
neuen Schwiegertochter (M.). Beliebte Tänze waren: „Winewett“, 
Stiefelknecht, Buttermilch und Polka. Diese war ein alter „getretener" 
Tanz, wobei man erst sieben Schritte vor-, dann drei Schritte seitwärts 
hin und her machte und schließlich mit Hüpfen sich an Ort und Stelle 
drehte. Dazu sang man: 
Satt emol de Sackmitz a, 
Wie de Sackmitz tanz'n kal 
Sackmitz hie, Sackmitz har, 
Sackmitz is e Zauselbär. (M.) 
Zur „Buttermilch“ lautete der Reim: 
Im en Kreizer Buttermilch, 
Im a Meiserle siße, 
Bie de ganze Nacht gesassen 
Bei dr Gumfer Liese. (v.) 
Dem Balancé des Contres war das „Winewett“ ähnlich. Dabei 
kniete man nieder, führte verschiedene Armbewegungen aus und sang: 
Tschotsch, Winewett, was macht der Schneider? 
Dreimal tschotsch und dreimal Reiter (— Bezeichnung des Tanzes.). 
Während des Tanzes suchten die jungen Burschen die Braut zu 
„rauben“, gelang es, so wurde der unachtsame Bräutigam durch Hohn- 
gelächter gestraft (Schn. Spieß 842.). Die Männer behielten auch während 
des Tanzes ihre Tabakspfeifen im Munde. Der Hochzeitsvater nötigte zum 
Trinken und präsentierte ab und zu Schnaps. Starkes Nötigen gehörte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.