6 Einleitung.
Letztere können deshalb weder gegen einen fremden Staat,
noch untereinander Krieg führen. So bestimmt Art. 85 der
schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874: „Dem
Bunde allein steht das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden
zu schließen.“ Ebenso legt Art. 1I,8 der Verfassung der Vereinig-
ten Staaten dem Kongreß (Senat und Repräsentantenhaus),
also unter Ausschluß der Einzelstaaten, die Befugnis bei, Krieg
zu erklären. Wie im Deutschen Reich das Kriegführungsrecht
geregelt ist, soll im nächsten Paragraphen ausführlich gezeigt
werden.
) Persönlich unierte Staaten, die durch lediglich zufällige
Gemeinsamkeit des monarchischen Staatsoberhauptes charakter-
isiert werden, haben zwar rechtlich jeder für sich das Recht des
Krieges und des Friedens, tatsächlich aber dürften die „„juristisch
getrennten und durchaus selbständigen Gemeinwillen der ver-
bundenen Staaten“ 1), insbesondere auf dem Gebiete der aus-
wärtigen Politik sich materiell zu einem Willen, dem des Mo-
narchen, vereinigen, sodaß nicht nur die gegenseitige Bekriegung
vollständig ausgeschlossen ist, sondern überhaupt ein Ausein-
andergehen der beiden Staatswillen in der auswärtigen Politik
nicht denkbar ist: „Eine Faust —- ein Feind.“ 2) Dagegen stellt
die Realunion, in der die Verbindung der Staaten unter einem
gemeinsamen Herrscher auf einer gemeinsamen grundgesetzlichen
Bestimmung der beiden Staaten beruht, ein einheitliches, völ-
kerrechtliches Rechtssubjeltt dar und besitzt demnach auch das
Recht über Krieg und Frieden.-)
d) Für die Frage, ob halbsouveräne Staaten, d. h. solche
Staaten, dic infolge besonderer Abhängigkeitsverhältnisse gegen-
über anderen Staaten in ihrer Rechts= bezw. Handlungsfähig-
keit beschränkt sind"), ein selbständiges Kriegs= und Friedens-
recht haben, ist das Vertragsverhältnis zu ihrem Oberstaat
maßgebend. Prinzipiell haben sie tein selbständiges, aktives
Kriegführungsrecht, sondern sind meist auf Verteidigungskriege
beschränkt. Gerade darin aber zeigt sich ihre beschränkte völ-
1) Ulmann, 5 21 S. 93.
9 Agl. v. Lis##t, a. o. O. S. 282.
8) Vgl. v. Liszt, a. a. O. S. 282; Rivier a. a. O. und Holten-
dorff M. S. 125.
) Bal. Ullmann, 8 25 S. 102.