Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

444 V. Schulordunng. 
Absatz 2) nicht beanstandeten Vereinigung der Unterrichtsränme und der Wohnräume 
für einen oder mehrere Lehrer in demselben Gebäude wurde in neuerer Zeit namentlich 
von ärztlicher Seite mit wachsendem Nachdruck die Forderung erhoben, daß „auch die 
Landgemeinden dem ausgiebig von den Städten zur Anwendung kommenden und 
stets bewährten Grundsatze folgen sollten: Die Schulhänser für die Schule.“ Nicht 
blos das Nathaus und vor allem der Ortsarrest sollten deshalb von dem Schul- 
hause getrennt sein, sondern auch die Lehrerwohnungen sollten womöglich nicht im 
Schulhause sich befinden, und zwar aus hygienischen, aus pädagogischen und ökono- 
mischen Gründen. Für die Forderung, „die Lehrerwohnungen aus dem Schulhause 
zu entfernen, wenigstens neue Schulhäuser womöglich nicht mehr mit Lehrerwohnungen 
zu bauen“, wurde zunächst geltend gemacht „die Notwendigkeit, bei Ausbruch infektiöser 
Krankheiten in der Familie des Lehrers die Schule schließen zu müssen“, eine Maß- 
regel, die oft lange Zeit fortdauern müsse, wenn der Lehrer eine zahlreiche Kinder- 
schaar hat, oder mehrere Lehrersfamilien mit Kindern im Schulhausfe wohnen. Vom 
pädagogischen Standpunkte empfehle sich die Verlegung der Lehrerwohnung anßer- 
halb des Schulhauses, weil damit für den Lehrer die Gelegenheit und die Ver- 
suchung wegfalle, während der für den Unterricht bestimmten Stunden zeitweise in 
den Wohnräumen sich aufzuhalten, die Schulkinder in den Unterrichtsräumen sich 
selbst überlassend. Endlich habe die Anlegung von Lehrerwohnungen in Schul- 
gebäuden vielfach, namentlich bei größeren Schulhänsern, zur Folge, daß die Woh- 
nungen weit über Bedarf geräumig ausfallen und so nicht allein übermäßige Her- 
stellungskosten verursachen, sondern auch dem Lehrer einen über seine Mittel gehenden 
Aufwand für die innere Ausstattung auferlegen, wenn er die übergroßen Räume 
wohnlich einrichten will. 
Diesen Ausführungen wurde von anderer Seite entgegengehalten, die Vorteile 
der Trennung seien allerdings so klar vor Angen liegend, daß keine vorgesetzte Be- 
hörde eine Gemeinde, die Schulsäle bauen muß, anhalten werde, die Erstellung 
von Lehrerwohnungen oder gar eines Nathauses damit zu verbinden, wenn brauch- 
bare Wohnungen für die Lehrer und Ratsräumlichkeiten vorhanden sind oder auf 
andere Weise beschafft werden können. Anders liege aber die Sache in dem sehr oft 
vorkommenden Falle, wenn der Lehrer keine oder keine brauchbare Wohnung findet 
und die Gemeinde nicht nur Schulräume, sondern auch Nathausräume schaffen muß. 
„In diesem Falle müßte es als unnötige Härte bezeichnet werden, wollte die Behörde 
eine Gemeinde zwingen, statt eines ansehnlichen Hauses drei Häuschen zu 
erstellen,“ deren Baukosten — ganz abgesehen von dem Aufwand für Grund und 
Boden und für bauliche Unterhaltung dreier Gebäude — höher zu stehen kämen, 
als ein einziges, wenn auch größeres Haus. Ein solcher Mehraufwand könne ohne 
Benachteiligung der Schulinteressen vermieden werden, da es immerhin möglich sei, 
zwei oder gar drei Zwecken dienende Räume — Schulsaal, Wohnung und Nathaus 
— in praktischer, schöner und für den Unterricht nicht schädlicher Weise zu vereinigen, 
auch Vorkehrungen zu treffen, um die befürchteten Unterrichtsstörungen bei ansteckenden 
Krankheiten zu verhüten. Des weiteren wurde hervorgehoben, daß eine zu strenge 
Durchführung des Grundsatzes der Trennung der Lehrerwohnungen von den Schul- 
räumen zu einer Verschlechterung der Wohnungsverhältnisse der Lehrer führen müßte, 
weil die Gemeinden sich auf die Gewährung einer in der Negel unzureichenden Miet- 
zinsentschädigung würden beschränken wollen. Endlich könne eine Beaufsichtigung 
der Schulräume auch außerhalb der Unterrichtsstunden nicht entbehrt werden, und 
diese werde wesentlich erschwert, wenn nicht ein Lehrer (oder auch etwa ein Schul- 
diener) im Schulhause selbst oder doch in dessen Nähe wohne.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.