Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

Kriegserklärung nach deutschem Völkerrecht. 75 
handlungen zwischen den streitenden Staaten stattgefunden haben, 
wird eine Kriegserklärung einen hohen und unbestreitbaren Wert 
haben. Der Kriegführende soll sich unterscheiden von dem Pi- 
raten und Banditen, wie der Duellant sich unterscheidet von dem 
Meuchelmörder, der seinem Gegner keine Möglichkeit läßt, sich 
zu verteidigen. „Jeder plötzliche Angriff muß also auch im 
Kriege, dem Duell der Nationen, verbannt werden.“ 1) Daß 
auch nach stattgehabten Verhandlungen eine vorherige Kriegs- 
erklärung notwendig und unentbehrlich ist, zeigt sich in dem 
letzten russisch-japanischen Kriege: Die beiden Gegner standen 
bereits auf gespanntem Fuße, und der Friede erschien so schwan- 
kend, daß Rußland eifrig Vorbereitungen zum Kriege traf. 
Doch kam der Angriff auf Port Arthur für Rußland immerhin 
überraschend und unerwartet. In einem solchen Falle, wo Ver- 
handlungen den kriegerischen Verwicklungen voraufgehen, be- 
zeichner dic Kriegserklärung endgültig, wozu man sich auf der 
einen Seite entschlossen hat. 
Wichtiger noch als dieser Grund ist die Tatsache, daß der 
Krieg heute einen vom Völkerrecht anerkannten rechtlichen Zu- 
stand darstellt, der geregelt wird durch ein verhältnismäßig gut 
ausgebildetes Kriegsrecht. Dem entspricht auch, daß das Kriegs- 
rechtsverhältnis „durch einen rechtlich maßgebenden Akt“, den 
der Kriegserklärung, begründet wird. Es gilt, den Augenblick 
genau zu bestimmen, wo die juristischen Wirkungen des Kriegs- 
zustandes beginnen und besonders den Zeitpunkt, wo das Recht 
der Wegnahme feindlicher Handelsschiffe geübt werden kann. 
„La guerre W’interviendra due comme cConséquence de 
nécessités inélutables, bien constatées, mürement réfléchies. Car 
declarer la guerre c'est en vouloir toutes les conséquences.“) 
2. Der Krieg erzeugt nicht nur für die kriegführenden 
Staaten neue Rechte und Pflichten, er legt insbesondere auch den 
beiderseitigen Untertanen Verpflichtungen und Beschränkungen 
namentlich in ihren Beziehungen zu dem Gegner und dessen 
Untertanen auf. Daher ist es notwendig, sie den Zeitpunkt genau 
wissen zu lassen, wo diese verschiedenen Verpflichtungen für 
sie entstehen.?) 
1) So Rolin im Annaire 1904 S. 64 ff. 2) Ebren, S. 145. 
3) Feéraud.- Giraud in Rev. d. dr. int. législ. 1885 S. 19. 
 
	        
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