und da auch ich es für günstiger hielt, die Wirkung
des ersten Feuers von unserer Seite auf dichtere
Massen abzugeben, möglichst überwältigend zu machen
und dann, den ersten Schreck benutzend, durch einen
Auzfall den Feind nachhaltig zu wersen und in die
Flucht zu schlagen, so ging ich auf dasselbe ein.
Der Sprecher forderte mich auf, mit meinen Leuten
das Dorf zu verlassen, da Kitimkurn nicht
mit uns, sondern mit den Warungu Krieg führe.
Ich schlug dies ab und machte die Wawemba
auf die Tragweile des ersten Gefechtes, dem
sie sich mit Europäern aussetzten, aufmerksam.
Während der Sprecher schlauerweise sehr ruhig und
maßvoll blieb, wurden viele Krieger ungeduldig,
kamen bis auf 20 Schritt an die Voma und be-
schimpften durch Worte und Geberden uns Europäer.
Als ich sah, daß die Feinde hinter den die Higel
besetzt haltenden Kriegern eine Anzahl gefangener
Weiber und Kinder wie zum Kugelfang aufgestellt
hatten, und die große Masse der Speerkämpfer eben
zum Anlauf heranziehen wollte, sezte ich eine Gra-
nate in einen dichten Hausen anscheinend von
Führern oder Häuptlingen, zum Zeichen, daß meine
Leute — 60 Soldaten, 20 Irreguläre und etwa
30 Eingeborene des Dorfes — auf das vorher ge-
wählte Ziel Feuer geben sollten. Der Erfolg war
ein überraschend großer — Viele brachen zusammen,
Viele stürzten verwundet, die ganze vordere Linie
mit sich reißend, nach rückwärts auf die zum Sturm
bestimmte Masse. Es entstand eine wilde Unord-
nung, die die Wirkung des Maximgeschüßes und
der Gewehre außerordentlich erhöhte. Während der
Feind sich zu ordnen suchte und, von der Masse
aufgehalten, zum Stehen gekommen war, ließ ich
Dr. Bumiller mit zwei Zügen zum Ausfall, der
bis auf eine Entsernung von 20 Schritt gedeckt ge-
schehen konnte, so vorgehen, daß das Feuer von der
Pallisade nicht maskirt wurde. Die Ausfallab-
theilung eröffnele sosort lebhaftes Feuer auf die noch
nicht völlig geordnete Masse des Feindes und drang
dann mit Hurrah, unterstützt durch das Feuer aus
dem Dorfe, vor. Die Wawemba wandten sich rück-
wärts, und es entstand eine regellose Flucht ums
Leben, immer dicht verfolgt von dem nachdrängenden
Ausfallkorps. Die gesangenen Männer, Weiber und
Kinder benutzten die wilde Verwirrung, um auf uns
zu ins Dorf zu slüchten oder, sich im hohen Grase
verbergend, ihren Räubern zu entziehen. Alles ge-
raubte Gut, was die flüchtigen Krieger am Laufen
hindern konnte, wurde weggeworsen, und so groß
war die Panik, daß die Wawemba, die ganze Nacht
hindurch marschirend und den nächsten Tag, nicht
eher Halt machten, bis sie ihre südlich der Stevenson
Road gelegene Grenze, vier gewöhnliche Tagereisen
entfernt vom Platze ihrer Niederlage, erreichten.
Viele Verwundete erlagen unterwegs der Anstren-
gung einer solchen Flucht; manche Säumige und
der Rest der gemachten Sklaven fiel den Warungu,
die nach dem Gefecht von allen Seiten zu mir her-
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beistürmten, und die ich ihren Todfeinden auf die
Fersen hetzte, in die Hände. Die befreiten Sklaven,
meist Weiber und Kinder, zusammen etwa Hundert,
entließ ich am folgenden Tage in ihre Dörfer.
Da unter diesen Umständen die französische
Mission außer Gefahr war, gab ich den Marsch
dahin auf und wandte mich direkt nach Kitutu, der
englischen Station am Südende des Tanganyika, wo#
ich nach einem sehr beschwerlichen Marsch über end-
loses Felsgerölle am User des Tanganyika entlang am
12. d. Mts. eintraf; leider war die Post, welche
ich hierher bestellt hatte, noch nicht eingetroffen.
Wenn auch der rücksichtslosen Raublust der
Wawembas durch diese gänzliche Niederlage, die
in ihrer Ausdehnung und Tragweite in der Ge-
schichte der Kämpfe in Afrika zur Unterdrückung des
Sklavenhandels vielleicht einzig dasteht, für die
nächsten Jahre ein Ziel gesetzt sein mag, so
ist damit die ganze Frage doch nicht als erledigt
zu betrachten. Es sind vielmehr nachhaltige Sicher-
heitsmaßnahmen dringend geboten, wenn nicht das
ganze deutsche Gebiet zwischen dem Rickva und
Tanganyika, ja sogar bis zum Nyassa, ein Gebiet,
welches, wie man aus früheren Reiseberichten ersehen
kann, durch seine zahlreiche Bevölkerung mit weit
vorgeschrittener Kultur sowohl in industrieller wie
wirkhschaftlicher Beziehung gerade zu den werthvollsten
Theilen unseres deutsch-ostafrikanischen Besitzes ge-
rechnet werden kann, allmählich entvölkert, schließlich
zur wildesten Einöde verwandelt werden soll. Be-
reils zur Zeit meiner Durchreise im Jahre 1887
mußte ich die Greuel und Verheerungen, welche
damals die ranbenden Wawemba im ganzen Lande
angerichtet halten, beobachten, und darf ich auf
meine diesbezüglichen eingehenden Berichte in meiner
„zweiten Durchquerung Afrikas“ verweisen.
Matumbi, das Dinterland von Samanga und die Land-
schaft Moboro.
Einem Berichte des Bezirksamtmanns in Kilwa,
Frhrn. v. Eberstein, über eine von ihm nach dieser
Gegend in Begleitung des landwirthschaftlichen
Agenten beim Gonvernement, John Schroeder, im
August d. Is. uniernommene Inspektionsreise ent-
nehmen wir Folgendes:
Am 20. August früh brachen wir von hier auf
mit 6 Polizeisoldalen, 13 Trägern und den beiden
hiesigen Akidas der Mrimabevölkerung, Makran bin
Schande und Abdallah bin Omar, die ich zur besseren
Anknüpfung und Erleichterung der Verhandlungen
mit den Wangindo und Wamatumbi mitgenommen
hatte. Nach 1 bVeberonng über den Mgingera-Fluß
entfernten wir uns in nordwestlicher Richtung von
der Küste und erreichten über Furu, Mtejia und
Mahonga gegen 6 Uhr abends nach 10½ stündigem
Marsch Mingumbi. Mingumbi liegt in Ma-
tumbi auf beiden Ufern des Homanga-Baches und