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gestellt worden: ein Provianthaus, ein Wohnhaus
für den Kommissariatssekretär, ein Küchengebäude für
die Truppe und ein Wachtlokal.
Im Bau befindet sich zur Zeit ein Gebäude zur
Unterkunft für Offiziere und Mannschaften der
Truppe, ein Wohnhaus für den Regierungsarzt und
ein Gebäude, in dem ein Lazareth unter Leitung des
Arztes eingerichtet werden soll. Es ist mit lebhaftem
Dank anzuerkennen, daß der deutsche Frauenverein
für Krankenpflege in den Kolonien auch diesem Schutz-
gebiete sein Interesse zugewandt hat und zwei Pflege-
schwestern nach Windhoek entsandt hat.
Die Hauptwohnplätze der Europäer sind außer
Windhoek im Norden: Otavi, in Hereroland:
Omaruru und Otyimbingue, im Gebiete der Bastards:
Rehoboth, in Groß-Namaqualand: Bersaba, Keet-
manshoop, Bethanien und Warmbad.
Sieht man von den Regierungs-Angestellten und
Missionaren ab, so sind die übrigen Europäer der
Mehrzahl nach Viehzüchter und Händler, es giebt
außerdem einzelne Handwerker, Ingenieure und Berg-
leute. Der Nationalität nach sind Deutsche (710)
und Engländer (290) am stärksten vertreten.
Infolge der zunehmenden Einwanderung von
Europäern war der Erlaß von Vorschriften über die
Beurkundung des Personenstandes ein dringendes
Bedürfniß geworden. Eine Kaiserliche Verordnung
ist daher unter dem 8. November 1892 erlassen
worden, wonach das Gesetz, betreffend die Che-
schliehung und die Beurkundung des Personenstandes
von Reichsangehörigen im Auslande vom 4. Mai
1870 bezüglich aller Personen, welche nicht Ein-
geborene sind, am 1. Januar d. Is. in Kraft ge-
treten ist.
Einwanderung von Europäern und Buren.
Die Thätigkeit des Syndikats für südwestafrika-
nische Siedelung, dem die erste Ansiedelung von
Deutschen im Schutzgebiete zu verdanken ist, wird
in einem besonderen Abschnitt besprochen werden.
Hier sei nur die Frage im Allgemeinen kurz erörtert,
ob eine Besiedelung des Landes mit Europäern
möglich ist. Es ist bereits dargelegt worden, daß
ausgedehnte Flächen im Schutzgebiete freistehen, auf
denen Viehzucht und nebenbei etwas Ackerbau von
Europäern mit Nutzen betrieben werden kann. Auch
einzelne Handwerker, wie Wagenbauer, Schmiede,
Sattler u. s. w., werden lohnende Beschäftigung im
Lande finden. — Wer als Farmer sich dort nieder-
lassen will, muß arbeitskräftig sein und ein kleines
Anlage= und Betriebskapital zu seiner Verfügung
haben. Das Land ist geeignet, eine beträchtliche
Zahl europäischer Kolonisten aufzunehmen. Dorthin
wird sich in absehbarer Zeit Jahr aus Jahr ein
geeignete deutsche Answanderung richten. Von 42
in diesem Jahre zur Entlassung gekommenen Leuten
der Schutztruppe haben sich nicht weniger als 32
im Schutzgebiet niedergelassen. Auch unter den Süd-
afrikanern und besonders unter den Buren ist starke
Neigung vorhanden, nach unserem Gebiete überzu-
siedeln und dort in den Besitz von Farmen zu ge-
langen. Es ist nicht zu leugnen, daß der Bur ein
guter Pionier in Südafrika ist, der Land und Leute
kennt, und von dem der deutsche Kolonist Manches
lernen kann. Die Verwaltung hat auch keineswegs
die Absicht, den Buren grundsätzlich vom Schutz-
gebiete auszuschließen. Sie will nur dem vorbeugen,
daß die Buren in geschlossenen Gruppen in das
Land ziehen und dort mehr oder weniger felbst-
ständige politische Gemeinwesen gründen. Sie will
ferner keinen Burenproletariat, sondern nur solche Buren
hereinlassen, die ein genügendes Vermögen in baar
oder Viehherden besitzen. Schließlich besteht die Ab-
sicht, gewisse Distrikte für eine ausschließlich deutsche
Besiedelung vorzubehalten. Dem stellvertretenden
Kommissar ist vorläufig die Entscheidung darüber
überlassen worden, ob in einzelnen wenigen Fällen
Buren zuzulassen sind oder nicht.
Grundeigenthumsverhältnisse.
Refervate der einheimischen Stämme.
Wie bereits erwähnt, wird nur ein geringer Theil
des Schutzgebietes von den eingeborenen Stämmen
thatsächlich bewohnt und bewirthschaftet. Trotztem
nehmen sie das Verfügungsrecht über weit ausge-
dehnte Gebiete für sich in Anspruch. Im Interesse
des Schutzgebietes muß die Regierung Bedenken
tragen, die Ansprüche, die von Eingeborenen auf
Grund eines vorübergehenden nomadisirenden Be-
sitzes auf das Eigenthum von Grund und Boden
erhoben werden, allgemein anzuerkennen. Es ist
fraglich, ob der Begriff des Eigenthums als eines
von dem thatfächlichen Verhältnisse des Besitzes ge-
forderten Verhältnisses bei den Eingeborenen über-
haupt bestanden hat und nicht vielmehr erst durch
die Weißen zu ihnen gebracht worden ist. Die
Eingeborenen sollen daher, so lange sie sich der
deutschen Schutzherrschaft gegenüber treu und ergeben
verhalten, in ihrem thatsächlichen Besitze erhalten
und geschützt werden. Um eine Besiedelung der von
ihnen nicht benutzten Ländereien mit Europäern zu
ermöglichen und um zugleich den fortwährenden
Grenzstreitigkeiten ein Ende zu bereiten, ist es er-
forderlich, die Grenzen der Stammesgebiete genau
festzustellen und diese Strecken den Eingeborenen als
sogenannte Reservate zuzuweisen. Jedenfalls ist
dafür zu sorgen, daß die den Stämmen vorzu-
behaltenden Lanrstriche zu ihrem Lebensunterhalte
ausreichend sind und so ausgewählt werden, daß die
Wirksamkeit der Missionsstationen keine Beeinträchti-
gung erleidet. Eine Verständigung mit den Häupt-
lingen wird in den meisten Fällen um so leichter
zu erzielen sein, als denselben für die von ihnen zu
leistenden öffentlichen Dienste aus den künftigen
Landeseinnahmen eine entsprechende Vergütung ge-
währt werden könnte. Die im Interesse der Ein-
geborenen erlassene Vorschrift, wonach Grund und
Boden ohne Genehmigung der Verwaltung von