Full text: Sächsische Geschichte.

Politischer Stillstand und wirtschaftlicher Aufschwung. 113 
Dreifelderwirtschaft wurde nur hie und da durchbrochen. Die 
ökonomische Sozietät (1765) wirkte daher noch mehr durch 
theoretische Aufklärung. Die nachdrückliche Förderung der alt— 
heimischen Schafzucht durch Einführung des spanischen Merinos 
und Errichtung kurfürstlicher Stammschäfereien („Elektoralwolle“) 
diente vor allem den Zwecken der Industrie. Neben der Tuch— 
macherei und Leineweberei (in der Ober-Lausitz) traten namentlich 
im Erzgebirge und Vogtlande in einer größeren Ausdehnung 
Baumwollen- und Musselinfabrikation, Strumpfwirkerei, Kattun— 
druckerei, Spitzenklöppelei, Holzdreherei u. a. m., alle Zweige 
noch überwiegend als ein mehr oder weniger durch größere 
Unternehmer („Faktoren“) geleitetes und zentralisiertes Haus— 
gewerbe. Der Erzbergbau, seit der Gründung der Bergakademie 
in Freiberg 1765 (A. F. von Heinitz) immer wissenschaftlicher, 
seit der Errichtung des Amalgamierwerkes Halsbrücke 1787 
immer feiner betrieben, lieferte daher noch ansehnliche Silber- 
ausbeute, trat aber allmählich hinter dem Kohlenbergbau, 
namentlich um Zwickau, zurlck, dessen Erträge die Industrie 
immer mehr in Anspruch nahm. Diese arbeitete mehr und mehr 
auch für die überseeische Ausfuhr, meist unter Vermittlung 
Hamburgs. Durch die Teilnahme daran und als Markt für 
die Einfuhr englischer Gewerbeprodukte erwuchs Leipzig damals 
zum größten deutschen Binnenstapelplatz, auch für Osteuropa, 
zugleich durch seinen blühenden Buchhandel zum „großen Schau- 
markt der Literatur". Gleichwohl geschah für die Verbesserung 
der schlechten Landstraßen und Flußbahnen gar nichts, die 
Postverbindungen blieben daher unbequem und langsam (zwischen 
Leipzig und Dresden zwei Tage), die Schiffe auch auf der Elbe 
wegen des ungleichmäßigen Fahrwassers klein, und die zahl- 
reichen Zollstätten (zwischen Dresden und Magdeburg 16) wirkten 
verteuernd auf die Fahrt und die Warenpreise. 
Das damit beginnende Übergewicht der Industrie, die 
schon ein Drittel der Bevölkerung beschäftigte, förderte 
deren Vermehrung und Verdichtung besonders in den 
Städten. Sie wuchs 1772—85 von 1632000 auf 
1945000 Einwohner, von denen schon ein Viertel in den 
275 Städten lebte. Von diesen hatte Dresden 45000, 
Leipzig 30000 Einwohner; erst in weitem Abstande folgten 
Zittau mit 10 000, Chemnitz mit 8000 Einwohnern. 
Kaemmel, Sächsische Geschichte. 8
	        
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