1316
58 Die Bildung des meißnisch-sächsischen Staatswesens.
innerlich dem ketzerischen Böhmen. Gerade darauf beruhte
die eigenartige, sehr selbständige Entwicklung der größeren
Städte, die entweder wie Bautzen, Löbau, Görlitz und
Lauban von Anfang an landesherrliche waren oder zu solchen
im Laufe des 14. Jahrhunderts aus grundherrlichen Städten
wurden (Kamenz 1318, das ursprünglich böhmische, 1255
von Ottokar II. zur Stadt erhobne Zittau 1346). Nicht
nur ging im Verlaufe des 14. oder im Anfange des
15. Jahrhunderts das „königliche Erbgericht“ überall, erst
pfandweise, dann käuflich an den Rat über, sondern dieses
dehnte, obwohl es tatsächlich eine rein städtische Behörde
geworden war, seine Kompetenz (als Obergerichtsbarkeit)
über die Stadtflur hinaus auch auf die der städtischen
Grundherrschaft gehörigen Dörfer aus, in Löbau, Lauban,
Görlitz und Zittau sogar auf Adel und Bauern des ge-
samten „Weichbildes“ (Bezirks), entweder nur in bestimmten
Rechtsfällen oder (wie in Görlitz) in allen Prozessen. Der
Rechtszug ging auch hier nach Magdeburg. Außerdem
erwarben diese Städte die finanziellen Hoheitsrechte des
Landesherrn (Zoll und Münze) und ausgedehnten länd-
lichen Grundbesitz (namentlich Görlitz und Zittau), indem
sie den verarmenden Adel vielfach auskauften. Für diese
Selbständigkeit gewannen die Städte (mit Zittau) eine neue
feste Stütze durch den Abschluß des Sechsstädtebundes am
21. August 1346 in Löbau zur gemeinsamen Verfolgung
der „Achter". Indem Karl IV. diesem Bunde die Er-
richtung eines Fehm-(Ausnahme-) gerichts gestattete und
ihm 1355 die Wahrung des Landfriedens förmlich über-
trug, machte er den Bund zu einer dem Landvogte mindestens
gleichgeordneten Gewalt, die nun kraftvoll dem Fehdewesen
steuerte und bis ins 15. Jahrhundert hinein zahlreiche
Burgen des Adels in der Ober-Lausitz und im nördlichen
Böhmen brach. Eng zusammengeschlossen bildeten seitdem