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ein und drangen unaufgehalten bis unter die Mauern
von Kukaua vor. Hier erst stellte sich ihnen der
Sultan Aba Häschim entgegen, und es gelang ihm,
dank seiner Uebermacht, die Angreifer zurückzuwersen.
Räbahverbrachte nun mehrere Monate im Gebiet
von Bornu in schwieriger Lage, indem ihm beson-
ders die Verproviantirung seiner Truppen große
Sorgen verursachte. Gerade in dieser größten Be-
drängniß sollte die Saat zur Reise kommen, die er
durch seine Sendboten hatte ausstreuen lassen.
Räbah erhielt von einem bornuesischen Großwürden-
näger die Aufforderung, nach Kukaua zurückzukehren,
wo ihm dieser zur Erlangung der Herrschaft behülf-
lich sein würde. Er ließ sich das natürlich nicht
zweimal sagen; sofort rückte er von Neuem auf die
Hauptstadt los. Wieder kam es vor den Thoren
der Residenz zur Schlacht, und diesmal siegte Räbah
hauptsächlich durch seine Artillerie, der die Feinde
etwas Aehnliches nicht entgegenzustellen hatten. Aba
Haschim selbst blieb auf dem Schlachtfelde. 1) In
den noch folgenden Kämpfen, die zur Eroberung der
Hauptstadt führten, fielen auch seine beiden Neffen
und Nachfolger, Abä Kijäri und Abä Sande.?)
Der Sieger zog als neuer Sultan in Kukaua ein.))
Dieses Ereigniß bildet einen Wendepunkt in der
Geschichte Rabahs. Während er bis dahin doch
mehr oder minder bloßer Abenteurer gewesen war,
war er jetzt mit einem Schlage der Herrscher eines
der mächtigsten Sultanate im Sudan geworden.
Bei seinem praktischen, auf das Reale gerichteten
Sinn durfte man erwarten, daß er sich der Auf-
gaben und Pflichten seiner neuen Stellung alsbald
bewußt sein und energisch an ihre Erfüllung gehen
würde. Und diese Erwartung hat er nicht getäuscht.
Den wegen der Unruhen der letzten Jahre ins
Stocken gerathenen Karawanenhandel mit Tripolis
suchte er dadurch wieder zu beleben, daß er den
Händlern die Zusicherung vollkommenster Sicherheit
sowie sonstige Konzessionen machte. Seine Be-
mühungen in dieser Hinsicht sind denn auch von
Erfolg begleitet gewesen.") Auch zur britischen
„Niger Company“ soll er in Handelsbeziehungen
getreten sein. 5) Seine Residenz verlegte er von dem
namentlich in der Regenzeit äußerst ungesunden Ku-
kauas) nach dem reizend gelegenen Dikaua (am
Jaloeflusse südöstlich vom Tsadsee belegen).!)) Zum
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1) Nach Ferryman, Imperial Africa, S. 356, soll Aba
Häschim nicht gefallen, sondern nach verlorener Schlacht
nach Sinder geflohen sein.
2) Sands ist das arabische Omar.
3) Nach meiner Berechnung fällt die Eroberung Bornus
in das Jahr 1894.
4) Vergl. Grothe, Tripolitanien und der Karawanen-
handel nach dem Sudan, Leipzig 1898, S. 22.
5) Ferryman, Imperial Africa, S. 356.
6) Vergl. Nachtigal, Sahara und Sudan, I, 732 ff.
7) Dikaua, das schon früher einmal Residenz der Bornu-
könige gewesen war, liegt in der deutschen Interessensphäre.
Ueber die günstige Lage der Stadt vergl. Barth, Reisen
und Entdeckungen, 1III, 122 ff. Als Grund für den Wechsel
der Residenz geben die Eingeborenen in ihrem abergläubi-
besseren Schutze der Grenzen seines neuerworbenen
Gebietes legte er starke Garnisonen in Gulfay am
Schari sowie in Kussuri und Logone am Logone=
flusse. Um sich eine Dynastie zu gründen, deren
Legitimität auch bei den Herrschern benachbarter
Reiche Anerkennung fände, verheirathete er sich mit
einer Tochter seines Bundesgenossen Mallam Hajato,
der seinerseits wieder eine Tochter Räbahs zur Frau
nahm.
Daß mit dieser innerpolitischen Thätigkeit das
Streben nach Erweiterung seines Gebietes Hand in
Hand ging, lag in seinem energischen, nimmer rastenden
Wesen begründet. Zunächst ließ er sich die Züchti-
gung des im Süden von Bornu wohnenden Berg-
stammes der Mandara angelegen sein, der sich schon
von je durch gelegentliche Plünderungszüge im süd-
lichen Reichsgebiete lästig gemacht hatte. Bei der
Strasexpedition fiel ihm der greise König der Man-
dara selbst in die Hände. Aber während Rabah
menschlich genug dachte, den alten Mann ungefährdet
in seine Heimath zu entlassen, ließ dessen Sohn und
Nachfolger einen in Gefangenschaft gerathenen Sohn
Räbahs hinrichten. Eine andere Expedition nach
Badde führte zwar nicht zur Okkupation dieses
Gebietes, wohl aber zur Erbeutung zahlreicher
Sklaven, die als willkommene Beute nach Bornu
weggeführt wurden. Denselben glücklichen Erfolg
hatte ein Zug in das Gebiet von Miga. Dagegen
mißlang eine Expedition gegen Katagum; der tapfere
Widerstand, den der König dieses Landes leistete,
zwang Räbah zu eiliger Umkehr nach Bornu. Von
einem gegen Misso geplanten Unternehmen erhielt
der König dieses Landes vorzeitig Wind und beeilte
sich, um der drohenden Gefahr zu begegnen, mit den
benachbarten Herrschern von Schira und Gombe
ein Schutz= und Trutzbündniß zu schließen. Vereint
fühlten sie sich stark genug, angriffsweise gegen
Räbah vorzugehen. Die beiderseitigen Heere stießen
auf dem Marsche zusammen. In dem darauf sich
entspinnenden Kampfe trug nach erbittertem Ringen
die überlegene Schlachtkunst Rabahs den Sieg da-
von. Ganz außerordentlich waren die Verluste der
Verbündeten; der König von Gombe selbst befand
sich unter den Gefallenen. Aber auch für den Sieger
muß der Tag sehr verlustreich gewesen sein, denn er
kehrte ohne weitere Resultate nach Bornu zurück.
So lange Räbah seine Angriffe auf die zwischen
Bornu und Sokoto hausenden kleinen Stämme —
schen Wesen an, daß die Geister der hingemordeten Sul-
tane Räbah des Nachts im Königsschloß von Kukaua
geängstigt hätten. Dieses Motiv ist nicht neu; so soll
Muhammed Scherif, Sultan von Wadai, die Residenz von
Wara nach Abesche verlegt haben, weil, wie der Volksmund
sagte, „böse Geister die alte Königöburg unbewohnbar“
gemacht hätten (Nachtigal, Sahara und Sudan, III, 77).
Natürlich ist im Ernst nicht daran zu denken. Neue
Herrscherfamilien pflegen sich ja häusig neue Residenzen zu
wählen, um das Andenken an die alte Dynastie nach
Möglichkeit zu verwischen, wie ja Kukaua selbst erst von
den Kanemiden zu Anfang dieses Jahrhunderts gegründet
war (Nachtigal, I, 586).