Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

feierten wir den Geburtstag des Herrn v. Man- 
teuffel auf einer Felsplatte im Wami angesichts 
einer höchst malerischen und romantischen Szenerie. 
Am Mittag des 19. März näherten wir uns 
dem Nguru-Gebirge, das zum Theil einen fast alpen- 
artigen Charakter trägt. 
Die Spitzen der Berge sind meist von Gewölk um- 
geben. Die Schluchten sind bewaldet und stark be- 
völkert.)| Ueberall, selbstbis zu bedeutenden Höhen, 
haben sich die Wangurn angebaut. Oft sieht man 
drei bis vier Dörfer übereinander liegen. Der 
Boden auf den Hängen und in den Schluchten der 
Berge ist sehr fruchtbar, zum Theil etwas zu thonig. 
Die Gebirgsbäche sieht man hier und da als 
schmale Silberstreifen schimmern. Das Wasser ist wie 
bei uns im Hochgebirge kalt und krystallklar. 
Nach unserem Uebergang über den etwa knic- 
tiefen Ualle-Strom und nach einem kurzen Marsch 
durch fruchtbare Schamben und Felder langten wir 
gegen 2 Uhr nachmittags auf der Missionsstation 
Mhonda an, deren hellgraue Wellblechdächer wir 
schon stundenlang hatten leuchten sehen. Wir wurden 
von den Herren der Mission, die sämmtlich Deutsche 
waren, aufs Beste ausgenommen. 
Mhonda licgt auf einem Vorberge des Nguru- 
Gebirges und ist nicht so regelmäßig gebaut wie 
Mandera. Andererseits jedoch hat Mhonda manche 
Vorzüge aufzuweisen. Das zweistöckige, mit Veranden 
umgebene Wohnhaus nähert sich seiner Vollendung. 
Die große aus Bruch= und Backsteinen gebaute 
Kirche ist ebenfalls bald fertig. 
Die Obst= und Gemüsegärten liesern Alles, was 
das Herz begehrt. Von besonderem Interesse ist 
eine kleine Kaffeeplantage von etwa 50 Bäumchen, 
die aus Mrogoro eingeführt sind. Eine Zierde der 
Mission bildet der nie versiegende Bergstrom, der 
ummittelbar hinter der Station in seinem felsigen 
Bette schäumend vorüberbraust. Das Wasser des- 
selben ist köstlich. Die klimatischen Verhältnisse dieser 
Gebirgsgegend sind so angenehm, daß eine Gesund- 
heitsstation hier ganz am Platze erschien. Allerdings 
behaupten die Herren Patres, daß man sich auch an 
dies kühlere Klima erst wieder gewöhnen müsse. 
Die politischen Zustände in dem südlichen Theile 
des Nguru-Gebirges waren bessere, als wir dachten. 
Die Wanguru sind, wenn auch nicht gerade fried- 
liebend, so doch gesügig und unterwürfig. Eine 
Quelle ewigen Haders ist der Glaube an Zauberei; 
denn fast jeder Todesfall giebt Anlaß zu einem 
Hexenprozeß. Die meisten Streitfälle, die im Schauri 
zur Sprache kamen, konnten sofort erledigt werden; 
andere unterlagen der Gerichtsbarkeit des Bezirks- 
amts Pangani, da Kläger und Beklagle im Hinter- 
lande von Pangani wohnten. 
Als Herr v. Rohde, der Bezirkshauptmann von 
Pangani, zur Begleitung des Herrn Oberführers in 
Mhonda eintraf, war meine Aufgabe gelöst. 
Am 23. März meldete ich mich, mit 23 Mann 
und 5 Kranken, bei dem Herrn Oberführer ab. 
  
Mein Versuch, am selben Abend den Ualle bei dem 
Christendorse St. Pierre zu überschreiten, mißlang 
und ich übernachtete unweit der Uebergangsstelle. 
Als auch am folgenden Morgen das etwa 2 Meter 
tiese, reißende Gewässer noch nicht gefallen war, 
wandte ich mich, troß# allen Abrathens, unserer alten 
Furt bei Muhesa zu und ging ohne Umstände und 
ohne Unfall durch den Strom durch. Das Wasser 
reichte den kleineren Leuten bis an den Hals. 
Am Abend des 24. März setzte ich auf einem 
Rindenkanoe bei Rubuti über den Wami und lagerte 
in Ugern. Von da an marschirte ich, durch ange- 
schwollene Bäche und überschwemmtes Terrain viel- 
fach aufgehalten, auf der Mamboja-Straße nach 
Bagamoyo zurück. Ich übernachtete in Buguni 
(25. März), Londo (26. März), Mkoma am Pongwe 
(27. März), Ibrahim (28. März), Kisoka (29. März) 
und traf am 30. März, morgens 8 Uhr, an der 
Mtonifähre von Bagamoyo ein, wo ich die Ehre hatte, 
mich bei Euer Hochwohlgeboren melden zu dürsen. 
Auf dem Rückmarsche fand ich durchweg friedliche 
Verhältnisse vor. Die Dorfältesten, vor Allem die 
Häuptlinge Kitagire zu Pongwe und Ibrahim zu 
Kiwugu, beeiferten sich aufs Aeußerste, mir ihre 
Freundschaft und Ergebenheit zu beweisen. 
Leue, 
Bezirkshauptmann, 
Kompagnieführer in der Kaiserlichen Schutztruppe 
für Deutsch-Ostafrika. 
Bericht des Lieutenants v. Bothmer über die Erslürmung 
der Daupttembe des Wagogo-Däuptlings Masenta.“) 
Unyangwira, den 8. März 1893. 
Am 15. Februar traf ich mit zwei weisßen Unter- 
offizieren und 35 Askaris auf der Station Unyang- 
wira ein. 
Der Häuptling Masenta sollte, wie Feldwebel 
Erttel und der befreundete Wanyamwesi-Häuptling 
Sungura bestimmt behaupteten, anwesend sein; den 
Aufenthaltsort wußte jedoch Niemand genau anzu- 
geben, da Masenta aus Vorsicht sein Nachtauartier 
häufig wechselte. Ich beschloß, am anderen Morgen 
die Haupttembe zu überfallen, dort sollie die meiste 
Wahrscheinlichkeit sein, den Masenta anzutreffen, und 
gab folgenden Befehl aus (mündlich): 
Unteroffizier Fabian und 24 Mann (darunter 
sämmtliche Kranken und Nichtmarschfähigen) bleiben 
zur Besetzung der Station zurück. Alles Uebrige: 
Feldwebel Erttel, Sergeant Wilhelm, 55 Mann 
stehen morgen früh 4 Uhr zum Abmarsch bereit; 
pro Mann 150 Patronen. Das 3,7 cm Geschüß 
mit 18 Granaten ist zur Stelle. 
*7) Vergl. D. Kol. Vl. 1893, S. 158.
	        
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