Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

2. Kapitel: Friedensschluß nach deutschem Staatsrecht. 59 
durch die später hinzutretende Genehmigung nicht nachträglich 
gültig werden kann, es sei denn, daß man die Genehmigung 
als erneuten Abschluß des Vertrages betrachten würde, kann 
man dem Kaiser zum Abschluß von Friedensverträgen nicht 
ein dem Notverordnungsrecht der preuß. Verf. Urk. Art. 63 
analoges Notvertragsrecht einräumen. Ein solches Notvertrags- 
recht nun kennt die R. V. nicht. Doch ist beim Friedensschluß mit 
Frankreich 1871 so verfahren worden. Denn, wie bereits er- 
wähnt, ist nicht nur der Abschluß des Präliminarfriedens vom 26. 
Februar 1871 ohne jede Mitwirkung des Reichstages erfolgt, 
sonderr es hat auch beim Definitiofrieden eine förmliche Be- 
schlußfassung des Reichstages nicht stattgefunden. Wie der Präli- 
minarfriede, so ist auch dieser Friedensvertrag dem Reichstag 
erst, nachdem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht waren, und 
auch dann nur zur Kenntnisnahme vorgelegt worden. Dagegen hat 
eine Mitwirkung des Reichstages bei der Ausführung dieses 
Friedensvertrages insofern stattgefunden, als es sich dabei um 
eine durch den Erwerb von Elsaß-Lothringen bewirkte Ver- 
fassungsänderung nach Art. 1 R. V. handelte. 1) Diese letztere 
kam aber m. E. nicht erst in dem Gesetze betr. die Vereinigung 
von Elsaß-Lothringen mit dem Deutschen Reiche vom 9. Juni 
1871 zum rechtlichen Ausdruck, sondern war bereits durch Art. 1 
des Friedensvertrages bewirkt worden. Das erwähnte Gesetz 
hat alsv nur deklariert, was für die kontrahierenden Staaten 
bereits rechtens geworden war. 
III. Inwieweit findet nun speziell bei Friedensverträgen 
eine Mitwirkung von Bundesrat und Reichstag gemäß Art. 11 
Abs. 3 R. V. statt? 
Die Reichsverfassung sagt in dem erwähnten Abs. 3: Eine 
Mitwirkung ist erforderlich, „insoweit die Verträge mit frem- 
den Staaten sich auf Gegenstände beziehen, welche nach Art. 4 
in den Bereich der Reichsgesetzgebung gehören.“ Die Berufung 
des Art. 11 Abs. 3 auf Art. 4 ist, wie heute allgemein aner- 
kannt wird, überflüssig. ) Denn eine Mitwirkung dieser Organe 
ist auch bei allen übrigen, der Reichsgesetzgebung unterliegenden 
  
1) Ggl. E. Meier, S. 307 ff. 
) UBgl. Laband, II S. 128 und die daselbst angegebene Literatur.
	        
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