276 II. Gesetz über den Elementarnnterricht.
einzelnen Falles erteilt oder versagt werden; § 1 Abs. 2 d. G. und §8 11 und 12
der Schulordnung vom 27. Februar 1894. Die Frage, ob eine Lehrthätigkeit als
Privatunterricht, oder als Unterricht, der an einer Privatlehr-Anstalt erteilt wird, zu
betrachten sei — welche Frage auch noch in anderer Beziehung, als hinsichtlich der
Befreiung vom Besuch der Volksschule, von Erheblichkeit werden kann; vgl. 88 113
und § 116 Abs. 3 des Elementarunterrichtsgesetzes — wird jeweils nach den besonderen
Verhältnissen des einzelnen Falles ihre Beantwortung finden müssen. Im allgemeinen
wird als (Unternehmer, Vorstand und) Lehrer einer Privatlehr anstalt derjenige
zu gelten haben, der in einem festen Lokal unter gewissen zum voraus allgemein be-
stimmten Bedingungen eine Mehrzahl von Schülern zu einem diesen in Gemeinschaft
oder in Abteilungen (Klassen) zu erteilenden Unterricht annimmt, ohne daß die An-
nahme des einzelnen Schülers von der Zustimmung der Fürsorger eines jeden der
übrigen Teilnehmer abhängt.
2. [BBefähigungsnachweis.] Da weder im Gesetz über den Elementar-
unterricht noch in der Verordnung vom 9. Oktober 1869 Vorschriften darüber ent-
halten sind, wie der Ausweis über die Befähigung zum Lehr- und Erziehungsfach
beschaffen sein müsse, um als „genügend“ gelten zu können, ist der Staatsbehörde
(dem Unterrichtsministerium) anheim gegeben, hierüber nach den Umständen des ein-
zelnen Falles zu entscheiden. Wer die Prüfung bestanden hat, deren Ablequng die
Voraussetzung für die Aufnahme unter die Volksschulkandidaten bildet, ebenso Frauen,
die nach Maßgabe der Ministerialverordnung vom 19. Dezember 1884 oder der
früheren bezüglichen Vorschriften eine Lehrerinnenprüfung bestanden haben, werden
als befähigt zur Erteilung von Unterricht an Privatlehranstalten — in dem aus
dem Prüfungszeugnis zu entnehmenden Umfang — jedenfalls insolange zu erachten
sein, als nicht Verhältnisse eintreten, welche die in der Prüfung nachgewiesene Be-
fähigung wieder aufheben. Solche, die eine Prüfung in Baden nicht abgelegt
haben, kann zwar die Staatsbehörde aufgrund anderweiter Nachweisungen — z. B.
Beurkundungen über Erstehung einer Prüfung in einem auswärtigen Staate, Zeugnisse
über bisherige Lehrwirksamkeit 2c. 2c. — als befähigt anerkennen. Dieselbe ist aber
in jedem Falle berechtigt, die Zulassung als Lehrer oder Lehrerin an einer Privat-
lehranstalt von einer in Baden zu erstehenden Prüfung abhängig zu machen, sofern
nicht das in einem anderen Staate erworbene Prüfungszeugnis kraft Vereinbarung.
unter den beiderseitigen Regierungen auch für Baden Geltung hat. Die
gesetzlichen Auforderungen in Beziehung auf den Nachweis der Befähigung zum
Lehr= und Erziehungsfach sind in Baden (abweichend von anderen Staaten, z. B.
Preußen) dieselben sowohl für solche die eine Privatlehranstalt als Vorsteher
(Vorsteherinnen) leiten, wie für solche, die daran nur als Lehrer (Lehrerinnen)
unterrichten wollen.
3. [Lehrplan.] Die Ministerialverordnung vom 24. April 1869, den Lehr-
plau für die Volköschulen betreffend, ist auch für Privatlehranstalten insofern maß-
gebend, als die für die einfache Volksschule und für die einzelnen Unterrichts-
gegenstände der letzteren in jener Verorduung bestimmten Lehrziele das niederste
Maß der Leistungsfähigkeit bezeichnen, welche eine Privatlehranstalt, deren Schüler
vom Besuche der Volksschule befreit sein sollen, besitzen muß.