26 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht.
sischen Mitteln ab, die ihn einen aussichtsvollen Krieg zu
führen in Stand setzen.
Unter der hier in Frage kommenden Bestimmung des Art.
11 der R. V. ist aber nicht bloß der tatsächliche, faktische An-
griff zu verstehen, sondern es gilt auch die Kriegserklärung
an sich schon als Angriff. Denn auch in diesem Falle steht der
Angriff bevor, „erfolgt“ er. In beiden Fällen befindet sich das
Reich in der Defensive. Es führt, wenn es den Angriff mit
Gewalttätigkeiten erwidert, einen Verteidigungskrieg, einen
„Notwehrkrieg“, wie Binding:) sagt.2)
JIu demselben erweiterten Sinne faßte bereits die Bundes-
akte des Deutschen Bundes den Verteidigungskrieg auf. „Wenn
das Bundesgebiet von einer auswärtigen Macht feindlich über-
faller wird, tritt sofort der Stand des Krieges ein, und es
muß in diesem Fall, was auch ferner von der Bundesversamm-
lung beschlossen werden mag, ohne weiteren Verzug zu den
erforderlichen Verteidigungsmaßregeln geschritten werden. (Art.
39 Wiener Schlußakte). Man brauchte den wirklichen Angriff
aber nicht abzuwarten; es genügte die Gefahr eines feind-
lichen Angriffs, die ohne Frage schon sofort im Falle einer
Kriegserklärung besteht (Art. 38, 41 Wiener Schlußakte).“)
Nach völkerrechtlichen Grundsätzen wird deshalb auch im Einzel-
falle eine Kriegserklärung vom sich verteidigenden Staate nicht
mehr gefordert (vgl. unten S. 103 f.), vielmehr ist der Ange-
griffene ohne weiteres berechtigt, den drohenden Angriff so-
fort mi: Gewalttaten zu erwidern. Der Kaiser kann daher
1) Rechtliche Stellung des Kaisers S. 15.
2) Näheres über den Angriffs= und Verteidigungskrieg s. unten S. 103 f. dieser
Abhandlung.
3) „Wenn aus der Anzeige eines Bundesstaates oder aus anderen zuverlässigen
Angaben Grund zu der Besorgnis geschöpft wird, daß ein einzelner Bundesstaat oder
die Gesamtheit des Bundes von einem seindlichen Angriffe bedroht sei. so muß die
Bundesversammlung sosort die Fragec, ob die Gefahr eines solchen Angriffes wirklich
vorhanden ist, in Beratung nehmen und darüber in der kürzest-mögklichen Zeit einen
Ausspruch tun. Wird die Gefahr anerkannt, so muß gleichzeitig mit diesem Aus-
spruche wegen der in solchen Fällen unverzüglich in Wirksamkeit zu setzenden Ver-
teidigungsmaßregeln ein Beschluß gefaßt werden“. (Art. 33 Wiener Schlußakte.)
„Der .gefaßte Beschluß verbindet sämtliche Bundesstaaten zur Teilnahme
an den vom Bundestage notwendig erachteten Verteidigungsmaßregeln“". (Wiener
Schlußakte Art. 41.) Vgl. Zacharice III S. 355.