Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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eine Wollschaf= und Angoraziegenzucht im Schutz- 
gebiete möglich ist und mit Nutzen betrieben werden 
kann, zumal wenn eine bessere Verbindung mit 
Deutschland sowie zwischen dem Innern und der Küste 
hergestellt worden ist. Den aus der Kapkolonie ein- 
geführten Merinoschafen und Angoraziegen fagen das 
Klima und das Weidefeld in Groß-Namagqualand zu. 
Den Thieren im zarten Alter sind im Allgemeinen 
die in Kubub, das 1570 m über Meeresspiegel liegt, 
vorkommenden Winterregen mit niedriger Temperatur 
nicht sehr zuträglich, die Lämmer der Wollschafe 
litten aber dank ihrem schützenden Wollkleide am 
allerwenigsten hierunter. Die Herde der Station 
hat sich theils durch natürlichen Zuwachs, theils durch 
Ankauf vermehrt; sie bestand am 1. Januar d. Is. 
aus 2343 Wollschafen, 246 Angoraziegen, 204 
Rindern, 95 Fettschwanzschafen, 70 einheimischen 
Ziegen und 26 Pferden. Vom Schaf wurden durch- 
schnitllich 5½2 Prnd Schweißwelle geschoren, die 
in Kapstadt zu 4 bis 4½ Pence das Pfund ver- 
kauft wurde; ½2 Peuny pro Pfund werden auf die 
Transportkosten gerechnet, so daß sich ein Ertrag 
von 19 bis 22 Pence pro Schaf ergiebt. Bis zum 
1. Oktober 1892 hatte Hermann 6137 Pfund 
Wolle nach Kapsladt verschickt. Die Wolle Groß- 
Namaqualands ist von Verunreinigungen frei, durch 
welche sie in manchen Gegenden Südafrikas sehr 
entwerthet wird. Von welcher Bedeutung dieser 
Vorzug ist, erhellt beispielsweise daraus, daß die 
Farmer gewisser Theile der Kapkolonie die Wollschaf- 
zucht lediglich deshalb aufgegeben haben, weil die 
Wolle durch eine Grasart so verunreinigt wurde, daß 
sie fast werthlos war. 
Kubub, das zunächst nur eine Versuchsstation 
sein sollte, wird 10 000 Stück Schafe ernähren 
können. Hermann hat im Verein mit der Deutschen 
Kolonialgesellichaft für Südwestafrika eine Erweite- 
rung dieses Schäfereiunternehmens geplant und zu 
diesem Zweck das Gebict um Nomtsas, auf dem 
100 000 Stück Schafe gehalten werden können, von 
dem Häuptling in Bethanien gepachtet. 
Die Schutztruppe, die im Besitze einer kleinen 
Herde Wollschafe und Angoraziegen ist, hat im 
Laufe dieses Jahres fünf Ballen Wolle und einen 
Ballen Mohair (Angoraziegenhaar) zur Untersuchung 
nach Deutschland geschickt. Von Sachverständigen 
wurde festgestellt, daß darin Vlieshe von guter Länge 
und Feinheit im Stapel vorkommen. 
Die bessere Qualität der Wolle wurde hier, 
nachdem sie gewaschen war, zu 2,50 Mk. pro Kilo- 
gramm verkauft; Mohair erzielte in England einen 
Preis von 10½ Pence pro englich Pfund. 
Syndikat für die Siedelung in Südwestafrika. 
Im vorigen Jahre hat sich auf Anregung der 
Deutschen Kolonialgesellschaft ein Syndikat gebildet, 
welches den Zweck hat, deutsche Ansiedler nach Süd- 
westafrika zu entsenden und hierdurch den Beweis 
zu erbringen, daß eine Besiedelung des Landes mit 
  
Europäern möglich ist. Die gemeinnützigen Be- 
strebungen des Syndikats sind seitens der Kolonial= 
verwaltung soweit unterstützt worden, als es mit 
Rücksicht auf das allgemeine Interesse des Schutz- 
gebietes und die dort noch nicht völlig gesicherten 
Zustände angängig erschien. Dem Syndikat wurde 
zunächst Klein-Windhoek nebst dem dazu gehörigen 
Weidefelre von der Regierung überwiesen. Als das 
Unternehmen einen erfreulichen Fortgang nahm, 
wurden demselben die Plätze Brakwater, Okapuka, 
Ongeama und Aris vorbehaltlich näher festzusetzender 
Bedingungen zur Verfügung gestellt. Gegen die 
Ueberweisung dieser in wenigen Stunden vom Haupt- 
quartier der Truppe erreichbaren Ortschaften bestanden 
um so weniger Bedenken, als hier den Ansiedlern 
und ihrem Eigenthum Schutz gegen Gewaltthätig- 
keiten der Eingeborenen gewährleistet werden konnte. 
Das Gebiet, das sich durch gute Weide= und Wasser- 
verhältnisse auszeichnet, umfaßt außer 30 Einzel- 
farmen von je 10 000 preußischen Morgen fünf zu 
kleinen Dorfgemeinden sich eignende Wasserstellen mit 
einem etwa 300 000 Morgen großen Weidefelde, das 
für 50 Ansiedlerfamilien Raum bietet und zur Unter- 
haltung von 20 000 Rindern und 100 000 Stück 
Kleinvieh ausreichend ist. Das Syndikat hat bisher 
viermal eine durch die Bemühung der Deutschen 
Kolonialgesellschaft geschaffene direkte Schiffsverbin- 
dung beuntzt, um Ansiedler aus Deutschland nach 
dem Schutzgebiete überzuführen. 25 selbständige An- 
siedler, darunter 11 Familien, im Ganzen 55 Per- 
sonen, sind mit dieser Gelegenheit nach dem Schutz- 
gebiete befördert worden, um auf den Ländereien des 
Syndikats angesiedelt zu werden. Die Verwaltung 
des Schutzgebietes ist den Ansiedlern bei ihrer ersten 
Einrichtung nach Kräften behülflich gewesen. Es 
wurde ihnen Gelegenheit geboten, möglichst schnell 
und sicher nach Windhoek zu gelangen und sich hier 
mit dem zum Beginn ihrer Wirthschaft nöthigen 
Muttervieh zu versehen. Außerdem haben sich 
5 Deutsche aus Südafrika und 18 zur Entlassung 
gekommene Leute der Schutztruppe im Gebiete des 
Syndikats niedergelassen. 
Die Besiedelung ist in der Weise erfolgt, daß 
entweder Ansiedlergemeinden mit kleinen Heimstätten 
und genügend großer Gemeindeweide gebildet oder 
größere Farmen an Einzelansiedler überwiesen wurden. 
Nach der ersten Art, die sich für Kleinbauern mit 
geringem Kapital empfiehlt, ist Klein-Windhoek und 
Aris besiedelt worden. Diese ersteren Ortschaften 
sind in verschiedene, sechs Morgen große Heimstätten 
eingetheilt worden, die so gelegen sind, daß sie zur 
Errichtung der nöthigen Unterkunfts= und Wirth- 
schaftsräume sowie zur Anlage eines Gartens ge- 
eignet sind. Mit diefen Heimstätten ist das Recht 
der Gemeindeweidenutzung verbunden. 28 Ansiedler 
haben in Klein-Windhoek und 10 in Aris und dem 
daranstoßenden Gebiete Heimstätten erworben. Sie 
sind vor Allem bestrebt, ihren Bestand an Kühen 
und sonstigem Muttervieh zu vermehren, um mit der
	        
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