Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

mando keinen Erfolg mehr, das Schiff stieß vielmehr 
alsbald auf ein Korallenriff, wie es sich später heraus- 
stellte, nahe am Nordende des Südriffs. Da Wind 
und Seegang im Laufe der Zeit beständig zunahmen, 
und das Schiff wiederholt mit dem Hintertheil, 
namentlich mit der Schraube, auf das Riff stieß und 
die fortgesetzten Versuche, das Schiff abzubringen, 
erfolglos blieben, wurde dasselbe am 15. Mai mit- 
tags verlafsen und die Mannschaft mit den zwei 
Schiffsbooten nach der Jusel Monose überführt, wo 
sie in den von Schiffbrüchigen des Schuners errich- 
teten Hütten untergebracht wurde. Am 2. Juni 
fuhr der erste Steuermann mit dem großen Schiffs- 
boot nach Berlinhafen, um Mittheilung von dem 
Unfall zu machen und womöglich den Reichspost- 
dampfer „Stettin“ zu Hülfe zu holen. Derselbe 
traf am 21. Juni von den Hermitinseln ein, konnte 
aber für die Rettung des völlig leck gewordenen 
Schiffes nichts mehr thun und nahm daher die Be- 
sotzung mit nach Stephansort. 
Nach dem Verluste des Dampfers „Johann 
Albrecht“ war zur Fortführung der wirthschaftlichen 
Unternehmungen die Beschaffung eines Ersatzschiffes 
unerläßlich. Ohne geeignetes Schiff keine Anwerbung 
von Arbeitern) kein Tauschhandel mit den Eingeborenen 
und ohne Arbeiter kein Plantagenbetrieb. 
Bezüglich der Eigenschaften eines solchen Schiffes 
kam in Erwägung, daß es wegen der zwischenzeitlich 
vorgeschrittenen Entfaltung des Koprahandels, um 
dessen Ausdehnung folgen zu können, größere Lade- 
sähigkeit besitzen müsse, als der „Johann Albrecht"“ 
sie besaß; andererseits daß nach dem Gutachten der 
Kapitäne der Kompagnie im Anwerbungs= und Trade- 
dienst die kostspielige Dampfkraft nur selten voll 
ausgenutzt wird, vielmehr meist nur mit halber oder 
geringerer Kraft gefahren zu werden braucht. 
In Anbetracht dessen entschloß sich die Direktion 
zum Neubau eines sogenannten Segeldampfers, d. h. 
eines Fahrzeuges, welches sowohl als Segler wie 
als Dampfer zu gebrauchen ist. 
Die Erbauung ist der Schiffswerft von Schömer 
u. Jensen in Tönning in Auftrag gegeben worden. 
Das Schiff wird ein Gaffelschuner mit Hülfsmaschine. 
Seine Länge beträgt zwischen Vorder= und Hinter- 
steven 32 m, die Breite über die Spanten 7 /2 m 
und die Seitenhöhe 2,8 m, der Tiefgang bei voller 
Ladung und Ausrüstung und 20 Tous Bunkerkohlen 
2,5 m. 
Die Ausrüstung des Schiffes mit Inventarien, 
Materialien und Booten entspricht im Uebrigen der 
des Dampfers „Johann Albrecht“. 
Zur größeren Sicherheit des Schiffes gegen die 
Gefahr des Scheiterns soll vom Vordersteven bis 
zum Hintersteven ein doppelter Boden gelegt werden, 
der, durch wasserdichte Längs= und Ouerschotte in 
6 Kompartimente eingetheilt, zur Ballastaufnahme 
dient. Sind die Tankabtheilungen mit Wasser ge- 
füllt, so hat das Schiff auch ohne Ladung genügend 
Ballast, um sicher segeln zu können. Vorn ist unter 
  
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Deck ein großer Süßwassertank eingelassen. Der 
Tank und jedes Kompartiment kann einzeln voll und 
leer gepumpt werden. Aus ihnen wird der Kessel 
gespeist. Sind alle Tanks und Kompartimente voll 
Wasser, so wird der Tiefgang des Schiffes ent- 
sprechend vermehrt. Leergepumpt hebt sich das Schiff 
um 2 bis 2⅛ Fuß. 
Im Falle des Auflaufens auf ein Korallenriff 
wird man durch Leerpumpen der Kompartimente 
das Schiff heben und damit in den meisten Fällen 
freibringen können. 
Eine Dampfmaschine (Compound 60 Pferdekräfte), 
die nur einen geringen Raum im Schiffe (Heckraum) 
beansprucht, giebt dem Schiffe mittelst Schrauben= 
bewegung eine Geschwindigkeit von mindestens fünf 
Knoten in der Stunde bei einem Kohlenverbrauch in 
24 Stunden Volldampf von höchstens 1½/ Tons. 
Der Rauch findet durch die Höhlung des eisernen 
Großmastes Abzug. 
Das Schiff, welches volle Takelage eines Gaffel- 
schuners erhält, soll als guter Segler konstruirt 
werden. Die nur kurze Welle läßt sich, falls das 
Schiff nur segeln soll, durch Auskoppelung außer 
Betrieb setzen. Z 
Das Schiffsmaterial ist bester Stahl. Besatzung 
und sechs Passagiere können auf Deck in sogenannten 
Deckhäusern, welche aus Teakholz hergestellt werden, 
wohnen. Der Laderaum faßt nach Wahl 200 Tons 
Schwergut oder etwa 300 farbige Passagiere. Durch 
ein Hülfsschott kann der Raum auch für Ladung 
und farbige Passagiere abgetheilt werden. 
Auf Antrag der Administration in Herbertshöhe 
ist der Vertreter der Kompagnie in Sydney, Herr 
Justus Scharff, mit dem Ankauf eines Seglers 
beauftragt worden, der der Administration in Her- 
bertshöhe zugetheilt werden soll. Er soll haupt- 
sächlich zur Verbindung mit den Stationen und 
Kopratransporten u. s. w. dienen. Eine vortheilhaft 
erscheinende Offerte zum Ankauf des Topsegelschuners 
„Alexandra“, 95 Registertons groß, ist eingelaufen 
und angenommen worden. 
Für den Händlerdienst sind ferner für Herberts- 
höhe sieben neue, fünf Tons fassende Segelboote und 
für Friedrich Wilhelmshafen ein Kutter angekauft 
worden. Der Administration Seleo ist ein großes 
Segelboot, welches auf der Weser erbaut worden ist, 
zugetheilt und ein weiteres, 11 Registertons fassendes 
Segelfahrzeug mit Ketschtakelung für dieselbe in 
Sydney in Auftrag gegeben worden. 
Aus dem Bereiche der Wissionen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Dem „Jahresbericht der australischen Wesleya- 
nischen Methodisten-Missionsgesellschaft“ (für die Zeit 
vom 1. April 1897 bis dahin 1898) entnehmen wir, 
daß diese Mission im Bismarck-Archipel mit Befrie-
	        
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