Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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sprüchen, die sich auf ihr Gebiet beziehen, rechtzeitig 
in Kenntniß zu seben, damit sie in der Lage sind, 
ihre Rechte bei den Verhandlungen wahrzunehmen. 
Das Gericht wird besonders ermächtigt, darüber 
zu entscheiden: 
1. ob der Häuptling der Bondelswarts Wilhelm 
Christian das Recht hat, in dem Distrikt von 
Mier Konzessionen zu verleihen, 
ob David Philander die Verfügungsbefugniß 
über das von ihm und seinem Volke in Besitz 
genommene Gebiet hat, 
.ob dem Bakalahari-Häuptling das Verfügungs- 
recht über Gebietstheile des Distrikts von Mier 
zusteht. 
Landverleihungen und Konzessionen sollen un- 
gültig sein, 
1. wenn sie von einem Häuptling ohne ausdrückliche 
Zustimmung seines Rathes ertheilt worden sind, 
2. wenn sie auf betrügerische, sonstige unrechte 
Weise oder ohne entsprechendes Entgelt erwor- 
ben worden sind, 
3. wenn es sich herausstellt, daß die Bedingungen, 
unter welchen die Verleihungen stattgefunden 
haben, nicht genügend erfüllt worden sind, 
4. wenn es zweifelhaft ist, ob die Urkunden, auf 
welche die Verleihungen gestützt werden, echt 
sind oder ob die verleihenden Eingeborenen die 
Bedeutung und Bestimmungen der Konzessionen 
wohl verstanden haben, « 
5. wenn durch die Anerkennung der Rechtsgültig- 
keit der Konzessionen die Schaffung geeigneter 
Landreserven für Eingeborene unmöglich gemacht 
würde. 
Ungültig soll ferner jede Bestimmung in den 
Konzessionen sein, 
1. durch welche eine Befreiung von Abgaben zu- 
gesichert wird, 
2. durch welche ein Monopol oder ein ausschließ- 
liches Recht zu Handels-, Transport-, gewerb- 
lichen und bergmännischen Unternehmungen 
verliehen wird. 
Das Gericht wird ermächtigt, Ansprüche, die für 
zu umfangreich oder unangemessen befunden werden, 
herabzumindern, sowie die Gegenleistungen und Be- 
dingungen nach freiem Ermessen zu ändern. 
Bevor der Rechtstitel über einen vom Gericht 
anerkannten Landanspruch ausgefertigt wird, muß das 
Land von einem hierzu ermächtigten Feldmesser auf 
Kosten des Berechtigten vermessen werden. 
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Ueber die Entwickelung von Englisch= Avasaland 
bringt das „Geographical Journal“ in seiner März- 
Nummer einen Aufsatz von Mr. John Buchanan, 
dem wir Folgendes entnehmen: 
Das Land zerfällt in eine Reihe unzusammen- 
hängender Plateaus von 2000 bis 4000 Fuß Höhe, 
aus denen sich einzelne isolirte Bergketten erheben. 
  
Die bedeutendsten Erhebungen sind auf dem rechten 
Ufer des Shire das Kirkgebirge und auf dem linken 
Ufer das Milanye-Gebirge, welch letzteres eine Höhe 
von 9000 Fufß erreicht. 
Wie der größte Theil von Ostafrika ist auch 
Nyasaland von weiten Grassteppen durchzogen, auf 
deren hartem, undurchlässigem Boden kein Baumwuchs 
gedeiht. Diese Steppenregion ist durchaus unfruchtbar, 
da der poröse Lateritboden die Feuchtigkeit nicht zu 
halten vermag. Auf dem Plateau trifft man jedoch 
häufig Senkungen und Terrainfalten an, die mit einer 
starken Humusdecke bekleidet sind und in denen sich 
das Wasser wie in einem Reservoir ansammelt. Diesc 
überaus fruchtbaren Thäler, welche oft eine große 
Ausdehnung haben, sind meist dicht bevölkert und 
bebaut. Buchanan fand bei der Untersuchung des 
Bodens in diesen Oasen unter der festen Oberdecke 
einen vollständigen Sumpf, welcher auch in den 
Sommermonaten nicht austrocknet und den Einge- 
borenen gestattet, in einer Zeit, wo sonst überall in 
Ostafrika Dürre herrscht, Getreide zu bauen; während 
in der Regenzeit der Boden aufweicht und sich mit 
einer so dichten Vegetationsdecke überzieht, daß es 
unmöglich ist, in das verfilzte Buschwerk einzudringen. 
Die Zahl der Regentage und die Regenmenge 
variiren im Nyasaland beträchtlich. Im Shire- 
Hochland betragen die Niederschläge in einem Jahre 
durchschnittlich 52 Zoll, während sie in der Sceregion 
80 Zoll meist noch übersteigen. Seit zehn Jahren 
hat sich jedoch eine konstante Abnahme der Regen- 
menge am Nyasa-See und ein allmähliches Aus- 
trocknen des Shire-Flusses bemerkbar gemacht. In 
16 Jahren hat der Shire keinen so niedrigen 
Wasserstand gehabt als im Jahre 1891. Man hat 
die Beobachtung gemacht, daß der Wasserstand des 
Nyasßa-Sees ebenso wie der des Tanganyika all- 
mählich zurückgeht: Buchanan erzählt, daß auch den 
Eingeborenen am Nordende des Sees diese That- 
sache bekannt sei und daß die älteren Leute behaup- 
ten, daß Sandbänke, die jetzt zehn Fuß und mebr 
über den Wasserspiegel hervorragen, früher von 
Wasser bedeckt gewesen wären. 
Ein anderer Theil vom Nyasaland ist mit lichtem 
Steppenwald bedeckt, welcher jedoch meist nur Stämme 
von 4 bis 12 Zoll Durchmesser enthält und sich nur 
an wenigen Stellen zum Urwald verdichtet. Doch fehlt 
es auch an Bau= und Nutzholz nicht. Am Ober- 
und Unterlauf des Shire finden sich häufig Khaya 
senegalensis, aus dessen Holz die Kanus geschnitzt 
werden, und Gruppen einer Riesenakazie. In der Ge- 
birgsgegend sind Erythrophloeum guinense, bessen 
Rinde ein stark wirkendes Gift enthält, verschiedene 
wilde Feigenarten und andere hochstämmige Bäume 
sehr häufig. Neuerdings hat man im Milanye- 
Gebirge in einer Höhe von 6000 Fuß eine Spezies 
der Konifere gefunden, welche eine Höhe von 160 Juß 
erreicht und an der Basis 6 Fuß im Durchmesser 
hat. Da diese Stämme als Bauholz vorziglich 
geeignet sind, so hat man den Versuch gemacht, sie 
 
	        
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