Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Hihm gemeinsame Sache zu machen, die Europäer und 
die Uebrigen unterwegs umzubringen. Diese Nachricht 
wurde aus Urambo und Mesongo bestätigt, ein Be- 
weis für die Frechheit Sikes, da an diesen Orten 
von Alters her Europäer sich befinden. Der Plan 
war großartig genug, um den Arabern (Kwiharas) 
zugeschrieben werden zu lönnen. 
Zu dieser Zeit befand sich in Tabora eine Ab- 
theilung der Antisklaverei = Lotterie unter Graf 
Schweiniß. Mit diesem beschloß Dr. Schwesin- 
ger Sike zuvorzukommen und griff am 6. Juni 
morgens das Quikurn überraschenderweise an. 
Es betheiligten sich daran: 
Dr. Schwesinger, Graf Schweiniß, 
Lazarethgehülfe Jurock, Kapitän Spring, 
Lazarethgehülfe Weidner, 44 Sudanesen und Somali 
28 Sudanesen, mit einer 3,7 cm-Schnell- 
16 Frreguläre mit einem ladekanonc. 
4,7 cm-Geschütz ohne Zünder. 
In Tabora blieben die übrigen Europäer der 
Antisklaverei = Lotterie. Die Angreifer gelangten bis 
an den innersten Tembegürtel, mußlen aber mit 
schweren Verlusten — Lazarethgehülfen Jurock und 
Weidner, Graf Schweinitz verwundet — zurück- 
gehen, wobei eine Kiste Granaten der Antifklaverei- 
Lokterie verloren ging. Dadurch war der Kampf ein 
ofsfener geworden, wobei die Thatsache der unsererseits 
ergrisfenen Offensive den Erfolg Sikes einigermaßen 
abschwächte. Ein Theil der Wanyamwesi in der 
Nähe Taboras erklärte sich sogar gegen Sile und 
für Nyasso, die nächst mächtigste Persönlichkeit in 
Unyanyembe, welche sich jelzt als Nivalin Siles auf- 
warf. Dieser soll infolge dessen beabsichtigt haben, 
von Tabora fortzuziehen, aber durch die Araber 
Kwiharas zum Bleiben bewogen worden sein, die 
ihm sein Quikurn noch verstärken halfen und ihm 
dadurch die übrigen Wanyamwesi zuführten. 
Mittlerweile waren der Unteroffizier Müller, 
ein weiterer Theil der Expedition der Antisklaverei- 
Lotterie unter Lientenant der Reserve Meyer und 
200 kriegerische Warambo angekommen. Für den 
5. August wurde ein zweiter Angriff auf Quikurn 
beschlossen. Betheiligt: 
Dr. Schwesinger, 
Unteroffizier Müller, 
Lazarethgehülfe Jurock, 
24 Sundanesen, 
32 Stationsrekruten, 
200 Warambo und ein 
Trupp Nyassoleute mit 
einem 4,7 cm-Geschütz ohne 
Zünder. 
Nach zweitägigem vergeblichen Angriffe, der nur 
bis an die äußere Palissadenboma gelangte, wurde 
der Rückzug auf Tabora bewerkstelligt. Unteroffizier 
Müller war gefallen. Selbstverständlich wuchs das 
Ansehen Sikes ganz bedeutend. Kritisch wurde aber 
die Lage, als die Antifklaverei-Lotterie -Expedition 
Graf Schweinißz, 
Lientenant der Reserve 
Meyer, 
Kapitän Spring, 
50 Sudanesen und Suaheli 
mit einer 3,7 em-Schnell- 
ladekanone. 
  
199 — 
am nächsten Tage schnell abziehen wollte, was die 
Eingeborenen natürlich als Flucht auffassen mußten. 
Dr. Schwesinger veranlaßte sie vorerst noch zu 
bleiben und beschloß mittlerweile, sämmtliche durch 
Vertrag verpflichteten Sultanate aufzubieten. Am 
25. August zog die Expedition der Antifklaverei- 
Lotterie ab, nachdem sie die unzutreffende Nachricht, 
„Tabora sei beruhigt“, zur Küste gesandt hatte. 
Bald darauf trafen gegen 3000 Mann Hülfsvölker 
aus allen Theilen Unyamwesis und ein aus Urambo 
abgeholter 12 cm-Vorderladermörser in Tabora ein. 
Bemerkenswerth ist, daß ein großer Theil der Sul- 
tane, durch unsere andauernden Mißerfolge mißtrauisch 
geworden, das Prinzip beobachtet hatten, die eine 
Hälfte ihrer Leute zur Station, die andere zu Sike 
zu senden. Dieser hatte mittlerweile begonnen, die 
Thore des Quikuru mit Bastionen und die Palissaden= 
boma mit einer festen Lehmschicht zu versehen, hatte 
seine Mannschaften erhöht, massenhaft Munition durch 
Kwihara u. s. w. angeschafft, den Kampf mit Nyassos 
Leuten ausgenommen und die Karawanenstraßen ge- 
sperrt. Dr. Schwesinger hatte seinerseits die 
Nyasso offiziell als Gegensultanin von ihrer Tembe 
abgeholt und in Tabora untergebracht. 
Am 13. September beschloß Dr. Schwesinger, 
das Qnikurn zu belagern, und zog mit Lazareth= 
gehülfen Jurock, 24 Sudanesen, 35 Stationsein- 
gestellten, einem 12 cm-Mörser und 3000 Mann 
Hülfsvölker (Warambo, Wasongo, Wangoni, Wanyam- 
wesi, der Nyasso u. s. w.) mit Palissaden befestigte 
Lager davor; auch die Araber Taboras betheiligten 
sich auf Dr. Schwesingers Aufforderung hin daran, 
aber nur in passivster Weise. Lazarethgehülse Jurock 
wurde zum zweiten Male verwundet, die Verluste 
der Truppe waren sonst gering. Die Hülfsvölker 
verloren ziemlich viel, namentlich die Wangoni. Am 
18. September folgte ein allgemeiner durch Araber 
geleiteter Ausfall, in welchem die Araber und sämmt- 
liche Hülfsvölker außer den Warambo in helle Flucht 
gejagt und das Lager der Verbündeten auf dem 
linken Flügel in Vrand gesteckt wurde. Mit Mühe 
und Noth wurde der Angriff von der Boma der 
Truppe selbst unter schwerem Verlust des Feindes 
abgewehrt. Außer dem Wali, der anfangs auch ge- 
flüchtet war, und den Warambo waren die Hülfs- 
völker verschwunden. Die Belagerung wurde daher 
ausgehoben. 
Drei Tage darauf wurde durch Kwihara ein 
Friede mit Sike, natürlich nur auf dem Papier, 
zustande gebracht. Die Anfang November unter 
Feldwebel Fricke eintreffende Abtheilung wurde als 
„Krieg in Sicht" gedeutet. Die Einrichtung eines 
Polizeiwesens war den Arabern Taboras Grund zu 
erneutem Intrignenkrieg unter Leitung Kwiharas. 
Allgemeine Unruhe herrschte in der Siadt. Die 
Bevölkerung wurde öffentlich aufgehetzt. Sike forderte 
durch Kwihara die Auslieferung der Sultanin Nyasso. 
Als dies abgeschlagen wurde, erklärten die Kwihara- 
Araber u. s. w. öffentlich auf dem Markte, sie sei-
	        
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