Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Beilage zu Ar. 20 des „Deutschen Kolonialblattes“, IV. Jahrgang. 
Berlin, den 15. Oltober 1893. 
Bericht 
über den 
Zustand und die Entwickelung des Schutzgebietes von Kamerun während 
des Zeitraums vom 1. August 1692 bis 31. Juli 1893. 
I. Bevölkerung. 
Im Schutzgebiete von Kamerun waren am 31. Juli 
1893 215 Europäer, darunter 24 weibliche, ansässig, 
und zwar: 
145 Deutsche, 
33 Engländer, 
18 Schweden, 
10 Amerikaner, 
5 Schweizer, 
2 Russen, 
1 Oesterreicher und 
1 ohne Staatsange- 
hörigkeit. 
Von diesen waren: 
38 Regierungsbeamte, 
99 Kaufleute, 
31 Missionare, 
9 Pflanzer, 
1 Seemann, 
4 Zimmerleute, 
3 Maschinisten, 
2 Arbeiter, 
1 Schlosser, 
1 Ingenicur, 
1 Sammler. 
Die übrigen Kinder und Frauen (unter Leßteren 
2 Pflegeschwestern, 2 Lehrerinnen, 6 Klosterfrauen). 
Der Zugang der Weißen in der Zeit vom 
1. August 1892 bis Ende Juli 1893 betrug 64, 
davon durch Geburten 1; der Abgang 41, davon 
durch Sterbefälle 19; so daß sich gegen das Vorjahr 
ein Mehr von 23 Weißen ergab. Von Ehe- 
schließungen war 1 Fall zu verzeichnen. 
Statistische Angaben über die Eingeborenen können 
nicht gemacht werden, da eine Volkszählung sich noch 
immer nicht ermöglichen läßt. Selbst die Schätzungen 
über die Zahl des zu beiden Seiten des Kamerun- 
flusses (Rio des Camaröes, Fluß der Krebse) wohn- 
haften Duallastammes, in dessen Gebiele der Sitz des 
Gouvernements sich befindet, schwanken, indem Einige 
die Kopfzahl der Duallas auf 10 000, Andere auf 
30 000 und noch Andere — und diese werden Recht 
haben — auf 20 000 angeben. 
Auch über die Bevölkerungsdichtigkeit fehlt jeg- 
liche Statistik. Im Allgemeinen ist die Beobachtung 
gemacht worden, daß die Mündungsgebiete der Ströme 
bevölkerter sind als die Hinterländer. Diese Er- 
scheinung findet ihre Erklärung in den seit Alters 
von den Völkerschaften Innerafrikas gemachten Vor- 
  
  
stößen, welchen das Meer einen Damm entgegengesetzt 
hat. Infolge dieser noch nicht zum Abschluß gekom- 
menen Völkerwanderung soll auch der zu den Ban- 
tunegern gehörige Stamm der Duallas aus dem 
Innern vom Süden her allmählich zur Küste vor- 
gedrungen sein und die daselbst vorgefundene Bassa- 
bevölkerung in ihre jehigen Wohnsitze zurückgedrängt 
haben. 
Die ziemlich großen Dualladörfer, welche sich 
oberhalb des Doktorkreeks zunächst auf dem Steil- 
rande des linken Users und sodann auf beiden Ufern 
des Kamerunflusses in einer nach Nordost verlaufen- 
den Linie etwa 10 Kilometer weit hinziehen und 
durch liese Einschnitte kleiner Bäche im Festlande 
sowie durch Zäune, Hecken und dergleichen von- 
einander abgrenzen, verschwinden fast mit ihren 
braunen Giebelhütten in dem Buschwerk und den 
Hainen der verschiedenartigsten Palmen hinter den auf 
beiden Seiten des Flußufers von den Europäern 
errichteten villenartigen Gebänden. 
Gleichwohl lassen die Bauart, die Einrichtung 
und innere Ausstattung der Duallahäuser ebenso wie 
die Kleidung und die Lebensweise ihrer Bewohner 
auf einen für Negervölker bedeutenden Wohlstand 
schließen, dessen Quelle der von den Duallas schwung- 
haft betriebene Zwischenhandel bildet, welcher ihnen 
100 Prozent Reingewinn und mehr abwirft. Aller- 
dings ist es gelungen, den Zwischenhandel der Duallas, 
namentlich auf den in das Kamerunbecken mündenden 
Flüssen, zum großen Theile lahm zu legen, indem 
seit Errichtung des Gouvernements mit allen Kräften 
dahin gestrebt wurde, dem Prinzipe der Handels- 
freiheit im Schutzgebiete Geltung zu verschaffen. 
Allein die Duallas haben es verstanden, von der 
Durchbrechung ihres Handelsmonopols selbst den 
meisten Nutzen zu ziehen, indem sie sich an die Ferse 
des weißen Kaufmanns hefteten und diesem, nament- 
lich im Hinterlande des Mungogebietes, sogar vor- 
aneilten. · 
Neben dem Handel ernährt die Duallas der Fisch- 
fang und zum geringen Theile der Ackerbau. Ebenso
	        
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