50 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht.
Nach dieser Theorie 1) gibt es keinen „nnlösbaren Wider-
spruch zwischen den vertragsmäßigen Staatspflichten nach außen
und der verfassungsmäßig beschränkten Verfügungsgewalt des
Staatsoberhauptes im Innern.“) Denn die Verträge der hier
in Frage kommenden Art sind nicht erst bei ihrer Aus-
führung, sondern schon bei ihrem Abschluß der Mitwirkung
der erwähnten Orgauc unterworfen. Mangels dieser Mitwirkung
Kkönnen sie nicht nur „staatsrechtlich“ nicht wirksam werden,
sondern sind überhaupt „völkerrechtlich“ nicht vorhanden; die
parlamentarische Mitwirkung stellt sich somit als unmittelbare
Teilnahme am Abschluß des Rechtsgeschäftes dar, ist „zur recht-
lichen Existenz des Vertrages notwendig.“2) „Es gibt also
insofern keine dem Staatsoberhaupt ausschließlich zustehende Ver-
tragsschließungsgewalt, die Vertragsschließung ist einfach auf den
Weg der Gesetzgebung verwiesen.“))
Die Wirkungen dieses Systems sind, wie E. Meier weiter
ausführt, 5) nicht solche, daß sic die monarchische Gewalt des
Staatsoberhaupies ernsthaft becimrächligen. Die Differenz, welche
gegenüber dem Gneist-Laband'schen System bestehe, sei
nur eine formelle. Denn während dort die Zustimmung der
Volksvertretung zur Durchführung des Vertrages erforderlich
sei, so daß der Vertrag ohne sie nicht zur Ausführung komme,
sei hier dic Mitwirkung der Volksvertretung aus einer indirekten
zu einer direkten geworden, indem ihre Zustimmung bereits
beim Abschluß notwendig sei.
Die Hauptwirkung dieses Systems erblickt E. Meier darin,
„daß alle Schwicrigkeiten nach außen hin, die auf dem Dualismus
von Abschlus, und Ausführung beruhen, beseitigt werden.“ Denn
das Versagen der in den bestimmten Fällen erforderlichen Zu-
stimmung durch die Volksvertretung mache den Vertrag nicht
bloß unvollziehbar, sondern gerade zu ungültig. „Ein Konflikt
von Staatsvertrag und Gesetz kann mithin nicht eintreten;
2) E. Meier, Ueber den Abschluß von Staatsverträgen. Die Anhänger
dieser Theorie sind aufgezählt bei Laband a. a. O. S. 131. (Anm. zu Seite 49.)
1) Der ich im wesentlichen zustimme, und die deshalb unten S. 51 ausführ-
licher dargelegt werden soll.
2) E. Meier a. a. O. S. 105. 3) E. Meier a. a. O. S. 108.
4) E. Meier a. a. O. Dieser Satz E. Meiers ist unrichtig, zum mindesten
aber ungenau. Ugl. unten S. 56 Anm. 2. 5) S. 109 ff.