hätten, die es nothwendig machte, sich auf eine ver-
stärkte Aktion daselbst vorzubereiten. Da die Re-
gierung unter diesen Umständen die Verantwortung
dafür nicht mehr übernehmen zu können glaubte,
die Schutztruppe noch länger auf dem bisherigen
niedrigen Fuße zu belassen, wurde im Sommer 1892
eine Verstärkung der Truppe ins Auge gefaßt. Es
wurde beabsichtigt, die Vermehrung allmählich er-
folgen zu lassen, und zwar zunächst dadurch, daß
bei der im Frühjahr 1893 fälligen Ersatzbeschaffung
statt der zur Ablösung kommenden 40 bis 45 Mann
die doppelte Anzahl von Mannschaften hinausgesandt
werden sollte. Um gleichzeitig den Möglichkeiten ge-
wachsen zu sein, die sich für die Regierung ergeben
würden, falls die Verhältnisse eine schleunige weitere
Verstärkung der Truppe erforderlich machen sollten,
wurden schon damals die nöthigen Vorbereitungen
getroffen, um eine Verstärkung bis auf etwa 300 Köpfe
ohne Zeitverlust eintreten lassen zu können. Hierzu
gehörten in erster Linie die Erweiterung der Bauten
in Groß-Windhoek, um einer verstärkten Truppe
Unterkunft zu bieten, sowie die Bereitstellung eines
entsprechend erhöhten Bestandes an Munition und
Verpflegungsgegenständen.
Als diese Vorbereitungen nahezu beendet waren
und der in Aussicht genommene Ablösungs= und
Verstärkungstransport von ungefähr 90 Mann zur
Ausreise nach dem Schutzgebiete bereit stand, trafen
Anfang Februar Berichte hier ein, denen zufolge
Witbooi mit den Hereros in Friedensunterhandlungen
getreten war, um gemeinschaftlich mit ihnen einen
Schlag gegen die Schutztruppe zu führen. Die
Richtigkeit dieser Mittheilungen wurde bestärkt durch
Nachrichten deutscher Händler und der Expeditions-
führer der Soutu West Africa Compauy, worin
über das herausfordernde Verhalten der Hereros
Beschwerde geführt wurde. Den Hauptanlaß zu der
Annäherung der langjährigen erbitterten Gegner
mochten die in Gemäßheit der Brüsseler Generalakte
eingetretenen Beschränkungen des Verkehrs mit Waffen
und Munition gegeben haben. Durch die Schwierig-
keiten, seinen Schießbedarf zu ergänzen, fühlte sich
Witbooi in seiner Machtstellung bedroht, während
die Hereros ihren Feinden gegenüber wehrlos zu
werden fürchteten. Es wurde ferner bekannt, daß
Hendrik nicht nur mit einzelnen Namastämmen im
Süden Beziehungen anzuknüpfen bemüht war,
sondern sogar die Bastards und Hottentotten im
Gebiete von Upington (Britisch Betschuanaland) auf-
gefordert hatte, sie sollten all ihr dortiges Besitzthum
gegen Waffen und Munition veräußern und zu ihm
stoßen zu einem Unternehmen gegen die Schutztruppe.
Seinen Verbündeten versprach er, sie später durch
Landzuweisungen reichlich zu entschädigen. Angesichts
der offenbar ernsten Sachlage entschloß sich die Re-
gierung, das Ablösungskommando über die früher
in Aussicht genommene Zahl unverzüglich bis auf
etwa 200 Mann zu verstärken. Demgemäß wurde
am 15. Februar 1893 ein Kommando von 1 Offiier,
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1 Sanitätsoffizier und 214 Mann von Hamburg
nach dem Schutzgebiete eingeschifft, welches im März
in Walfischhai eintraf. .
Der Kommissar wurde zugleich ermächtigt,
nöthigenfalls die ausgedienten, zur Ablösung ge-
langenden Mannschaften zur Verstärkung der Truppe
heranzuziehen. Mit den Mannschaften wurden Waffen
und die vollständige Ausrüstung für 220 Mann und
für 220 Pferde verschifft. Nach der dem Hauptmann
v. Fraugois ertheilten Instruktion sollte die Ver-
stärkung ihn in den Stand setzen, Windhoek gegen
etwaige Angriffe zu halten und die deutschen Siede-
lungen daselbst zu schützen. Ob er dadurch auch zu
weiteren Unternehmungen befähigt würde, mußte
seiner eigenen Beurtheilung überlassen werden.
Unter allen Umständen wurde ihm aufgegeben, die
deutsche Herrschaft im Schutzgebiete aufrecht zu er-
halten und mehr und mehr zu befestigen. Für den
Fall, daß er zur Erfüllung dieser Aufgabe weiterer
Verstärkung bedürfen sollte, wurde er angewiesen,
dies auf dem kürzesten Wege hierher zu melden.
Gleich bei Uebernahme des Truppentransports erbat
der Führer telegraphisch zwei leichte Feldgeschütze;
diesem Antrage ist inzwischen stattgegeben worden.
Die Lage in Windhoek war in der zweiten
Hälfte des Monats März d. Is. besonders bedrohlich
geworden, als die alte Mannschaft der Truppe ab-
gelöst und die neue noch nicht eingetroffen war, so
daß Windhoek nur von den Beamten und fünf
Unteroffizieren besetzt war. Samuel Isaak, der
Unterhäuptling Witboois, und einzelne Witboeische
kamen unter verschiedenen Vorwänden bewaffnet nach
Windhoek, und mehrere Trupps von Hottentotten
trieben sich in der Umgegend herum, woraus zu
schließen war, daß Feindseligkeiten auf Seiten Wit-
boois geplant wurden. In der Nacht zum 1. April
zogen sämmtliche Beamte bewaffnet auf Posten.
Da rückte unerwartet schnell die Verstärkung am
1. April 1893 in Windhoek ein. Da wiederholte
frühere Versuche des Majors v. Frangois, Wit-
booi auf gütlichem Wege zum Abzuge nach seinem
Stammsitze Gibeon und zur Auslieferung seiner
Waffen= und Munitionsvorräthe zu bewegen, an
dem Widerspruch des Hoitentotten-Häuptlings ge-
scheitert waren, so hielt der Befehlshaber es für
gerathen, in Eilmärschen gegen ihn vorzugehen,
um ihn durch einen plötzlichen Ueberfall unschädlich
zu machen und zugleich auf diese Weise die unver-
meidlichen Verluste auf unserer Seite auf das ge-
ringste Maß einzuschränken. Am 12. April erfolgte
dann die glückliche Erstürmung von Hornkranz unter
dem Kommando des Majors v. Frangois, wobei
die Witbooischen an Todten 50 Mann und 30 Weiber,
an Verwundeten ungefähr 100 beiderlei Geschlechts
verloren, während die Verluste auf deutscher Seite
nur 2 Todte und 2 Verwundete betrugen. Erbeutet
wurden u. a. 100 Gewehre, 100 Sättel, Patronen,
Pulver. Werkzeuge und Vieh in beträchtlicher Menge.
Wenngleich dieser schwere gegen die Witbooischen ge-