ihres Herrn emporarbeiten und Vermögen erwerben.
Sklavenmädchen bedienen die freien Frauen und
werden mit Sklaven verheirathet. Der Sklave steht
im Eigenthum seines Herrn. Das Recht der Tödtung
sieht dem Herrn gegen seinen Sklaven seit Errichtung
der deulschen Schusherrschaft nicht mehr zu. Aber
auch vordem wurde von demselben aus Furcht vor
der öffentlichen Meinung und der Nachsucht der
anderen Sklaven so gut wie gar kein Gebrauch ge-
macht. Während früher der Sklave gegen seinen
Herrn nicht klagbar werden konnte und dem Letteren
gegenüber somit schutzlos war, kann jetzt vor dem
Gorwernementsgericht jeder erwachsene Mensch als
Kläger auftreten. Das eigene Interesse des Herrn
erfordert, daß er den Sklaven gut behandelt und in
Krankheitsfällen pflegt, da durch den Tod oder die
Arbeitsunfähigkeit des Sklaven das Vermögen des
Herrn eine Einbuße erleidet. Auch wird der Sllave
mit Frauen seitens des Herrn versorgt, schon weil
diesem der werthvolle weibliche Nachwuchs des
Ersteren zufällt. Für straffällige Handlungen des
Sklaven hat der Herr einzustehen, falls der Schul-
dige nicht im Stande ist, die geforderte Sühne zu
leisten.
Die Aufhebung des seit Jahrhunderten hier be-
stehenden Instituts der Sklaverei kann nur allmäh-
lich geschehen und wird dadurch vorbereitet, daß die
Regierung alle Eingeborenen als unter gleichem Recht
stehend behandelt und hierdurch dem Sklaven seine
Menschenwürde zum Bewußtsein bringt.
Ein Aussluß des Instituts der Sklaverei ist die
Abneigung des Eingeborenen gegen körperliche Arbeit,
welche derselbe eines freien Mannes für unwürdig
erachtet. Daher die allgemeine Klage über den
Mangel an Arbeileträsten, welcher auf den Unler-
nehmungsgeist namentlich bezüglich des viele Arbeits-
kräste ersordernden Plantagenbaues so lähmend
wirkt. Die Regierung, welche es sich zur Aufgabe
gestellt hat, diesem Uebelstand durch Erziehung der
Eingeborenen zur Arbeit abzuhelsen, hat im Berichts-
jahre etwa 800 Eingeborene aus allen Theilen des
bisher erschlossenen Schutzgebietes auf die Dauer von
6 bis 12 Monaten als Lohnarbeiter angeworben.
Von diesen Arbeitern, welche sich aus Dualla-, Bak-
wiri-, Malimba-, Bakoko-, Bapuko-, Banoko-Wori-,
Abo-, Mabea= und Jaunde-Leuten zusammensetzen,
sind 160 der Kamerm-Land= und Plautagen-Ge-
sellschaft am Kriegsschissshafen zugeführt worden.
Allerdings ist die Arbeit dieser Eingeborenen der
Arbeit der in das Schutzgebiet zu Arbeitszwecken
eingeführten Kru-, Accra-, Wei-, Sierra Leonc= und
Gabunleute, welche seit Langem an körper-
liche Arbeit gewöhnt sind, noch nicht gleich-
werthig. Auch ist die Arbeiterfrage, solange
noch keine Faktorei, keine Pflanzung, keine
Negierungsstation ohne einen Stamm fremder Arbeiter
bestehen kann, nicht als gelöst zu betrachten. Immer-
hin berechtigen aber die umfangreichen Arbeiter-
anwerbungen des Berichtsjahres zu der Hoffumg,
17 —
daß auch in unserem Schutzgebiete die Arbeiterfrage
mit Ruhe und Geduld einer glücklichen Lösung ent-
gegengeführt werden wird, zumal die meist intelli-
genten und kräftigen Einwohner der Kolonie für die
Arbeit gut gqualifizirt zu erachten sind. Dann wird
auch die große Summe Geldes, welche die fremden
Arbeiter jährlich mit sich in die Heimath nehmen,
dem Schutgebiete erhalten bleiben und zu Gute
kommen.
XI. Allgemeine Uebersicht über die Ent-
wickelung,
welche das Schutzgebiet von Kamerun in der Zeit
vom 1. August 1892 bis 31. Juli 1893 genommen hat.
Vom I. August vorigen bis 27. Juni d. Is. stand
an der Spiße des Schutgebietes der Gouverneur
Zimmerer, welcher seit dem 28. Juni d. Is. beur-
laubt und durch den Kanzler Leist vertreten ist.
Erfreulicherweise ist ein Fortschritt in der Ent-
wickelung der Kolonic zu verzeichnen. Die Zahl der
Weißen hat sich vermehrt, eine neue deutsche Firma
(Küderling & Co.) ist etablirt worden, und die
alten Firmen sind in der Unterbindung des Zwischen-
handels der Eingeborenen durch Errichtung von
Zweigfaktoreien an den Wasserstraßen fortgesahren.
Die Regierung hat ihren Einfluß von der Küste und
den Flußusern auf die Binnenstämme der Bassa-,
Longasi= und Bomonobevölkerung auf dem Wege
des friedlichen Palavers in den bezüglichen Land-
strichen ausgedehnt. Im Hinterlande von Nord-
Kamerun ist die Regierungsstation Batum zum
Schutze des Waldlandes gegen die Uebergrisse der
Graslandstämme gegründet, im Hinterlande von Süd-
Kamerun ist zum Schutze der bestehenden Station
Jaunde und des zwischen dieser Station und der
Küste sich bewegenden Karawanenhandels die Er-
richtung eines militärischen Postens in Lolodorf in
der Entstehung begriffen. Der an den Fällen des
Sannaga gelegenen Regierungsstation Edea ist infolge
der Zunahme des Handels dieser Wasserstraße ein
bezirksamtsähnlicher Charakter beigelegt worden.
Die Hoffnung auf die wirthschaftliche Rentabilität
des Schutzgebietes ist gesteigert, seitdem durch die
erfolgreichen Versuche auf der Regierungsplantage
des erweiterten botanischen Gartens die Ertrags-
sähigkeit des Bodens der Gebirgslandschaften außer
Zweifel gestellt ist. Die Lösung von 15 Erlaubniß-
scheinen zum Schürfen auf Edelmetalle zeigt, daß
der Unternehmungsgeist sich auch der Aussuchung
von mineralischen Bodenschätzen zugewandt hat. Die
Grundbesitzverhältnisse sind durch Einrichtung dreier
Grundbücher in geordnete Bahnen geleitet, und die
Arbeiterfrage ist durch Anwerbung freier Einge-
borener zu längerem Dienste ihrer glücklichen Lösung
näher geführt worden. Die Kreditverhältnisse des
Schutzgebietes haben seit erfolgter Tilgung der
Mehrzahl der europäischen Trustforderungen durch
die Eingeborenen eine wesentliche Besserung erfahrer