Kursachsens Machthöhe und Kulturblüte. 85
die erste Landesgeschichte (Meißnische Land- und Berg—
chronika) schrieb. Zur praktischen Kartographie gab August
fruchtbare Anregung durch Vermessung der Domänen, wor—
aus die große Karte des Kurstaats hervorging; weithin
wirksame Rechenbücher schrieb Adam Riese in Annaberg.
Freilich stand die ganze Wissenschaft noch zu sehr unter dem
Zwange unbewiesener Voraussetzungen und wurde dadurch
geradezu eine Stütze des Teufels- und Hexenglaubens, der
auch in Sachsen beständig unschuldige Opfer forderte. Andrer—
seits gewann durch Luther die meißnisch-obersächsische Mund—
art großen Einfluß auf die Gestaltung der neuhochdeutschen
Schriftsprache, deren erste Grammatik Johannes Clajus
(aus Herzberg) 1578 schrieb, und die volkstümliche Dichtung
kam im evangelischen Kirchenliede wie in den Volksschau-
spielen z. B. Paul Rebhuhns in Oelsnitz (7 1546) zu er-
freulicher Entfaltung.
Das Bestreben, diese reiche Kulturarbeit vor jeder Stö-
rung zu schützen, und die Furcht vor einer neuen Erhebung
der tief verfeindeten Ernestiner führte August zu dem ver-
hängnisvollen Verzicht auf jede wirksame Führung der pro-
testantischen Interessen im Reiche, die Moritz als eine Haupt-
aufgabe betrachtet hatte. In seinem daraus hervorgehenden
Bestreben, den Frieden im Reiche um jeden Preis zu be-
haupten, schloß sich der Kurfürst aufs engste an die damals
ebenfalls durchaus friedlichen Habsburger Ferdinand I.
(1558—64) und Maximilian II. (1564—76) an und half
den Religionsfrieden von Augsburg am 25. September 1555
zustande bringen, der den weltlichen Reichsständen die Kirchen-
hoheit (jus reformandi) endgültig zuerkannte. also nach dem
Grundsatze: cujus regio ejus religio diese Territorien kon-
fessionell abschloß, ihn aber nicht auf die noch zahlreichen geist-
lichen Fürstentümer ausdehnte und damit diese wichtigste Frage
zwischen den Konfessionen als eine Machtfrage offen ließ.
1556