116 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht.
tatsächliche Regierung als Krieg ansehen müssen und demgemäß
eine Kriegserklärung vor jeder Gewaltanwendung verlangen.)
Wit sehen also, daß bezüglich der Kriegserklärung, insbe-
sonderc was die verschiedenen Fälle ihrer Anwendung betrifft,
noch nicht alle Fragen, die das Völkerrecht berühren, gelöst
sind. Doch bedeutet immerhin die Einführung der Kriegser-
klärung einen gewaltigen Fortschritt auf dem Gebiete des Kriegs-
rechts, denn sie schließt, wie das Deutsche Weißbuch S. 6 sagt,
„den völlerrechtlich bisher zugelassenen Ueberfall aus und schafft
die im Interesse des internationalen Verkehrs dringend wün-
schenswerte Klarheit über den Beginn des Kriegszustandes.“
Dieselbe Bedeutung legt Turnere) dem neuen Abkommen
bei: „Selbst wenn das cinzige Ergebnis der II. Haager Konfe-
renz die bestimmte Aufstellung eines Gesetzes bleiben sollte,
dessen Verletzung von selbst den Delinquenten außerhalb des
guten Einvernehmens der Nalionen stellen würde, indem be-
stimmt würde, daß man zu einem Krieg erst dann schreiten darf,
wenn die schiedsgerichtliche Entscheidung des Streiles mißlungen
ist, und dast er erst nach einer vorschriftsmäßig abgefaßten und
übermittelten förmlichen Kriegserklärung begonnen werden
darf, so wird ihre Arbeit mit Segen für die Menschheit be-
laden sein und ihre Berufung wird mehr als gerechtfertigt
erscheinen.“
1) Vgl. Westlake S. 20 fl.; Blin de Bailleul S. 17.
2) Die II. Haager Konserenz in „Deutsche Revue“, Bd. 32 1907 S. 178.