Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Katunga, den 20. Oktober 1892. 
Der Ausführungskommission berichte ich im An- 
schluß an meinen Bericht, datirt aus Chiromo den 
27. September cr., ganz ergebenst, daß ich mit der 
Vorexpedition am 8. d. M. Katunga erreicht habe. 
Leider nimmt das Heranschaffen der Waaren der 
Vorexpedilion (etwa 2000 Lasten excel. Boote und 
Bootsmaterial) längere Zeit in Anspruch, als ich 
gehofft hatte, da der Fluß noch weiter zurückgegangen 
ist und die Stahlboole kaum ein Viertel Ladung 
nehmen dürfen, um durchzukommen; immerhin hoffe 
ich noch in dieser Woche Alles hier zu haben. 
Unterdessen hat Dr. Bumiller bereits den 
Transport der hier befindlichen Waaren nach Blantyre 
bezw. dem oberen Shire begonnen. 
Herr v. Eltz, welchen ich, wie mitgetheilt, 
mit dem Transport des Dampfermaterials von Port- 
Herald nach dem Südende des Nyasa beanftragt 
habe, spricht sich in einer Berichterstatlung, datirt 
aus Port-Herald den 25. September, dahin aus, 
daß nach seiner Ansicht, welche das gesammte ihm 
beigegebene technische Personal bedingungslos theilt, 
der Dampfer „H. v. Wissmann“ zwar mit vor- 
sichtiger Behandlung des Materials nach dem Nyasa 
überführt werden lönne, einem weiteren Transport 
Nyasa—Tanganyika jedoch nicht mehr gewachsen 
sei. Er begründet seine Ansicht damit, daß die dem 
zerstörenden Tropenklima so lange ausgesetzte Ver- 
packung der Eisentheile sowie sämmtliche Holztheile 
stark angegriffen seien, daß weiter durch das häufige 
Umladen Eisentheile, besonders die Spanten verbogen, 
ja theilweise zerbrochen seien, so daß schon jebt 
Reparaturen an den Theilen erforderlich sind. Ich 
glaube schon früher der Ausführungskommission mit- 
getheilt zu haben, daß die Theile des Daupfers 
durchaus nicht überall die Form erhalten haben, wie 
ich sie gewünscht hatte, und wie sie für so schwierige 
Transportverhältnisse geeignet sind, da ich während 
der Anfertigung des Dampsers in Oslafrika war, 
und meine eingehenden Beschreibungen doch nicht 
genügt haben, um den ersten, derartig zerlegbaren 
Dampfer, der auf einer deutschen Werft gebaut ist, 
den Verhältnissen entsprechend hervorgehen zu lassen. 
Weiterhin schlägt Herr v. Eltz vor, falls sich seine 
Besorgniß für den großen Dampfer bewahrheitet, 
an Stelle desselben den Dampfer „Pfeil“ nach dem 
Tanganyika' zu transportiren; zugleich macht er 
darauf aufmerksam, daß für den Transport des 
„Pfeil“ um die Shirefälle leine Mittel berechnet 
waren, und veranschlagt dieselben auf 20 000 Mark. 
Wenn auch der Transport des „Pfeil“ um die 
Fälle große, vielleicht unüberwindliche Schwierigkeiten 
bieket, da derselbe nicht zerlegbar ist, und somit auch 
die Transportlosten ungleich höhere werden, so scheint 
mir die angegebene Summe doch fraglos zu hoch 
gegrissen; jedenfalls möchte ich nicht verfehlen dies- 
bezüglich in Erinnerung zu bringen, daß ich eine 
Verantwortlichkeit, die Mittel belressend, nur bis zum 
Nyasa und nur für meinen Dampfer übernommen 
  
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habe. Ueber die Höhe weiterhin nöthig werdender 
Mittel werde ich erst nach Untersuchung der Ver- 
hältnisse zwischen den beiden Seen annähernd be- 
richten können. Da wir doch erst am Nyasa Juß 
fassen und auf diesem See schwimmen müssen, so 
pressirt diese Angelegenheit angenblicklich noch nicht. 
Es kommt stets wieder auf die von mir betonte 
Thatsache hinaus, daß genaue Kostenanschläge für 
afrikanische Unternehmungen wegen der so schnell 
wechseluden Verhältnisse immer nur eine gehaltlose 
Formsache bleiben werden. Ein eventueller Trans- 
port des „Pfeil“ nach dem Tanganyika kann natür- 
lich erst nach Ueberwindung der Shirefälle in Frage 
gezogen werden. 
Wie uns bisher der noch nie dagewesene niedrige 
Wasserstand des Shire einen bedeutenden Strich durch 
die Rechnung gemacht hat, und ich ohne Hülse der 
englischen Kanonenbvote noch viel weiter im Rück- 
stande sein würde, so ist auch das abnorm frühe 
Eintreten der Regenzeit jetzt, wo der größte Theil 
des Wasserkrausports gethan und der Landtransport 
um die Fälle beginnt, von für uns schwerwiegenden, 
unangenehmen Folgen, denn mit dem Eintreten der 
Regen beginnt die Feldarbeit der Eingeborenen und 
infolgedessen die Schwierigkeit, Träger und Arbeiter 
zu bekommen; auch werden die Wege in ihrer Gang- 
barkeit geschädigt und das Eisenmaterial durch Nost 
angegrissen. Dieser Umstand hatte zunächst zur Folge, 
daß Dr. Bumiller die Lasten der Vorexpedition 
von hier aus nur mit großen Schwierigkeiten weiter- 
schaffen konnte und daß er nur durch eine Demon- 
stration im Einverständniß des hiesigen englischen 
Residenten Träger bekam. Es ist in der hierdurch 
für die Truppe beschäftigungslos gewordenen Zeit 
der für Herrn v. Eltz wichligste Stapelplaß Katunga, 
d. h. unser dortiges Lager, durch Bau von Wohnungen 
und Stores so eingerichtet worden, daß dasselbe 
während der Regenzeit gutes Unterkommen für 
Personal wie Material bietet. Bumiller ist immer- 
hin soweit gediehen, daß die Vorexpedition Katunga 
Anfang November verlassen wird, und somit die 
beiden armirten Stahlboote Anfang Dezember auf 
dem See schwimmen können. Die schwierigen Tiefen- 
verhältnisse des Shire haben zur Folge gehabt, daß 
sämmtliche englische Dampfer der lakes company 
zur Zeit niedergebrochen sind und wir infolgedessen 
seit zwei Monaten ohne jede Post. 
Von eingreifenderem Einfluß für die spätere Auf- 
habe der Tanganyika-Vorexpedition sind die Nach- 
richten, die vom See hierher kommen, über welche die 
Ausführungskommission wohl unterdessen schon durch 
Zeitungsnachrichten unterrichtet sein wird. Die 
Araber des Nyasa scheinen sich zu einheitlicher Aktion 
wiederum organisirt zu haben; sämmtliche Europäer 
in der belgischen Station in Katunga sollen gefallen 
sein; in der Nähe des Sees haben sich die Araber 
stark besestigt, und der Sklaventrausport über den 
See nach unserer Küste soll wie jemals früher in
	        
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