— 28 —
eine Wollschaf= und Angoraziegenzucht im Schutz-
gebiete möglich ist und mit Nutzen betrieben werden
kann, zumal wenn eine bessere Verbindung mit
Deutschland sowie zwischen dem Innern und der Küste
hergestellt worden ist. Den aus der Kapkolonie ein-
geführten Merinoschafen und Angoraziegen fagen das
Klima und das Weidefeld in Groß-Namagqualand zu.
Den Thieren im zarten Alter sind im Allgemeinen
die in Kubub, das 1570 m über Meeresspiegel liegt,
vorkommenden Winterregen mit niedriger Temperatur
nicht sehr zuträglich, die Lämmer der Wollschafe
litten aber dank ihrem schützenden Wollkleide am
allerwenigsten hierunter. Die Herde der Station
hat sich theils durch natürlichen Zuwachs, theils durch
Ankauf vermehrt; sie bestand am 1. Januar d. Is.
aus 2343 Wollschafen, 246 Angoraziegen, 204
Rindern, 95 Fettschwanzschafen, 70 einheimischen
Ziegen und 26 Pferden. Vom Schaf wurden durch-
schnitllich 5½2 Prnd Schweißwelle geschoren, die
in Kapstadt zu 4 bis 4½ Pence das Pfund ver-
kauft wurde; ½2 Peuny pro Pfund werden auf die
Transportkosten gerechnet, so daß sich ein Ertrag
von 19 bis 22 Pence pro Schaf ergiebt. Bis zum
1. Oktober 1892 hatte Hermann 6137 Pfund
Wolle nach Kapsladt verschickt. Die Wolle Groß-
Namaqualands ist von Verunreinigungen frei, durch
welche sie in manchen Gegenden Südafrikas sehr
entwerthet wird. Von welcher Bedeutung dieser
Vorzug ist, erhellt beispielsweise daraus, daß die
Farmer gewisser Theile der Kapkolonie die Wollschaf-
zucht lediglich deshalb aufgegeben haben, weil die
Wolle durch eine Grasart so verunreinigt wurde, daß
sie fast werthlos war.
Kubub, das zunächst nur eine Versuchsstation
sein sollte, wird 10 000 Stück Schafe ernähren
können. Hermann hat im Verein mit der Deutschen
Kolonialgesellichaft für Südwestafrika eine Erweite-
rung dieses Schäfereiunternehmens geplant und zu
diesem Zweck das Gebict um Nomtsas, auf dem
100 000 Stück Schafe gehalten werden können, von
dem Häuptling in Bethanien gepachtet.
Die Schutztruppe, die im Besitze einer kleinen
Herde Wollschafe und Angoraziegen ist, hat im
Laufe dieses Jahres fünf Ballen Wolle und einen
Ballen Mohair (Angoraziegenhaar) zur Untersuchung
nach Deutschland geschickt. Von Sachverständigen
wurde festgestellt, daß darin Vlieshe von guter Länge
und Feinheit im Stapel vorkommen.
Die bessere Qualität der Wolle wurde hier,
nachdem sie gewaschen war, zu 2,50 Mk. pro Kilo-
gramm verkauft; Mohair erzielte in England einen
Preis von 10½ Pence pro englich Pfund.
Syndikat für die Siedelung in Südwestafrika.
Im vorigen Jahre hat sich auf Anregung der
Deutschen Kolonialgesellschaft ein Syndikat gebildet,
welches den Zweck hat, deutsche Ansiedler nach Süd-
westafrika zu entsenden und hierdurch den Beweis
zu erbringen, daß eine Besiedelung des Landes mit
Europäern möglich ist. Die gemeinnützigen Be-
strebungen des Syndikats sind seitens der Kolonial=
verwaltung soweit unterstützt worden, als es mit
Rücksicht auf das allgemeine Interesse des Schutz-
gebietes und die dort noch nicht völlig gesicherten
Zustände angängig erschien. Dem Syndikat wurde
zunächst Klein-Windhoek nebst dem dazu gehörigen
Weidefelre von der Regierung überwiesen. Als das
Unternehmen einen erfreulichen Fortgang nahm,
wurden demselben die Plätze Brakwater, Okapuka,
Ongeama und Aris vorbehaltlich näher festzusetzender
Bedingungen zur Verfügung gestellt. Gegen die
Ueberweisung dieser in wenigen Stunden vom Haupt-
quartier der Truppe erreichbaren Ortschaften bestanden
um so weniger Bedenken, als hier den Ansiedlern
und ihrem Eigenthum Schutz gegen Gewaltthätig-
keiten der Eingeborenen gewährleistet werden konnte.
Das Gebiet, das sich durch gute Weide= und Wasser-
verhältnisse auszeichnet, umfaßt außer 30 Einzel-
farmen von je 10 000 preußischen Morgen fünf zu
kleinen Dorfgemeinden sich eignende Wasserstellen mit
einem etwa 300 000 Morgen großen Weidefelde, das
für 50 Ansiedlerfamilien Raum bietet und zur Unter-
haltung von 20 000 Rindern und 100 000 Stück
Kleinvieh ausreichend ist. Das Syndikat hat bisher
viermal eine durch die Bemühung der Deutschen
Kolonialgesellschaft geschaffene direkte Schiffsverbin-
dung beuntzt, um Ansiedler aus Deutschland nach
dem Schutzgebiete überzuführen. 25 selbständige An-
siedler, darunter 11 Familien, im Ganzen 55 Per-
sonen, sind mit dieser Gelegenheit nach dem Schutz-
gebiete befördert worden, um auf den Ländereien des
Syndikats angesiedelt zu werden. Die Verwaltung
des Schutzgebietes ist den Ansiedlern bei ihrer ersten
Einrichtung nach Kräften behülflich gewesen. Es
wurde ihnen Gelegenheit geboten, möglichst schnell
und sicher nach Windhoek zu gelangen und sich hier
mit dem zum Beginn ihrer Wirthschaft nöthigen
Muttervieh zu versehen. Außerdem haben sich
5 Deutsche aus Südafrika und 18 zur Entlassung
gekommene Leute der Schutztruppe im Gebiete des
Syndikats niedergelassen.
Die Besiedelung ist in der Weise erfolgt, daß
entweder Ansiedlergemeinden mit kleinen Heimstätten
und genügend großer Gemeindeweide gebildet oder
größere Farmen an Einzelansiedler überwiesen wurden.
Nach der ersten Art, die sich für Kleinbauern mit
geringem Kapital empfiehlt, ist Klein-Windhoek und
Aris besiedelt worden. Diese ersteren Ortschaften
sind in verschiedene, sechs Morgen große Heimstätten
eingetheilt worden, die so gelegen sind, daß sie zur
Errichtung der nöthigen Unterkunfts= und Wirth-
schaftsräume sowie zur Anlage eines Gartens ge-
eignet sind. Mit diefen Heimstätten ist das Recht
der Gemeindeweidenutzung verbunden. 28 Ansiedler
haben in Klein-Windhoek und 10 in Aris und dem
daranstoßenden Gebiete Heimstätten erworben. Sie
sind vor Allem bestrebt, ihren Bestand an Kühen
und sonstigem Muttervieh zu vermehren, um mit der