Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

wurden unter den Dahomeyleuten einige sehr schwere 
Fieberfälle mit mehrstündiger Bewußtlosigkeit und 
langandauernden kontinnirlichen und sehr beträcht- 
lichen Temperatursteigungen beobachtet. Hämatnurie 
wurde in keinem Falle bei einem Neger gesehen. Ein 
Todesfall an Fieber kam nicht vor. 
Von den übrigen Krankheiten fallen bei den im 
Juni erkrankten Negern auf Dysenterie 2, Enteritis 37, 
Fuß- und Beingeschwüre 75, Rhenmatismus 5, 
Lymphadenitis 3, Augenkrankheiten 11, Ohrenkrank-= 
heiten 1, Hautkrankheiten 5, Gonorrhöe 4, Verletzun- 
gen 24, Diphtherie 3, andere Krankheiten 23. Ge- 
siorben ist von den behandelten Negern nur einer an 
ausgedehnten Brandwunden, welche er durch eine 
Pulverexplosion davontrug. 
Auf die spezielle Pathologie der Neger in Kame- 
run näher einzugehen, behalte ich mir für eine andere 
Gelegenheit vor; hier will ich nur als einer beson- 
deren und niemals bei Europäern beobachteten Krank- 
heit derselben einer sunktionellen Erkrankung des 
Sehnerven Erwähnung thun, welche ich ziemlich 
häufig, namentlich bei Croonegern, beobachtet habe. 
Dieselbe tritt ganz akut und stets bei Arbeit in in- 
tensivem Sonnenlicht auf und äußert sich in der 
Unmöglichkeit, bei heller Tagesbeleuchtung deutlich zu 
sehen. Erst gegen Abend gewinnen die Befallenen 
die Fähigkeit wieder, sich in ihrer Umgebung zu 
orientiren. Der Verlauf ist ohne sachgemäße Be- 
handlung meist ein ziemlich langwieriger, über meh- 
rere Wochen. sich erstreckender. Durch regelmäßige 
Eserineinträufelungen und Anwendung von Schutz- 
brillen ist es mir in der letzten Zeit fast stets ge- 
lungen, die Krankheitsdauer auf 8 bis 14 Tage 
herunterzudrücken. 
Als ganz außerordentlich wichtig für eine sach- 
  
gemäße Bcobachtung, Wartung und Behandlung der 
weißen sowohl wie der schwarzen Palienten, sowie 
unentbehrlich für ein eingehendes Studium der 
mamnigfachen zur Beobachtung gelangenden Krank- 
heitsbilder erwiesen sich auch ferner die beiden Hospi- 
täler. Das Negerhospital entsprach trotz seiner pri- 
mitiven Einrichtung den in dieser Hinsicht zu stellenden 
Ansprüchen um jo mehr, als der schwarze Heilgehülfe 
Anju, welcher in demselben die Krankenwärterstelle 
versicht, dank seiner Gewissenhastigkeit, seines Fleißes 
und regen Interesses eine sehr werthvolle Unter- 
stützung des der Landessprache nicht mächtigen weißen 
Arztes ist und durch geschickte Assistenz denselben 
auch zur BVornahme größerer Operationen an Schwar- 
zen befähigt. 
Als weit segensreicher noch hat sich natürlich das 
Krankenhaus für Europäer erwiesen. 
Von Dingen, welche in praktischer Haniht In- 
teresse verdienen, seien hier nur noch die Impfungen 
angeführt, welche ich im Laufe des vergangenen 
Monats mit Lymphe, welche aus der Berliner Lymphe= 
erzeugungsanstalt an das Kaiserliche Gonvernement 
hierselbst eingesandt war, an 310 Personen, sast aus- 
schließlich Gouvernementsangestellten, Polizeisoldaten, 
  
Dahomeyweibern und Arbeitern, sowie an einer grö- 
ßeren Anzahl von Schulkindern, und zwar mit einem 
sehr günstigen Erfolge, vorgenommen habe. 
Was meine wissenschaftlichen Arbeiten anbetrift, 
so erstrecken sich dieselben auf klinische Untersuchungen, 
entsprechend der überwiegenden Wichtigkeit des Gegen- 
standes, sowie auf die Fülle des Beobachtungsmate- 
rials, hauptsächlich auf ein eingehendes Studium der 
tropischen Malariafieber,. Hierbei wurde eine ganz 
besondere Aufmerksamkeit der Prophylaxe und The- 
rapie der schweren mit kontinuirlichem Fieber ver- 
laufenden Krankheitsfälle zugewendet, gegen welche 
sich das Chinin fast völlig wirkungslos erweist. Es 
wurde eine Reihe von vergleichenden Versuchen mit 
Phenokoll, Methylenblau sowie einer von den Ein- 
geborenen vielfach, und angeblich mit großem Erfolg 
angewandten, aus Pflanzensaft hergestellten und Ejege 
genannten Medizin angestellt deren Herstellungs- 
und Anwendungsweise mir auf Vermittelung des 
schwarzen Heildieners Anju hin durch einen der Heil- 
künstler des Belldorfes anvertraut war. Ueberhaupt 
habe ich es mir angelegen sein lassen, einen Einblick 
in die Medizin der Duallas zu gewinnen, was nicht 
ganz leicht ist wegen der Aeugstlichkeit, mit welcher 
sie fast ausschließlich aus pekuniären Gründen ihre 
Gehcimmisse auf diesem Gebiete bewahren. In ethno- 
logischer Hinsicht ist das Ergebniß ein in manchem 
Punkte interessantes, während in praktischer Hinsicht 
eine, Bereicherung unseres Arzneischatzes durch das 
Studium der von den Negern größtentheils aus 
Pflanzensäften gewonnenen 4 Heilmittel kaum er- 
wartet werden darf. 
Die mikrofkopischen und bakteriologischen Arbeiten 
haben, vielsältig unterbrochen durch die zahlreichen 
Aniorderungen an die ärzlliche Thätigleit, ihren Fort- 
gang genommen und manches im Einzelnen interessante 
Ergebniß gebracht, über das erst später in zusammen- 
hängender Weise wird berichtet werden können. 
  
Sum Anuban euvopäischer Gemüse in Togo und Ramerun. 
Einem Berichte des stellvertretenden Kaiserlichen 
Kommissars für Togo vom 13. Juli d. Is. über die 
Fruchtbarkeit der dortigen Gegend entnehmen wir 
Folgendes: 
Der Gemüsebau hier in Sebbe unter der sach- 
kundigen Leitung des Kunstgärtners Woeckel, dessen 
Thätigkeit als Gärtner doch nur Nebenbeschäftigeg 
ist, hat ein überraschend günstiges Resultat ergeben. 
Die schon früher vorhandenen Gemüsesorten, wie 
Nadieschen, Retlig, Kohl, Kresse, Bohnen, Kohlrabi, 
Gurken, Petersilie, Dill, Erbsen, Salat (Endivien- 
und Kopf-) werden jeßt in solcher Menge geerntet, 
daß nicht nur die Beamten des Kommissariats, son- 
dern auch noch die Faktoreien in Klein-Popo ab- 
wechselnd hinreichend für den täglichen Gebrauch er- 
halten können.
	        
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