154 Der sächsische Verfassungsstaat.
(Reichsgericht, Gewandhaus, Kunstakademie, Universitätsbauten,
Rathaus, Siegesdenkmal, Mendebrunnen) und Meißen (Neu-
gestaltung der Albrechtsburg) aus. Aber auch stattliche, oft
prächtige Privatbauten entstanden allerorten mit dem Umbau
und der Erweiterung der Städte.
Doch fehlen diesem lichten Bilde nicht tiefe Schatten.
Die früher blühenden Finanzen gerieten namentlich durch
Überspannung der oft unrentablen Eisenbahnbauten und
durch den Druck konkurrierender Linien in Schwierigkeiten.
Die Hauptmasse der sächsischen Industriearbeiter steht trotz
aller sozialen Fürsorge und aller Hebung des Volkswohl-
standes der bestehenden Staats= und Gesellschaftsordnung
feindlich gegenüber, und Sachsen ist die Hochburg der
deutschen Sozialdemokratie geblieben, die bei den Reichs-
tagswahlen von 1903 alle Sitze bis auf einen eroberten.
Endlich ist Sachsen als ein ganz überwiegend industrielles
Land noch stärker von dem fremden Absatz, also von den
Verhältnissen des Weltmarkts abhängig, als das übrige
Deutschland. Um so mehr ist es auch an der Machtstellung
des Reichs, also an seiner Weltpolitik interessiert, der es
im Jahre 1900 auch zahlreiche Freiwillige für den Krieg
in China, 1904 für den in Westafrika stellte.
All diesem vielseitigen Kulturleben bewies König Albert
stets das regste Interesse. Und wie er immer nach dem
Satze gehandelt hat, daß das Wohl des Ganzen auf der
Blüte der Teile beruhe, so auch nach dem andern, daß der
Teil nur in der Macht des Ganzen Schutz und Gedeihen
finde. Daher hat er immer den Zusammenhang mit dem
Reiche und seinem Oberhaupte sorgfältig gepflegt, wie er
im deutschen Fürstenrate von Anfang an eine der ersten
Stellen inne hatte, und nach seinem Vorbilde sind in dem
Kerne des sächsischen Volkes die Anhänglichkeit an das
Herrscherhaus und an das Heimatland mit der deutschen