Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Menge sandte Premierlieutenant Häring, welcher 
mit den Soldaten die Quene deckte, eine Salve über 
die Köpfe, um ihnen den Ernst der Sitnation klar 
zu machen. Nach viertelstündigem Marsch durch dichten 
Busch waren wir etwa 50 Meter von der Befestigung 
entsernt. Im selben Moment empfing uns ein 
Hagel von Pfeilen und Schüssen, und wurde mein 
neben mir gehender Dolmetscher Musa durch einen 
Gewehrschuß zweimal am Bein verwundet. Gleich- 
zeitig erschallte das Kriegsgeheul der Mandiongolos, 
welche uns für Tibatis hielten. Nach langem ver- 
geblichen Rusen kam endlich ein Mann, welcher 
Haussa verstand, auf den Wall, doch war es eine 
hochpeinliche Situation. Vorne die mißtrauischen 
Mandiongolos jederzeit bereit, die schleppenden Ver- 
handlungen wieder abzubrechen, hinter uns bereits 
Tibakilenute, welche nur durch unsere auf sie gerichteten 
Gewehrläufe in respektvoller Entfernung gehalten 
wurden. Die ganze Expedition auf kaum 100 Meter 
breitem Naum zusammengepfercht, ein Theil der Leute 
schon bereit, die Lasten wegzuwerfen. Ein unvorsichtig 
abgeseuerter Schuß konnte Alles verderben. 
Indessen verlegte sich auch der Tibati-King auf 
Unterhandlungen, um uns wieder in seine Gewalt 
zu bekommen. Er sandte drei Chiefs, mit welchen 
ich stels freundschaftlich verkehrt hatte, ferner einen 
Elfenbeinzahn und viel Essen für meine Leute und 
ließ mich bei Allah beschwören, doch wieder zurück- 
zukommen, er wolle alle meine Wünsche ersüllen. 
Ich zog hier die Unterhandlungen hin, bis wir mit 
den Mandiongolos im Reinen waren. Nach zwei 
langen Stunden sandte der König derselben einen 
Führer, welcher uns einen Lagerplatz anweisen sollte. 
Wir marschirten nun 1½ Stunden an der Befestigung 
emlang und bezogen neben derselben an schönem, 
schatligem Platze Lager. " 
Zugleich sandte der König so viel Essen, daß es 
den Leuten nicht möglich war, es in einem Tage 
aufzuessen, und ließ mir sagen, er werde mich mit 
Freuden empfangen. Ngambe ist die interessanteste 
Stadt, welche ich auf meiner ganzen Reise betreten 
habe. Um die ganze Stadt im Umkreis von etwa 
20 Kilomeker läuft ein Graben. Derselbe ist oben 
etwa 5 Meter breit, ebenso tief, die Grabensohle 
elwa ½ Meter breit. Dahinter auf einer Brust- 
wehr ein Holzzaun, alle 50 bis 100 Meter ein 
kaponnierenartiger Vorsprung mit starken Pallisaden 
und Schießscharten. An der Befesligung wurde 
acht Jahre gearbeitet. Dieselbe halte früher nur 
den halben Umfang, doch haben sich mit der Zeit 
alle Bewohner hinter dieselbe zurückgezogen. Die 
runden, mit spißzen Dächern versehenen Lehmhäuser 
liegen zerstreut; jeder noch so kleine Naum ist zu 
Aupflanzungen benutzt, soweit das Auge reicht, steht 
Korn, außerdem sind auch am ganzen Glacis, mit 
Ausnahme der Strecke, welche direkt gegen Sauserni 
liegt, Korn und Grundnüsse angepflanzt. Das ganze 
Volk macht einen durchaus freundlichen energischen 
Eindruck, die Männer sind zum größten Theil nach 
  
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Haussa-Art gekleidet. Der König empfing mich auf 
einem sehr sauber gehaltenen Platze, mit großen 
viereckigen Häusern. Er war sehr erfreut, den ersten 
Weißen bei sich zu sehen, und versprach mir Führer 
zum Mbam zu geben. Nicht die geringste Erwähnung 
seinerseits erfolgte, daß ich ihm nun gegen die 
Tibatis helfen oder wenigstens Gewehre schenlen 
möchte, und so sehr mich auch mein soldatisches 
Gefühl trieb, die angethane Schmach zu rächen, 
mußte ich doch diesen Wunsch dem höheren Zwecke 
unterordnen. Er bat mich nur, wiederzukommen und 
vielleicht dann ihn zu unterstützen; ein Segen für 
die Civilisation und Kultur wäre es allerdings, wenn 
jener Schandfleck unseres Schutzgebietes ausgelöscht 
und ein fleißiges kulturfähiges Volk aus seiner Um- 
klammerung befreit würde. 
Am 29. Mai verließ ich, nachdem sich die Speise- 
sendungen seitens des Königs noch öfter wiederholt 
hatten, die Mandiongolos. Der Marsch ging in 
nordwestlicher Nichtung durch hügeliges Bergland 
und ich erreichte am 30. mittags den Mbam. Am 
nächsten Tage empfingen uns Abgesandte des Königs 
von Mbamkin, um uns zu begrüßen und in die Stadt 
zu führen. 
Das Land, welches ich nun passirte, von den 
Mandiongolos bis on den Fuß der Banyoberge, 
ist das wirkliche Tikar. Es erstreckt sich außerdem 
vom Gebirge noch ungefähr vier Tagercisen nach 
Nordosten und soll an die Banyangs grenzen. Unser 
Zug durch diese herrliche Landschaft war ein wahrer 
Triumphzug und eine herrliche Entschädigung für die 
Leidenstage in Sanserni. Man durfte es den Leuten 
glauben, wenn sie uns ihre Freude versicherten, den 
ersten Weißen bei sich zu sehen. Tikar ist eine 
reiche schöne Landschaft, überall in den Orten die 
Oelpalme und bedeutender Auban von Korn und 
Durrha, am Wege viele Farmen. Allc Städte 
sind mit Wall und Graben umgeben. Mbamkin 
dürfte 10 bis 12 Kilometer im Umtkkreise haben, 
ebenso Bandem, welches wir dann besuchten und wo wir 
ebenfalls vorzüglich aufgenommen waren. Hier fand 
ich bereits die Oelbereitung im Großen vor. Troß-= 
dem klar war, daß man uns nicht den näshsten 
Weg nach Banyo führte, machte ich keinen Ein- 
wand und verweilte gerne überall länger, um mit 
diesen Bewohnern unseres nächsten Hinterlandes 
ein gules Einvernehmen herzustellen. Der Tibati- 
König hatie die unglaubliche Dreistigkeit, mir nach 
Bandem Boten nachzusenden, um mich zur Rücklehr 
zu bewegen, bezw. die Kings zu bitten, mich nicht 
passiren zu lassen. 
Ich besuchte ferner die kleinen befestigten Städte 
Adn und Kungi und zuletzt Mahalba, am Fuße des 
Gebirges liegend, den letzten Tikarort (das ganze 
ossene Dorf ist von Elfenbeinjägern und Haussa- 
händlern bewohnt, es soll der größte Elfenbeinplaß 
von ganz Tikar sein; der Chief nennt sich Seriki 
Nhauri, d. i. Elsenbeinkönig.) Der Chief wie alle 
Tikar-Könige, welche ich besuchte, baten mich, ihnen
	        
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