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sonders da ich bei dem Wegfall des Dampfers
„Pfeil“ auf das Chartern eines Steamers der
Alrican Lakes Company angewiesen wäre.
5. Mein europäisches Personal, besonders die
Handwerker, würde fraglos bis zum Aufbau des
Bootes am Tanganyika einer großen Anzahl neuer
Kräfte bedürfen wegen Abgangs während dieser Zeit.
6. Auch ich selbst würde nach dem Ausspruch
des Arztes einer so langen derartigen Arbeit in
Afrika gesundheitlich kaum gewachsen sein.
7. Aus bisher Gesagtem geht schon hervor, daß
ein für den Tanganyika bestimmtes Fahrzeug, um
Zeit und Koslen zu sparen, kleiner sein müßte als
das für den Victoria-See bestimmte. Auf dem
Victoria war eine gewisse Größe nöthig zum direkten
Kreuzen des ganzen Sees; auf dem schmalen
Tanganyika hingegen sind wir auf Küstenfahrt an-
gewiesen und kann man sich auch zum Kreuzen
desselben bei der geringen Enkfernung seiner Breite
das Wetter aussuchen. Dieses Fahrzeug müßte auch
besser zerlegbar sein als der „H. v. Wissmann",
der Erstling eines derartigen Bootes in Deutschland;
besonders müßten die langen zerbrechlichen Theile
vermieden werden.
8. Es würde heißen vom verkehrten Ende an-
fangen, wenn man zuerst auf dem Tanganyika und
dann auf den Nyasa ein Fahrzeug bringen würde.
Ich muß zugestehen, daß ich, gezwungen vom Victoria-
See abzusehen und dem allgemeinen Wunsch den
Tanganyika betreffend folgend, diesen Punkt nicht
ins Auge gefaht hatte; späterhin hatte ich die
Hoffnung, der „Pfeil“ würde das erwünschte Mittel-
glied auf dem Nyasa bilden, mußte aber, da der-
selbe nicht wie versprochen verschraubt, sondern ver-
nietet ist, hieroon absehen. Wenn ich mit meiner
Arbeit am Nhasa fertig bin, so wird ein Leichter
von der Sambesimündung bis an die Shirefälle, ein
anderer von den Fällen bis zum Nyasa und der
„H. v. W.“ von dort bis zum Anfang der Straße
zum Tanganyika eine stets vorbereitete Transportlinie
bilden für einen nach obigen Angaben anzufertigen-
den Tanganyika-Dampfer.
9. Der Sklaventransport von der Delpbai nach
der Amaliabai an unserer Küste und von da nach
Lindi, Mikindani und Kilwa ist kaum geringer wie
der über Ujidji. Die Verwüstungen und Jagden
der Araber und der für sie arbeitenden Yaos, Wa-
mambas und Anderer ist so groß, daß die Engländer
zwei Kanonenboote nach dem Nyasa bringen. Gerade
die Landungspunkte der Sklaventransporte liegen aber
an unserer Küste, und wird daher der „H. v. Wiss-
mam“ im ursprünglichen Sinne seiner Bestimmung
eine durchaus entsprechende Beschäftigung finden.
10. Nach allen leider ausnahmslos traurigen
Nachrichten über die Vorgänge in unserem Hinter-
lande, an unseren Karawanenstrasten scheint mir ein
Unternehmen auf dem Tanganyika sehr in der Luft
zu schweben, während am Nordostende des Nyaßa
eine Station gut zur Operationsbasis gegen die nur
wenige Tagemärsche entfernten Wahehe gelegen er-
scheint und hierdurch eine Machtentfaltung am Nyasa
zur Wiedererössnung der Verbindung mit dem Tau-
ganyika große Vortheile bielet. Zur Stationsanlage
am Nyasa können nur in Frage kommen die Bemba-,
Amalia= und Rinnwira-Bai; lettere würde, weil am
nördlichsten und am nächsten den beiden deutschen
Missionsstationen, am günstigsten erscheinen, wenn sie
nicht, wie ich fürchte, für den Dampfer „H. v. Wiss-
mann“ zu klein ist.
Wenn ich in Vorstehendem diejenigen Punlte dem
verehrten Komitec unterbreitet habe, welche für meine
Entschließung, den „H. v. Wissmann“ auf dem Nyasa
zu belassen, maßgebend waren, so möchte ich doch
der öffentlichen Meinung gegenüber diesen Schritt
nicht ohne Zustimmung und Einverständniß des ver-
ehrlichen Komitees vollziehen, vielmehr die definitive
Entscheidung dieser Frage wohldemselben anheimgeben.
Entscheidet sich die Kommission entgegen meiner An-
sicht für Ausführung des Dampfertransportes nach
dem Tanuganyika, so muß ich natürlich jede Verant-
wortung für diesen Schritt von meiner Person ab-
weisen, wobei ich wohl nicht besonders zu erwähnen
brauche, daß auch in diesem Falle von mir Alles
geschehen wird, um ein Gelingen des Transportes
nach dem Tanganyika zu ermöglichen.
Wie ich schon im Eingange dieses angedeutet
habe, würde die Ausführung des Transportes nach
dem Tanganyika die Gewährung weiterer Mittel be-
dingen, wie solches auch seiner Zeit im Luxor-Protokoll
bereits angenommen war. Von der Einreichung
eines Kostenanschlages muß ich jedoch heute absehen,
da mir verschiedene Verhällnisse, die demselben zur
Grundlage dienen müssen, zur Zeit noch unbekannt
sind; eine bedeukende Erhöhung der Koslen ist bei
dem plöhlichen Ausfall des „Pfeil“ und der Un-
möglichkeit, die Leichter auf dem See selbständig zu
hantiren, unvermeidlich. Immerhin bin ich vorläufig
noch derart mit Baarmitteln und Waaren ausgerüstet,
daß ich auch den Transport nach dem Tanganyika,
falls sich das Komitee für denselben entscheidet, ohne
soforlige Gewährung neuer Mittel in Angriff nehmen
kann. gez. v. Wissmann,
Major à la suite der Armec.
Bericht des LCieutenants Storch über eine Expedition
gegen Ugalamiro.
Mpwapwa, den 6. Januar 1893.
Wagogo-Wahehe von Ngalamiro südwestlich von
Tshunyo hakten wiederholt Raubanfälle auf kleinere
Karawanen bei Tshunyo ausgeführt, weshalb ich
beschloß, diese Leute zu bestrasen und die Straße
wieder sicher zu stlellen.
Am 2. Jannar, 2 Uhr nachmiktags, brach ich
mit Lazarethgehülsen Völkner und 38 Mann von
Mpwapwa auf und erreichte um 6 Uhr Tshunyo,