Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

1. Kapitel: Kriegserklärung nach deutschem Staatsrecht. 23 
Zusatz läßt sich unzweifelhaft charakterisieren als eine Verstär- 
kung des föderativen Elements in der Bundesverfassung. Sein 
wirklicher Chara#ter liegt aber in etwas anderem. Je mächtiger 
der Bund wird, je weiter er sich ausdehnt, um so mehr ist 
es von Interesse, auch dem Auslande gegenüber in der Bundes- 
verfassung selbst zum Ausdruck zu bringen, was der Bund 
ist, nämlich ein wesentlich defensives Staatswesen. Dieser Ge- 
danke konnte in keiner zutreffenderen Weise zum Ausdruck 
gebracht werden, als durch den in Art. 11 aufsgenommenen Zu- 
satz.“ 1)7 
Diese Charakterisierung aus dem Munde des Vertreters 
der Bundesregierung, der sich mehrere Abgeordnete, insbe- 
sondere Loewe (Sten. Ber. S. 96) anschlossen, gibt die poli- 
tische Bedeutung des Zusatzes richtig wieder; denn dieser Satz 
verstärkt im Prinzip die Stellung des Bundesrates und bringt 
zugleich die friedliebende, lediglich defensive Natur des Reiches 
zum Ausdruck.“) 
Während nun die Annahme dieser die Mitwirkung des 
Bundesrats zu dem wichtigen Akte der Kriegserklärung sta- 
tuierenden Bestimmung im Parlament sich ohne Kampf voll- 
zog, ist um ihre rechtliche Bedeutung in der an die Entstehung 
des Deutschen Reiches anknüpfenden staatsrechtlichen Literatur 
heftig gestritten worden. 
Zunächst hat die Aufnahme einer derartigen, die Befugnis 
des Bundespräsidiums einschränkenden Bestimmung zu Be- 
denken politischer sowohl wie materieller Art Anlaß gegeben. 
So hat insbesondere bei Erörterung der Frage, aus welchen 
Gründen ein verschiedenes Recht des Kaisers in betreff der 
Kriegserklärung und des Friedensschlusses verfassungsmäßig fest- 
gestellt sei, v. Mohl“") auf die politischen Bedenken eines 
Mitwirkungsrechtes des Bundesrates bei der Kriegserklärung 
hingewiesen. Ein gegen eine Kriegserklärung ausfallender Be- 
schluß des Bundesrats würde „den Kaiser, welcher bisher selbst- 
ständig die Verhandlungen führte, an die fremde Macht nicht 
1) Stenogr. Berichte des außerordentlichen Norddeutschen Reichstages 1870 
S. 70; ogl. auch Hirths Ann. Jahrgang 1870, S. 745. 
2) Vgl. auch Arndt, Komment. S. 136 zu Art. 10. 
8) Anders der Abgeordnete v. Miquel, a. a. O. S. 99. 
4) Reichsstaatsrecht S. 325 ff. 
 
	        
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