Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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zur guten Sitte. Jetzt stellt man sich zu Beginn des Tanzes in folgender 
Reihenfolge auf: das junge Paar, die Brautpaare, die beiderseitigen Eltern, 
die Verwandten des Bräutigams, der Braut und zuletzt die übrigen 
Gäste. Das junge Paar tanzt im Brautstaat zuerst und allein, dann 
tanzen alle.. Vor dem Tanze legt die Braut den Schleier ab, und die 
Person, die ihn überreicht hatte, geht zu allen Gästen, sammelt Geld 
und überreicht dieses mit samt dem Schleier der Braut (vereinzelt in 
A.). Beim Einsammeln des Geldes, das die damit Beschenkte sich besonders 
aufhebt, reißt jeder Gast ein Stück vom Schleier als Andenken ab (A.). 
Nach der Kranzabnahme wird mitunter die „Lichterpolonaise“ getanzt, 
woran nur Frauen und Kinder teilnehmen. Voran schreiten die Braut- 
jungfern, ihnen folgen die verheirateten Frauen und zuletzt die Kinder, alle 
mit Lichtern in der einen, mit Gegenständen in die Wirtschaft, wie Kaffee, 
Reis, Mehl u. ä. in der anderen Hand. Nach dem Umzuge im Saal 
gehen die Teilnehmerinnen einzeln zu dem jungen Paar und legen die 
Gaben vor die Füße der jungen Frau. Der junge Ehemann legt zu- 
letzt die Geschenke in einen Korb und überreicht diesen seiner jungen 
Gattin (A.). 
Die Brautnacht. Verbreitet ist der schon aus dem 16. Jahr- 
hundert erwähnte Glaube, daß, wer von beiden in der Brautnacht zu- 
erst einschläft, zuerst stirbt (313). Die gleiche Bedeutung gilt: wer von 
beiden zuerst das Brautbett besteigt (Gey. 313. 5697"), — doch soll auch 
dieser Teil den anderen überleben (Ra.) —, am andern Morgen zuerst 
spricht (Wo., H.), zuerst Gevatter steht (A.). Hängt oder legt die Braut 
ihre Kleider auf die des Mannes, so erlangt sie die Herrschaft in der 
Ehe (v. 5675). Dasselbe gilt aber auch umgekehrt. Bei der Herrichtung 
des Brautbettes dürfen die Kissen nicht geklopft, sondern nur gestrichen 
werden, sonst bekommt der Mann die Oberhand (He., M., Sch. 5687) 
und die Frau Schläge (A., Th. 568). Ins Brautbett steckt man Geld, 
damit die Ehe glücklich werde (A.). Die Betten dürfen mit ihren Fuß- 
enden nicht nach dem Friedhof oder der Haustür zeigen, wenn nicht 
baldiger Tod die Ehe lösen soll (A., B., Sch., Nd.), was auch geschieht, 
wenn das Brautbett noch nicht fertig ist, die junge Frau daran ändert 
(Gey.). Neckische und übermütige Gäste bereiten dem jungen Paar für die erste 
Nacht allerhand Verlegenheiten. Man lockert die Bettstelle, so daß die 
Brautleute gelegentlich durchbrechen, hängt Klingeln an die Matratze, 
setzt ein Waschbecken ins Bett, näht Ober= und Unterbett zusammen u. a. 
3. Der Einzug ins neue Heim. (Vgl. M. 183 ff.) 
Wie die Hochzeit, so darf auch der Einzug ins neue Heim nur 
bei zunehmendem, bei Voll= oder Neumond geschehen (v.). Mit Vor- 
liebe zieht man Donnerstag, Sonnabends und Sonntags ein, höchst 
ungern Freitags und in der Fastenzeit (v.). Die aus dem Vaterhause 
scheidende Tochter, wie auch der sonst das Vaterhaus Verlassende ißt 
daheim noch ein Stück Brot mit Salz, oder man steckt beiden ein Stück 
davon in die Tasche; denn dieses, vom heimischen Tische mitgenommen,
	        
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