Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Ein für tropische Malariagegenden besonders geeignetes 
Ectränk 
ist der Paragnay-Thee, welcher aus Südamerika 
stammt und in den Staaten Argentinien, Uruguay, 
Chile u. s. w. an Stelle des Kaffces und chinesischen 
Thees getrunken wird. Der Verbrauch erreicht hier 
die Höhe von 40 000 000 kg. Auf der Reise und 
beim Transport ist der Paraguay-Thee dem Ver- 
derben weniger ausgesetl, als andere Theesorten, und 
durch die größere Ausnutzung der Blätter, welche 
wie Kassee in einem Beutel ausgekocht werden, ist 
das Getränk sehr viel billiger als chinesischer Thec. 
Herr Stabsarzt Dr. Kohlstock, welcher mit einigen, 
von der Firma F. W. Lemm zur Verfügung gestellten 
Theeproben Versuche bei gesunden und kranken Per- 
sonen angestellt hat, berichtet über die hierbei ge- 
machten Erfahrungen Folgendes: 
Man gewöhnt sich im Allgemeinen leicht und 
schnell an den Geschmack des Paraguay-Thees, wel- 
cher von dem des chinesischen Thecs etwas abweicht, 
so daß derselbe bald ein durchaus angenehmes und 
sympathisches Getränk wird. In erster Linie ist die 
durststillende und beruhigende Wirkung, welche ich 
ausnahmslos beobachtet habe, hervorzuheben. Die 
Lettere erschien mir besonders werthvoll bei Patien- 
ten, denen chincsischer Thee, am Abend genossen, 
Aufregung verursacht. Durch leicht harntreibende 
Wirkung beeinflußt der Thee serner in wohlthuender 
Weise die Thätigkeit der Nieren und Blase und 
verdient deshalb bei Erkrankungen derselben als 
Getränk Empfehlung. Ebenso wird der Thee bei 
Magenkatarrhen gut vertragen, während ich eine 
besonders günstige Einwirkung desselben auf die Leber 
zu beobachten nicht Gelegenheil gehabt habe. Jeden- 
falls berechtigen mich aber die mit den mir zur Ver- 
jügung gestellten Proben des Paragnay-Thees ge- 
machten Erfahrungen, denselben als Getränk in den 
Tropen für Gesunde und Kranle zu empfehlen. 
Ueber Sklaverei in den verschiedenen Theilen 
Liederländisch-Indiens. 
In dem seitens der Niederländischen Regierung 
den Generalstaaten vorgelegten Bericht über die Zu- 
stände in den Niederländischen Kolonien während 
des verflossenen Jahres ist eine Darstellung der in 
den verschiedenen Theilen Niederländisch-Indiens 
herrschenden Sllaverei enthalten, aus der hervorgeht, 
daß Sklaverei und ähnliche Verhältnisse selbst in den 
bekannteren Gegenden des hinterindischen Archipels, 
Java ausgenommen, noch überall herrschen, aber doch 
im Rückgange begrissen sind. Wir entnehmen dem 
Berichte Folgendes: 
Die Zahl der Sllaven in der Abtheilung Padang 
Lawas (Sumatras Westküste), welche Ende 1890 
auf 1221 angenommen war, wurde gegen Ende 1891 
auf 979 geschätt. In der Abtheilung Toba und 
  
Silindong fiel die Zahl der Stlaven auf 45, haupt- 
sächlich in Folge von Verheirathung von Sklavinnen, 
Flucht und Veränderung der Sklaverei in Pfand- 
schaft. Auf Nias waren anßerhalb des Gerichts- 
bezirkes Menschenraub und Sklavenhandel nicht 
selten. Dem Kontroleur von Nias glückte es, einem 
geraubten Knaben seine Freihcit zurückzugeben. In 
der Süd= und Ost-Abtheilung von Vorneo kommt 
die Stlaverei in den höher gelegenen Gegenden der 
Doessoen und Dajatlande und in Sampit vor. Ein- 
fuhr von Sklaven aus dem Soeloe-Archipel fand in 
den Landschaften Boeloengan und Berouw statt, hat 
aber in Folge der Einsetzung eines Kontrolcurs 
gegen früher abgenommen. 
Sklaverei wird auch noch in der Residenzschaft 
Ternate unter den Papuas auf Neuguinea und den 
umliegenden Juseln angetroffen. Die bei den gegen- 
seitigen Fehden zwischen den verschiedenen Stämmen 
gemachten Gefangenen werden, sofern ihnen nicht das 
Leben geraubt wird, als Sklaven verkauft, um mit dem 
Erlöse die Kriegskosten zu bestreiten. Kommt ein Mit- 
glied irgend eines Stammes seinen geldlichen Ver- 
bindlichleiten gegenüber einem Mitgliede eines anderen 
Stammes nicht nach, so trachtet dieser Stamm, zu 
dem ersteren gehörige Leute zu rauben. Die Ge- 
raubten werden nicht zurückgegeben und im Stande 
der Sklaverei gehalten, so lange nicht den geldlichen 
Verpflichtungen Genüge geschehen ist. Die Bias, 
welche die Schouten-Inseln bewohnen, hatten im 
Lause des Jahres 1890 20 Menschen, worunter 
4 Frauen und 8 Kinder, geraubt und zum Vertauf 
nach der westlich von Neuguinea gelegenen Insel 
Salawatie geführt. Dort wurden die Geraubten alle 
von der Schwester des Kapitein-laut von Sailolof, 
ciner kleinen Ansiedlung auf der genannten Jusel, 
freigekauft. Einem Araber aus Banda glückte es, 
im Jahre 1891 vier zu Aidoema an der Süd- 
westlüste Neuguineas in Sklaverei gehaltene Timore= 
sische Schiffbrüchige frei zu kaufen und nach Banda 
zu bringen. Mit Anerkennung ist hier der Versuche 
der auf Neuguinea ansässigen christlichen Missionare 
Erwähnung zu thun, Gefangene und Sklaven frei 
zu kaufen und Freigekaufte zu versorgen und im 
christlichen Glauben zu unterrichten. Bezüglich der 
Residentschaft Amboina wird berichtet, daß Sklaverei 
in der Abtheilung Arob-Kei-Tenimber und Südwest 
Inseln vorkommt. Der Stlave, früher „boedak“ 
(Kind) genannt, heißt jetzt „anal piara“ (Pflegekind) 
und ist verpflichtet, den von ihm verdienten Lohn 
seinem Herrn zu überlassen, welcher für seine Be 
töstigung, Kleidung und Wohnung Sorge trägt, für 
ihn auf Verlangen eine Frau kauft und für die von 
ihm verschuldeten Bußen als Bürge auftritt. Auch 
hat der Herr das Recht, die aus einer Sklavenehe 
geborenen Kinder zu verheirathen und ihren Brant- 
schatz für sich einzuziehen. Verkauf von Sklaven 
kommt noch vor, obgleich die Ausfuhr solcher selten 
ist. Das Leben der Sklaven ist erträglich, und Miß- 
handlungen werden ihnen nur selten zugesügt. Auch
	        
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