Die ersten Wettinischen Kurfürsten. 59
die Sechsstädte auf dem Landtage den zweiten Stand neben
den zu dem ersten verschmolzenen Herren, Rittern und
Prälaten, fielen also ebenso schwer ins Gewicht wie das
ganze übrige Land. Dadurch wurde auch Zittau völlig zur
Ober-Lausitz gezogen, obwohl es kirchlich beim Erzbistum
Prag verblieb und niemals förmlich einverleibt wurde.
Der freieren Stellung der Sechsstädte zum Landes—
herrn entsprach im Innern eine größere politische Bedeutung
der Zünfte, namentlich der Tuchmacher. In Kamenz und
Löbau bildeten sie seit 1377 neben dem Rate einen „Vor-
rat“ (Gemeindevertretung), in Zittau saßen seit 1367 zwei
Handwerksmeister im Rate (später vier), in Görlitz seit
1401 drei. Heiße Zunftkämpfe in Bautzen, Görlitz, Kamenz
und Zittau veranlaßten während des 15. Jahrhunderts
das zuweilen blutige Einschreiten der landesherrlichen Ge-
walt zugunsten des Rats.
Die Nieder-Lausitz, mit der Ober-Lausitz in keiner
engern staatsrechtlichen Verbindung als mit den übrigen böh-
mischen Ländern, litt unter den fortgesetzten Verpfändungen,
dem mehrfachen Herrschaftwechsel und dem Ubergange von
großen Teilen an auswärtige Fürsten, vermochte also
ihre alte Einheit nicht zu bewahren, entwickelte aber um
so mehr die Macht der Stände seit der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts zu großer Stärke, nur daß in diesem
verkehrsarmen und überwiegend slawischen Lande die Städte
weniger selbständig wurden als in der Ober-Lausitz und
nur vier von ihnen, Luckau, Guben, Lübben und Kalau als
landesherrliche Städte den vierten Stand neben den drei
obern Ständen, den Prälaten, Standesherren und Rittern,
bildeten. Die Stände organisierten allmählich, da sie auch
in der Zwischenzeit zwischen den Landtagen (in Lübben)
durch Ausschüsse vertreten waren, eine ausgedehnte ständische
Verwaltung neben der landesherrlichen. An deren Spitze