Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Häuser hatten die Gerechtigkeit, Bier zu brauen und zu verschenken. 
Die Reihenfolge der Schenkenden bestimmte der städtische Brauausschuß 
durch das Los, wobei jedoch immer darauf gehalten wurde, daß ver- 
schiedene Gegenden miteinander abwechselten. Vornehmere enthielten sich 
des Reiheschanks, sie verkauften das Los. Wer es annahm, verwandelte 
sein Hauswesen in ein Schanklokal und „tat“ den Reiheschank auf, in- 
dem er gleichzeitig das Bierreis zum Dachfenster heraussteckte. Dieses 
war ein an einer langen Stange hängender Kranz aus Blech oder Holz 
mit einem in der Mitte aufgemalten Bierglas. Wochen zuvor aber 
hatte schon das edle Naß im Keller gelegen, und zivar kamen auf jedes Los 
18 Viertel, (1 Viertel = 1 Hl), zu deren Herstellung 18 Ztr. Gerste 
verwendet werden mußten. Der Verkaufspreis ! für ¾41 betrug durch- 
schnittlich 10 Z. Begehrt zum Reiheschank waren vor allem die Weih- 
nachtsfeiertage, niemand wollte die Zeit vor diesen haben, denn je 
schneller das Bier zu Ende ging, — was oft kaum drei Tage dau- 
erte! — desto schneller war der erhoffte Nutzen, der im Durchschnitt 
25—30 betrug, erlangt. War die Frist zum Verschank abgelaufen, — 
sie betrug in A. 20 Tage — so wurde das Haus „übersteckt“, d. h. der 
nächste eröffnete den Reiheschank, doch durfte sein Vorgänger den Rest 
noch verschenken. Und es fanden sich auch immer einige edle Seelen, die 
1) Nachdem erst 1851 der Preis für die Dresdner Kanne Bier im Reiheschank 
„infolge des bedeutenden Aufschlags der Braumaterialien“ auf 1 Mgr. festgesetzt 
worden war, wurde er 1852 abermals um einen Pfennig erhöht, freilich nicht ohne 
heftigen Widerspruch, wie verschiedene Außerungen im Annaberger Wochenblatte 
(Jahrgang 1851) bezeugen. Interessant ist die Aufstellung, worin die Pächter der 
Brauerei den letzterwähnten Preisaufschlag begründen. (Annab. Wochenbl. 1852, Nr. 19.) 
Ausgabe für ein Gebräude Bier. 
18 Schffl. Gerste, à 4 * . 81 Tlr. — Ngr. — Pfg. 
Malzsteuer . . . . . .12,,20,,—,, 
Kriegsschuldentilgung . . . . . 3,,5,,—,, 
30 Pfund Hopfen, à 1 Tlr. . . · « O 30 „ — „ — 
Pech und Pichlohn . . . . . . . 4 „ 12 „ — „ 
uhrlohn. . . . . .2,,5,,—,, 
chröterlohn .. 2 ,„16„ —„ 
Malzquetschen . . . . . .—,,20,,—,, 
Brau- und Mälzerlohn . . . . . 5,,—,,—,, 
Feuerung beim Mälzen und Brauen . . . 8,,—,,—,, 
Gefäße zu fahren und waschen . . . . 1,,15,,—-,, 
Gefäße und Reparaturen . . . . . 2 „ — „ — „ 
Ausgaben insgemein. . . . . . . 2,,—,,—,, 
Zinsen . . . . . . . . 2 „ 15 „ — „ 
Pacht . . . . . . . . .17 15 — 
  
175 Tir. 2 Nr. — Asg. 
Einnahme nach zeitherigem Preis. 
  
25 Viertel Bier, à 5 Tir. 22 * . . . . . .143Tlr.10Ngr. 
Hefen und Treber . . .. . .15,,-—,, 
158 Tlr. 10 Ngr. 
Ausgabe . . . . . . . . . .175Tlr2Ngr. 
Einnahme . ....... 158,,10,, 
  
Desiztt 16 Trl. 22 Ngr.
	        
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