Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

In den ersten Jahren der deutschen Schutzherr- 
schaft wäre das nicht möglich gewesen, und auch jetzt 
noch versuchen es einzelne Duallas, diese freien Arbeiter 
wegen ihrer „sklavenwürdigen" Beschäftigung zu ver- 
höhnen, aber die große Mehrzahl der so arbeits- 
scheuen Eingeborenen hat schon jebt das Vorurtheil 
abgelegt, als ob Arbeit entwürdige, und wird es 
mit der Zeit allgemein thun. Daß die Regierung 
auf dem Gebiete der Arbeiterfrage, die so innig mit 
der Sklavenfrage verknüpft ist, stetig vorwärts 
schreitet und keine Gelegenheit versäumt, die Sache 
zu fördern, beweist die Thatsache, daß von der 
Station Jaunde — drei Wochenmärsche von der 
Küste entfernt — im vorigen Monate 50 freie 
Arbeiter sich dem Bezirksamt Kribi zur Verfügung 
stellten. Ein kleiner Theil kam hierher, der größere 
dagegen wurde sofort von den arbeiterbedürftigen 
Faktoreien des südlichen Schutzgebietes verschlungen. 
Wenmn schließlich noch die Missionen ihre Thätig- 
keit weiter ausdehnen, so zweifle ich nicht, daß wenig- 
stens in der Küstenzone des Schutzgebietes der Begriff 
„Sklave“ in nicht ferner Zeit historisch geworden 
sein wird. 
Missionen und Araberthum in Ostafrika. 
Die katholische Zeitschrift für die Antisklaverei- 
bewegung deutscher Zunge „Gott will es“ bespricht 
in einem längeren Aufsatze die Ereignisse der letzten 
Monate in Afrika, den Abfall Melis im Kilima- 
ndjaro-Gebiete, den arabischen Aufstand im Kongostaat 
und die betrübenden Vorfälle in Uganda. Sie 
kommt dabei zu dem Schlusse, daß an allem Unheil 
das Araberthum schuld sei, und daß nicht eher 
die Lage in Afrika sich bessern werde, als bis das 
Kreuz den Halbmond vernichtet habe. Um aber den 
Widerstand des Islam zu brechen, sei ein systemati- 
sches und entschiedenes Vorgehen nothwendig. 
„Von allen Küsten aus“, heißt es dann weiter, 
„ist Afrika mit einem Gürtel von europäischen Sta- 
tionen eingeschlossen. Von dieser Operationsbasis 
muß ausgegangen werden. Staffelförmig müssen die 
Kultur und das Christenthum fortschreiten. Voran 
die Missionare, ihnen auf den Fersen, zu ihrem 
Schutze die militärischen Stationen, so daß 
Eins das Andere stützt, nur so läßt sich Afrika er- 
obern.. . Mit abenteuerlichen Zügen tief ins 
Innere ist nichts Anderes zu erreichen, als die Auf- 
regung solcher Völkerschaften, welche noch nicht vor- 
bereitet sind auf die nahende Erlösung. Kommen 
solche Abtheilungen von Europäern dann obendrein, 
um Elfenbein und andere Marktwaaren zu holen, 
so bringen sie damit die Sache der Civilisation in 
Verruf und schaden weit mehr, als sie nühen können. 
Kriegerische Unternehmungen in jenem Lande 
dürfen nicht von Privaten ausgehen; nur die 
Staaten können solche beginnen und mit Nachdruck 
sortsetzen. Sache der Bölker ist und bleibt die 
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Missionsthätigkeit.“ Von keinem verständigen 
Manne wird dic hohe Bedeutung der Missionen für 
die Gewinnung Afrikas verkannt werden, und man 
wird es in kolonialpolitischen Kreisen nur freudig 
begrüßen können, wenn die christlichen Missionsgesell- 
schaften sich zu noch größerer Thätigkeit aufraffen, 
als es bisher geschehen ist. 
Aus dem Wahbehe -Gebiet. 
Lientenant Prince, über dessen Expedition in 
das Wahehe-Gebiet in Nr. 21 des vor. Jahrg. be- 
richtet wurde, hat einen vom 2. Okkober v. J. datir- 
ten Bericht eingereicht, welcher Aufschlüsse über die 
unser Gebiet bedrohenden Stämme, sowie Vorschläge 
zu deren wirksamer Bekämpfung enthält. Wir ent- 
nehmen dem Bericht Folgendes: 
„Die Wambunga bewohnen das Gebiet zwischen 
Ruaha und Ulanga. Das Gebiet muß sehr bevölkert 
sein, denn die Mafiti unter Mulkatika, etwa 1500 
bis 2000, inzwischen von Kisaki, wo sie sich eine 
Zeit lang aufhielten, dorthin zurückgekehrt, spielen 
daselbst keine Rolle. Sie haben die Gegend am 
Msolwe-Fluß besebt, wo auch Mlang, der Bruder 
Mitikatikas, mit etwa der gleichen Anzahl Anhänger 
ansässig ist. Deren Namen werden nicht unter den 
grosßen Häuptlingen genannt. 
Oberhäuptling des ganzen Gebieles ist Tsambira, 
der den Namen seines verstorbenen Vaters, Nalioto, 
weiterführt. Er scheint mehr Schiedsrichter als 
wirklicher Oberherrscher zu sein. Nächst ihm werden 
genannt: Rubiki und Dwhangire. 
Nalioto und Rubiki sollen noch kampflustig sein. 
Dwhangire wünscht anscheinend den Frieden. 
Das Gebiet südlich des Ulanga steht unter der 
Herrschaft des Mpepo. Derselbe gehört zum Stamme 
der Lihuhn, so genannt wegen ihres Kampfrufs „hul 
hu!“ Die Eingeborenen haben sich den Plural 
„Mahuhn“, das ist „Huhuschreier“, gebildet, eine Be- 
zeichnung, die ich in einem früheren Berichte irrthüm- 
licherweise als Häuptlingsnamen angegeben habe. 
Wegen eines Erbstreites mit seinem Bruder wan- 
derte Mpepo mit wenigen Tausend Lihuhn aus der 
Heimath am Nyassa aus ins Gebiet zwischen Mlanga 
und Luwego, wo sie sich zwischen die dort wohn- 
haften Wambunga drängten und sich dieselben, trotz 
deren numerischer Uebermacht, unterwarfen. Mpepo 
herrscht nun unumschränkt vom Luwego bis zum 
Ulanga und übt eine Art Oberhoheit bis zum Ruaha 
hinauf, insbesondere auch über die am linken Ufer 
des Ulanga ansässigen Wambunga-Häuptlinge: Nga- 
homa, Magoha u. a. Um sich seinem Einflusse zu 
entziehen, war die Auswanderung Mitikatikas erfolgt, 
welcher uns beim Stationsbau in Kisaki behülflich 
war; 14 der von ihm gestellten Arbeiter befinden 
sich noch jetzt auf der Station. 
Eine Station bei Nalioto würde sehr vortheilhaft 
sein. Sie würde diesem ärgsten Schreier auf dem
	        
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