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Andreas (30. November).
Mit dem Andreasabend beginnt die Zeit der allgemeinen Prophetie
in der Weihnachtszeit. Deshalb gehört die Andreasnacht (ebenso wie
die Thomas-, Christ= und Silvesternacht) zu den sogen. Losnächten, in
denen man durch mancherlei Beginnen das dunkle Kommende zu ent-
hüllen versucht, ein Zug, der tief im deutschen Volkstume wurzelt und
vor allem dem weiblichen Geschlechte eigen ist. Insbesondere werden
in der Andreasnacht Fragen gestellt, ob das Mädchen sein Lebensziel,
die Verheiratung, im kommenden Jahr erreichen werde, und was für
ein Mann ihm bestimmt sei.
Allgemein verbreitet ist das Bleigießen (vgl. W. 346), das
auch am H. Abende geübt wird.
„Heit is dr heilge Olmd! Ihr Mäd,
Kummt rei, mr gießen Blei. —“
Aus den wunderlichen Figuren, die durch den Erbschlüssel ge-
gossenes Blei bildet, sucht das Mädchen Stand und Beschäftigung ihres
Zukünftigen zu erfahren. Das „Heiling O'mdlied“ läßt das Mädchen
sagen:
„Do gieß iech mei Blei — Durch dann aArbschlissel nei. — Will
sah, was menn Maa — Fier e Handwark ward sei!“
„Jech gieß fei erscht! Wann krieg iech dä?
Satt här! — — en Zwackenschmied!
De Kaarlin lacht: die denkt gewieß,
Jech meen ihr'n Richter-Fried!“
Doch geben die verschiedenen Figuren des Bleis wie auch die, die
ein ausgeschlagenes Ei im Wasser bildet, nicht bloß Aufschluß über den
zukünftigen Ehegatten; denn ähnelt das Gebilde z. B. einem Sarg, so
stirbt der wißbegierige Mensch das kommende Jahr (v.).
Nächst dem Bleigießen übt man fleißig das Schuhwerfen. Mit
dem Rücken gegen die Tür gewendet oder in der Mitte der Stube
liegend, wirft die Heiratslustige ihren Pantoffel hinter sich mit den Worten:
„Schukel aus, Schukel ei,
Wo werd' ich ibers Gahr sei?“" (v.)
Liegt er mit seiner Spitze nach der Stube zu, so kommt im
nächsten Jahr der Erwartete (332°). Zugleich weist die Spitze des
Schuhes auf die Gegend, woher er kommt, wo man nächstens sein wird
(v.). Vgl. W. 332.
Kranz= und Straußwerfen. Bleibt der auf einen Baum unter
dem Sieben= oder Zwölfuhrläuten geworfene Strohkranz, Strohwisch
oder Holzspan beim ersten Wurfe hängen, so heiratet die Werferin im
selbigen Jahr, sie bleibt aber noch so viele Jahre ledig, so oft das
Geworfene herunterfällt (I., A., Schl., M., Ob. 332). Die vom Stroh-
wisch heruntergefallenen Halme geben die Zahl der Kinder an (Mtt.).
Lichtchen setzen. Nähern sich von drei ins Wasser gesetzten
Nußschalen mit darein gesetzten Lichtchen diejenigen zwei, die die Harrende
und ihr Ideal bedeuten, — das dritte stellt immer den Geistlichen vor —