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Die wissenschaftliche Kilimandjarostation, wie sie
sich jetzt auf einer Anhöhe mit freiem Blick zur
Ebene wie zu den beiden Schneegipfeln erhebt, um-
saßt zunächst ein Haupt= und zwei Nebengebäude.
Alle drei sind aus Lehm und Steinen errichtete Fach-
werkbauten und tragen doppelte, mit trockenen Bananen-
blättern gedeckte Giebeldächer. Das Hauptgebäude,
17 Meter lang, 5 ½ Meter breit und 7 Meter hoch,
wendet seine mit einer 3 Meter breiten Veranda ver-
sehene Front der Ebene zu. Von den drei hier
vorhandenen Thüren führt die mittlere in einen ge-
meinsamen, seitlich von je einem Wohnzimmer be-
grenzten Ehbraum, während dle den Flanken genäherten
einem dritten Wohnzimmer bezw. einer Vorraths-
kammer zum Eingang dienen. In den beiden Neben-
gebäuden sind Schlafräume für die Boys und eine
Werkstatt resp. Küche und Hühnerstall untergebracht.
Zur Station gehören sodann verschiedene kleinere
Wohnstätten für die Arbeiter und Träger sowie ein
Garten. Erstere stellen einen im Viereck von einem
Stacheldrahtzaun umgebenen Hüttenkomplex dar, der
nach Süden, abwärtls und so gelegen ist, daß er vom
Hauptgebäude aus dem Auge entzogen wird. Der
Garten bedeckt den Fuß des östlichen Hügelabfalls
und ist in seinem bepflanzten Theile 900 Quadrat-
meter groß. Erträge haben bereits geliefert Erbsen,
Bohnen, Kohlrüben, Rettiche, Salat, Petersilie, von
Mohrrüben, Blumenkohl, Melonen, Tomaten und
vor Allem europäischen Kartoffeln, die von dem fran-
zösischen Missionar in Kilema in dankenswerther
Weise zur Verfügung gestellt wurden, stehen solche
in naher Aussicht.
Für Haus und Garten gleich nothwendig war
die Herrichtung einer Wasserleitung. Aus einem
oberwärts im Nordosten gelegenen Bachbett schöpfend,
wurde ein Kanal am östlichen Hange des Stations-
hügels entlang bis in die Nähe der Trägerhütten
geführt. Es ist Vorsorge getrossen, daß auch wäh-
rend der Trockenzeit das Wasser in ihm ständig in
Fluß bleibt. Weitere Arbeit erforderte die Anlage
von Wegen. Eine breite, ebene Straße, in einem
Theile von unseren Leuten, in der Fortsetzung von
Soldaten gebaut, verbindet jetzt die wissenschaftliche
mit der Militärstation. Eine zweite geht zum Unna-
fluß hinab, eine dritte wird gegen den Urwald hin
aufwärts geführt.
Am Fuße des Kifinika Mulbaus ist ferner in
2800 Meter Höhe eine feste Hütte erbaut. Eine
weitere, kleinere ist für 800 bis 1000 Meter höher
beabsichtigt.
Bedauerlich war es, daß bei all diesen Obliegen=
heiten die werkthätige Unterstützung des Herrn Forst-
assessors Wiener entbehrt werden mußte. Bereits
auf der Herreise erkrankt, sah er sich gezwungen,
Anfang Juli zur Küste zurückzukehren.
Wenn auch die Erbauung der Station und ihre
innere Einrichtung die Hauptthätigkeit vom April
bis zum August in Anspruch nahm, so ließen die
beiden Forscher doch auch schon während dieser Mo-
nate ihre wissenschaftlichen Aufgaben nicht außer
Augen. Seitdem sind dieselben nach Kräften weiter
gefördert worden. Ausführliche Berichte hierüber
werden im nächsten Heft der „Mittheilungen“ zur
Veröffentlichung gelangen. Was erreicht ist in dieser
Richtung, besteht wesentlich in Folgendem:
1. Es sind ununterbrochen vom 6. April bis jetzt
die meteorologischen Verhältnisse Marangus
durch täglich dreimalige Ablesungen mit Bezug
auf Luftdruck, Temperatur, relative Feuchtigkeit,
Regenhöhe u. s. w. nach strengeren wissenschaft-
lichen Anforderungen fest= und in tabellarischer
wie graphischer Darstellung niedergelegt.
2. Es sind von über 50 Punkten der Landschaften
Marangu, Mamba, Muika, Rombo, Kilema,
Moschi und der vorgelagerten Ebenc mit Hülfe
des Meßtisches Rundsichten gewonnen und mit
Benutzung der Resultate zahlreicher Höhen-
messungen bereits theilweise zu Kartenflizzen
verwerthet, in denen auch der geologische Auf-
bau des begangenen Gebletes seinen Ausdruck
findet.
3. Es ist die Vegetation Marangus in ihren
Hauptzügen erkundet und zwar sowohl was das
Vorlommen als die Vertheilung der Arten zu
natürlichen und künstlichen Formationen angeht.
Ueber 1000 verschiedene, zumeist nach Schwein-
furthscher Methode in Spiritus konservirte
Spezies, gegen 100 Proben von Hölzern,
Früchten, Sämereien sind bereits an das bota-
nische Museum in Berlin abgegangen und können
als Zeugniß für diese Seite der wissenschaftlichen
Thätigkeit dienen.
Herr Dr. Volkens hat ferner eine Expedition
in das weiter südlich gelegene Uquenogebirge unter-
nommen und bezeichnet dieses Gebiet als einen äußerst
gesegneten Landstrich; er fand dort nicht nur alle
Kulturgewächse der Djaggastaaten vor, sondern da-
neben auch in üppigster Fülle die der Küste. Aus-
gedehnte Zuckerrohrfelder zeugen von einem nie ver-
siegenden Wasserreichthum. Wenn auch die wilde
Vegetation dies nicht verräth, glaubt Dr. Volkens
doch, daß hler, genau wie in Usambara, die Verhält-
nisse bei Weitem günstiger sind als am Kilimandiaro.
Einem Berichte des Raiserlichen Rommissars
Masors v. Wissmann,
von Station Langenburg den 5. September d. Is.
datirt und an die Ausführungskommission der deut-
schen Ankisklaverei-Lotterie, entnehmen wir Folgendes:
Der Ausführungskommission habe ich die Ehre
ergebenst zu melden, daß ich, am Tanganylka an-
gekommen, gezwungen war, meiner Expeditionslruppe,
die durch die Gebirgsmärsche sehr mitgenommen war,
einige Ruhe zu gönnen. Da ferner die englische
Station in Kituta sowie die Missionen, die der
Wawembagrenze am nächsten liegen einen Rachezug