— 135 —
und breite Chausseen verbinden die bedeutenderen
Plätze miteinander, gut gehaltene Fahr= und Reit-
wege sind vorhanden, soweit überhaupt menschliche
Ansiedelungen reichen. Das ganze Land ist dicht
bevölkert. Abgesehen von den großen Sümpfen, welche
Theile Mitteljavas bedecken, sind wenig unbewohnte
oder unbebaute größere Flächen vorhanden. Selbst bis
ins Hochgebirge hinauf reichen die Ansiedelungen der
Eingeborenen. So gewährt Java den Anblick eines
durch menschliche Arbeit einer intenfiven Kultur er-
schlossenen Tropenlandes.
Was Bodenbeschaffenheit anbelangt, scheint Java
alle nur denkbaren Vorzüge in sich zu vereinigen.
Der botanische Garten und der Cultuurtoin in
Buitenzorg liefern den Beweis, daß wohl alle tro-
pischen Gewächse und viele Pflanzen der gemäßigten
Zone in Java gedeihen können. Thatsächlich werden
auch die meisten tropischen Nutzpflanzen in Java in
größerem oder geringerem Umfange gebaut. Da-
neben wird an den Abhängen der Gebirge, besonders
in Ostjava, der Anbau europäischer Gemüse mit Er-
folg betrieben. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist
anscheinend im größten Theil der Insel hervor-
ragend.
Die Bevölkerung Javas, welche jetzt nahezu 30 Mil-
lionen Köpfe betragen soll, besteht zum größeren
Theil aus Javanen (Mittel= und Ostjava), zum
kleineren aus Sundanesen (Westjava) und Maduresen
(Madoera und theilweise Ostjava). Von diesen
Völkerstämmen machen die Sundanesen im Allge-
meinen den besten Eindruck. Sie sind sanft und
gutwillig gegen Jedermann, ruhig und anständig in
ihrem Betragen, unterwürfig und folgsam gegenüber
dem Vorgesetzten. Auch an Intelligenz scheinen mir
die Sundanesen voranzustehen.
Ein ruhiges und anständiges Verhalten und
Folgsamkeit gegenüber den Vorgesetzten zeichnen auch
den Javanen aus. Die Maduresen gelten als reiz-
bar und schwierig zu behandeln.
Die Eingeborenen Javas scheinen, wenngleich
ihnen die intensive Arbeit des Europäers im All-
gemeinen fremd sein dürfte, verhältnißmäßig arbeitsam
zu sein. Dafür sprechen insbesondere die einen
großen Theil der Insel bedeckenden, von Eingeborenen
angebauten Reisfelder, deren Anlage einen hohen
Grad von Mühe und Sorgfalt erfordert.
Die Bevölkerung hat sich bereits vor dem Ein-
dringen der Europäer auf einer ziemlich hohen
Kulturstufe befunden. Es zeugen davon die Bau-
werke aus alter Zeit, so der gewaltige Buru-Budur-
tempel bei Djokjakarta mit seinen kunstvollen Bild-
werken und Reliefdarstellungen und die ausgedehnten
Tempelanlagen bei Brambanan, deren künstlerisch
vollendete Reliefs die meisten unserer europäischen
mittelalterlichen Darstellungen in den Schatten stellen
dürften. Ebenso beweisen es die großen Staats-
gebilde, welche früher in Java bestanden, die mäch-
tigen Reiche Bantam und Mataram mit ihrem
entwickelten Staatsorganismus. Es zeugt endlich
davon die durchgebildete und reich gegliederte java-
nische Sprache, in welcher ein und derselbe Gegen-
stand mit ganz verschiedenen Worten bezeichnet wird,
je nachdem der Höhergestellte zum Tieferstehenden
spricht oder umgekehrt.
So bot Java nach Land wie Bevölkerung die
denkbar günstigsten Vorbedingungen für eine erfolg-
reiche Kolonisation. Nur auf dieser Grundlage
konnten die Holländer eine Kolonie schaffen, welche
in vielen Beziehungen als eine Musterkolonie zu
betrachten sein dürfte. Eine geschickte Ausnutzung
der Kräfte des Landes und der Bevölkerung unter
kluger Schonung der Anschauungen und Gebräuche
der letzteren und unter Fernhaltung fremder, die
Entwickelung der Kolonie störender Elemente ist für
die holländische Verwaltung charakteristisch. Der
Erfolg ist auf der einen Seite ein gewaltiger Vor-
theil für das Mutterland, welcher allerdings zur
Zeit nicht in einem Baarüberschuß der Einnahmen
über die Ausgaben zu Tage tritt — das Budget
von Niederländisch-Indien wies in den letzten Jahren
ein Defizit auf —, auf der anderen Seite Ruhe
und Zufriedenheit unter der Bevölkerung.
Java, welches dem Generalgouverneur von
Niederländisch-Indien mit untersteht, ist in Residentien
getheilt, an deren Spitze europäische Beamte, die
Residenten, stehen. Die Residentien zerfallen in
Regentschaften, welchen eingeborene Beamte, die Re-
genten, vorstehen. Jedem Regenten ist zur Aussicht
ein holländischer Beamter, der Assistentresident, zur
Seite gestellt. Die Regentschaften sind in Distrikte
unter eingeborenen Distriktsvorstehern, den Wedonos,
getheilt, welch letzteren holländische „Kontroleure"“
zur Seite stehen.
Für die Rechtsprechung sind, für Europäer und
Eingeborene getrennt, besondere juristische Beamte
eingesetzt.
Als nominell selbständig stehen außerhalb der
Verwaltungseintheilung die beiden Sultanate Djokja-
karta und Solo, deren Herrscher indessen durch Ver-
träge ihre Machtbefugnisse in der Hauptsache auf
die holländische Regierung übertragen haben.
Scheinbar übt so die holländische Regierung
lediglich eine Aufsicht über die von eingeborenen
Beamten wahrgenommene innere Verwaltung aus.
Thatsächlich liegt jedoch die Verwaltung ganz in der
Hand der Europäer. Der nominell zur Aussicht
eingesetzte Beamte giebt nicht nur in wichtigen Fällen,
sondern in allen Angelegenheiten die Entscheidung.
Die eigenmächtige Abweichung eines eingeborenen
Beamten von den Anweisungen des holländischen
Beamten ist unmöglich.
So beschränkt sich klugerweise die holländische
Regierung darauf, die Macht thatsächlich auszuüben,
während sie dieselbe dem Scheine nach den eingebore-
nen Beamten gelassen hat. Das Volk empfindet auf
diese Weise die fremde Herrschaft weniger und glaubt
sich unmittelbar von den Angehörigen seiner alten
Herrscherfamilien und Adelsgeschlechter geleitet, aus