Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

hier derartig groß ist, daß beispielsweise das Queck- 
silber-Thermometer in der heißen Zeit plahte. 
Kapitän Forbes von der „Oriental“ hatte mir 
schon gesagt: „Es giebt bloß einen heißeren Ort, 
kennen Sie ihn? That's hell.“ 
Erklärlich wird ein solch langer Aufenthalt durch 
einen Blick in die Häuslichkeit des amerikanischen 
Konsuls. Sein Haus ist wie alle übrigen in Maskat 
von minderwerkhiger arabischer Bauart, massiv, 
zweistöckig mit Flachdach, aber beqnem und luftig. 
In allen Zimmern befinden sich sogenannte Pungas, 
d. h. große von Dienern in Bewegung gehaltene 
brektartige aufgehängte Lufterreger; die Thüren sind 
aus einer faserigen Masse hergeslellt, welche von 
Zeit zu Zeit mit Wasser begossen wird. Die Räume 
sind mit Matten belegt, da Teppiche als zu heiß 
vermieden werden. 
Die Zeit der größten Hiße bringt man am 
Tage in Souterrains, des Nachts auf dem Dache 
zu. Das Haus liegt in einer der vielen kleinen 
engen Gäßchen, welche ein Mann mit ausgebreiteten 
Armen spannen kann. Wozu auch breite Straßen? 
Wagen giebt es nicht, Trottoir und Straßen- 
beleuchtung auch nicht, dafür aber Schatten, herrlichen 
kühlenden Schatten, ohne den ein Verkehr überhaupt 
undenkbar wäre. Im Erdgeschoß befinden sich die 
Büreaus und die Lagerräume des Konsuls. Der- 
selbe ist von Hause aus Kaufmann, sein Geschäft 
ein Dattelgeschäft. Die Datleln aus Oman finden 
in Amerika ein gutes Absatzgebiet und sollen in 
Qualität denjenigen von Basra kaum nachstehen. 
Ganze Schiffsladungen davon gehen jährlich nach 
Amerika, woselbst sie als Zuspeise bei Likören und 
dergleichen genossen werden. 
Die Dienerschaft bestand aus vier Belutschen 
und drei Sansibariten. Die Letteren waren glücklich, 
in mir ein Objekt gefunden zu haben, mit dem sie 
ihre Heimathssprache reden konnten. Glückliche 
Kinder diese Suahelis! Ewig heiter, sorglos und 
wie zum Scherze geboren, dienstbeflissen und mit 
Allem zufrieden, was ihnen das Schicksal bringt, 
kennen sie viele der Gefühle nicht, die ihnen der 
Europäer häufig irrthümlicherweise zuschreibt. „Ubi 
bene ibi patria“ ist der Wahlspruch des Negers, 
und was fragt er nach einem Freibrief, wenn er 
selbst für sich sorgen soll! Das überläßt er viel 
lieber seinem „buana“. In Maskat kleidet sich der 
Neger leider arabisch. Leider! denn die für schlanke 
weiße Körper berechnele arabische Tracht, bei den 
Frauen mit Unterhosen, Gesichtsmaske und Turban, 
macht den Neger zu einer Karikatur. Sein 
schönstes Kleid ist seine nakürliche Haut. — — 
Maskat ist immer noch ein guter Markt für 
Sklaven, deren es hier 10 000 geben soll. 
Der Araber ist von Natur aus human, und auch 
hier in Maskat hatte ich Gelegenheit, zu beobachten, 
wie gut es den Sklaven im Allgemeinen bei ihren 
Herren gefällt und wie wenig geneigt sie sind, sich 
ein besseres Loos zu ersehnen. Die meisten Sklaven 
  
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wohnen familienweise außerhalb der Stadt in rein- 
lichen Hütten. Viele betreiben das Bootsgeschäft in 
Booten, die ihnen der Herr unter der Bedingung 
einer gewissen Entschädigung zur Verfügung stellt. 
Die meisten verbringen den Tag im leichten Dienst 
bei dem Herrn oder der Frau. 
In Maskat giebt es keine Bodenbewirthschaftung, 
in dem gesegneten Hinterland andererseits wird die 
Arbeit von den armen Arabern selbst besorgt. 
Ein Sklave ist und bleibt ein theures Stück, 
das dem Herrn durch seinen Tod einen empfindlichen 
Schaden zufügt. Eine Lebensversicherung dafür 
giebt es nicht, andererseits aber das reiche Angebot 
von brotlosen Arabern, welche sich mit geradezu 
lächerlich kleinen Löhnen begnügen. 
Bei den energischen deutschen Maßnahmen gegen 
die Sklaverei ist der Tag nicht mehr sern, wo es 
sich bei den obwaltenden Verhältnissen nicht mehr 
lohnt, Sklavenhandel zu treiben. Der Preis würde 
nicht mehr im Verhältnisse zu dem Nuteen siehen, 
den ein Sklave seinem Herrn bringt. In Maskat 
kommt zu all diesem der Umstand, daß andere 
Elemente, vor Allem Belutschen, deren es 6000 dort 
giebt, den Arbeitsmarkt überschwemmen und zu den 
niedrigsten Dienstleistungen mit Vorliebe verwandt 
werden. Wie schon erwähnt, sind sie wenig reinlich. 
Wie ganz anders sieht es im Innern und vor einer 
Negerhütte aus; dort Alles Schmutz und Unordnung, 
hier Alles Ordnung und Sauberkeit. Aber der 
Belutsche hat auch seine Vorzüge. Er ist treu und 
wachsam und wird infolge dessen von dem Sultan 
gerne als Leib= und Burgwächter und dergleichen 
benußt, obwohl Tapferkeit nicht gerade seine Stärke 
sein soll. Sowohl Neger als Belutschen sprechen 
neben ihrer Muttersprache Arabisch, nicht das reine 
schöne Beduinen = Arabisch des Hinterlandes von 
Maskat, aber immerhin einen Dialekt, der die Auf- 
merksamkeit des Linguisten verdient. Der Typus 
des Belutschen ist von dem des Arabers vollkommen 
verschieden. Ihm fehlen die schlanken Glieder, die 
edel geschnittenen Züge sowie die Haltung des 
Arabers. Er ist bäurisch Hlump, lernt aber viel 
leichter als der Araber fremde Sprachen. Die Be- 
lutschinnen tragen ihr Haar einfach gescheitelt und 
haben meist einen mit einem Türkis gezierten Nasen- 
ring. Als Kleider verwenden sie mit Vorliebe rothe 
Wollstoffe. 
Neben dieser Bevölkerung giebt es in Maskat 
noch 1000 Inder, meist brahmanischer Religion. 
Sie sind Handelslente und sofort durch ihre Kleidung, 
das Fehlen der Wafssen sowie an ihren dürren 
Beinen zu erkennen, durch welche ein weißes Lenden- 
tuch gezogen ist. Der Turban und die auf dem 
Gesichte gemalten Abzeichen erklären ihre Sekten. 
Sie sind strenge Vegetarianer, denen ihre Religion 
sogar das Essen von Eiern verbietet. Eigenthümlich 
sind ihre Gebräuche bei Verbrennung der Todten. 
Diese Ceremonie wird, wo immer möglich, am 
Strande vollzogen und ist kurz folgende: Der
	        
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