Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

aus seinem Dorfe weggeschafft und nicht im Ge- 
ringsten für Verpflegung der Expedition gesorgt. 
Es mußte daher zur Reguisition geschritten werden. 
Daraufhin waren am nächsten Tage auch noch Ali 
bin Soa mit den wenigen Leuten, die zurückge- 
blieben waren, entlaufen. Hierbei möchte ich noch 
zugleich hinzufügen, daß ich auf dem ganzen Marsche 
die Wahrnehmung machte, daß, je näher die Expe- 
dition der Küste kam und größere Handelsstraßen 
berührte, die Leute viel weniger Zutrauen zeigten 
als die weiter von der Küste entfernten. Eine Er- 
klärung dafür, glaube ich, mag die sein, daß diese der 
See näher gelegenen Ortschaften öfter durch Durch- 
züge von Karawanen und Expeditionen betroffen 
werden und daß vor allen Dingen Privatkarawanen 
von Vergnügungs= und Forschungsreisenden sich un- 
erlaubte Uebergriffe und Erpressungen zu Schulden 
kommen lassen, wodurch dann selbstverständlich die 
Schwarzen eingeschüchtert werden. Ali bin Soa ist 
inzwischen hier in Pangani gewesen und hat für sein 
thörichtes Benehmen um Verzeihung gebeten. 
Am 13. April Abmarsch von Kivanda um 6 Uhr 
morgens. Es wurde eine sumpfige Baumsteppe durch- 
schritten und um 9½ Uhr in Nianga Lager bezogen. 
Da es hier nichts zu essen gab und der nächste 
Halteplatz Mseko noch 7 Stunden entfernt war, so 
wurde der Dolmetscher Schundi vorausgesandt, um 
eventuell für den nächsten Tag mit Reislasten ent- 
gegenzukommen. 
Von Nyanga wurde am 14. April 6 Uhr 
morgens abmarschirt und um 10 Uhr ein Wasser- 
platz erreicht; lehzter Weg durch sumpfige Baum- 
steppe ohne jegliche Niederlassung. Um 12 Uhr 
mittags ging ich nach Mseko voraus, um Alles zur 
Verpflegung der Expedition vorzubereiten. Die 
Truppen trafen jedoch, durch schwere Regengüsse 
aufgehalten, erst am folgenden Tage dort ein. Ich 
hatte mich von Miseko noch dieselbe Nacht per Dhau 
nach Pangani begeben. - 
Am 16. April 12 Uhr mittags traf die Expe- 
dition des Herrn Oberführers, nachdem sie am 
15. April in Mseko verpflegt worden war, in Pangani 
ein. Am 17. April hatten die Truppen einen Ruhe- 
tag, um die auf dem Marsch stark mitgenommenen 
Bekleidungs= und Ausrüstungsstücke wieder einiger- 
maßen herzustellen. Am nächsten Tage wurden die 
Träger und Askaris mit dem Dampfer Max und 
einer Dhau nach Sadani geschafft, um von hier aus 
noch einmal einen kleinen Zug durchs Hinterland 
von Sadani zu machen. Durch den Stationschef 
von Sadani Grafen Löwenstein war gemeldet 
worden, daß der vom Gouvernement eingesehte Wali 
Bana Heri sich seit beinah einem Jahr nicht mehr 
in Sadani gezeigt hatte, außerdem in Verdacht stände, 
mit den unzufriedenen und aufrührerischen Jumben der 
Umgebung in Verbindung zu stehen. Zu seinem 
Vertreter in Sadani hatte er seinen Sohn Abdallah 
ernannt, der nach Aussage des Grafen Löwenstein 
forlwährend gegen ihn intriguirte. Ausier dieser 
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Sache lag hauptsächlich noch eine Klage gegen Sofiani 
aus Mhongorro vor. Derselbe hatte vor etwa einem 
Jahre auf eine Patrouille unter einem Europäer, 
die mit einem Brief von Sadani an ihn abging, ge- 
schossen, wiederholten Aufforderungen, sich in der 
Station zu melden, nicht Folge geleistet und erklärt, 
er erkenne die deutsche Herrschaft nicht an. Außer 
ihm hatten sich mehrere kleine Jumben: Koko von 
Mkaramu, Hamedi von Korote und Kokweri aus 
Mwango, geweigert, nach Sadani zu kommen. An 
alle diese wurden sofort am ersten Tage Briese mit 
der Aufforderung, sich in Sadani zu stellen, abgesandt. 
Ebenso wurde Bana Heri durch seinen Sohn 
Abdallah benachrichtigt, daß der Herr Oberführer 
ihn am 20 April in Dumi zu sprechen wiinsche. 
Am 20. April wurde nach Dumi marschirt und dort 
Lager bezogen. Bana Heri, der wohl ein sehr 
schlechtes Gewissen haben mußte, erschien aber weder 
an diesem noch am folgenden Tage, und hielt 
Abdallah Heri den Herrn Oberführer durch lügen- 
hafte Aussagen, wie z. B.: sein Vater wäre unter- 
wegs krank und wieder zurückgeschafft worden, dann 
wieder: er würde am nächsten Tage kommen, un- 
nöthig auf. 
Am 21. April marschirte deshalb der Herr Ober- 
führer nach Mlembule, fand dort aber das Dorf 
vollständig verlassen vor. Bana Heri selbst hatte 
sich in der Nacht mit nur wenigen Begleitern aus 
Mlembule fortbegeben, und ging das Gerücht, er 
wäre nach Sansibar entflohen. Da sowohl Abdallah 
wie die anderen Verwandten des Bana Heri ent- 
schieden um den Plan wußten und derselbe durch 
sein unnöthiges Entweichen den Verdacht, der gegen 
ihn vorlag, nur rechtfertigte, so wurden Abdallah mit 
seinem ganzen Anhang in Sadani vorläufig gefangen 
gesetzt, da der Oberführer beabsichtigte, die ganze 
Gesellschaft nach Dar-es-Saläm zum Schauri mit- 
zunehmen. Außerdem wurde das ganze Vieh nach 
Sadani mitgenommen. Nach diesen letzten Vor- 
gängen und nach Allem, was mir Graf Löwenstein 
über Bana Heri mittheilte, würde ich es für das 
Geeignetste halten, wenn Bana Heri und seine 
ganze Verwandtschaft überhaupt nicht mehr die Er- 
laubniß erhielten, nach Sadani zurückzukehren. In 
der Zwischenzeit hatten sich die beiden. Jumben 
Hamedi und Koko in Sadani eingestellt und baten 
um Frieden. Sie wurden beide auf dem Weiter- 
marsche mitgenommen und später, nachdem sie sich 
als sehr willige und brave Leute erwiesen hatten, 
wieder entlassen. Sofiani dagegen war nicht er- 
schienen, und beschloß der Oberführer deshalb, ihn zu 
bestrafen. Es wurde in den nächsten Tagen, am 
24. April in Palamaka und am 25. April in Kappa, 
Lager bezogen, am 26. April war das Dorf Gama, 
2 Stunden von Mhongorro kwa Sofiani, erreicht. 
Gama ist ein sehr großes Dorf, in dem die Expe- 
dition wieder gut verpflegt werden konnte und wo. 
Erkundigungen über Sofiani und die Lage seines 
Dorfes eingezogen wurden. Des Nachts wurde ein
	        
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