Einleitung. 7
kerrechtliche Handlungsfähigkeit, daß sie wohl in friedlichen Ver-
kehr mit fremden Staaten treten und Verträge mit ihnen ab-
schließen können, aber des selbständigen Rechts über Krieg und
Frieden entbehren. So war dem türkischen Vasallenstaat Aeghp-
ten in dem Firman von 1873 das Recht eingeräumt, Handels-
verträge mit auswärtigen Mächten abzuschließen. Wie Aegypten,
so standen auch Serbien, Rumänien und Bulgarien in vasalliti-
schem Verhältnis zur Türkei. Doch erlangten die beiden
ersteren Staaten bereits 1878 ihre Selbständigkeit und Unab-
chängigkeit, während Bulgarien sich erst 1908 zum Königreich
erklärte und damit das Abhängigkeitsverhältnis zur Pforte
löste. Dagegen hatte die südafrikanische Burenrepublik sowohl
aktives als auch passives Kriegsrecht, wenn auch England dies
bestritten hat.:)
e) Eine ähnliche beschränkte Rechtsstellung bezüglich des
Kriegführungsrechtes nehmen die neutralisierten Staaten ein.
Als solche Kommen in Betracht namentlich die Schweiz, Belgien
und Luxemburg.) Sie haben sich unter den Schutz der ihre
Neutralität garantierenden Staaten gestellt und besitzen nur
passives Kriegsrecht, d. h. sie können, wenn sie angegriffen
werden, sich selbständig verteidigen. Dagegen haben sie auf ihr
aktives Kriegsrecht, d. h. das Recht, Angriffskriege s) zu
führen, in dem Garantievertrage verzichtet, da die Ausübung
dieses Rechts mit ihrer dauernden Neutralität unvereinbar sein
würde. Trotzdem ist „die von ihnen vorgenommene Kriegser-
klärung nicht etwa nichtig, sondern sie hat alle die Rechts-
wirkungen, die von Seiten eines nicht neutralisierten Staates
erzeugt werden“ 41), m. a. W. sie schafft den Kriegszustand:
aber sie ist Neutralitätsbruch und berechtigt die Garantie-Mächte
zum Einschreiten. Dieses aktive Kriegsrecht können die neu-
tralisierten Staaten auch nicht etwa durch einseitiges Aufgeben
ihrer Neutralisierung wiedererlangen; denn als vertragsmäßig
1) Ag. Rolin- Jacquem ys in Revue de drolt intermational, Bb. 18
S. 522.
2) Erstere wurde auf dem Wiener Kongreß durch Vertrag vom 20. März bezw.
20. November 1815 für neutral erklärt, Belgien durch Vertrag vom 15. Nov. 1831
und Luxemburg durch Vertrag vom 11. Mai 1867.
3) Siehe über den Begriff: Angriffs= und Verteidigungskrieg unten S. 103 f.
o. Lis#t . O. 5§ 6.