Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Ngillastadt, den 18. Februar 1899. 
Von gefangenen Wutes und Haussas erfuhr ich, 
daß der Häuptling Ngilla drei Tage vor der Er- 
stürmung der Stadt bei der Rückkehr von einem 
Raubzuge gegen den Wutehäuptling Wenke gestorben 
war. Sein Tod ist von seiner Familie verheimlicht 
worden, um seine Schätze in Sicherheit zu bringen. 
Hierin wurden seine Angehörigen von dem Feld- 
hauptmann Ngillas, Wunga, unterstützt, der dem 
rechtmäßigen Thronfolger Ngane große Schwierig- 
keiten machte. Auf Wungas Seite, der auch alle 
Gewehre im Besitz hat, stand der größere Theil der 
Bevölkerung. 
Der nach Wutebegriffen rechtmäßige Ngilla — 
Ngane — hatte sich seiner Zeit, vor den Nach- 
stellungen Ngillas fliehend, zu dem Häuptling Ngutte 
begeben und war erst, zu dem Raubzuge gegen Wenke 
aufgefordert, bei Ngilla wieder erschienen. Ngane, 
der unter dem Einfluß des vernünftigen alten Häupt- 
lings Ngutte groß geworden ist, scheint mir der 
günstigste Mann als Ngilla zu sein. 
Bei der nach der Erstürmung von der Ngillastadt 
eingeleiteten Verfolgung, die sich bis über den Mbam 
und nach Norden herauf bis an das Gebirge er- 
streckte, hatte ich im Auge: 
Erstens nochmals dem gesammten Volke die Macht 
unserer Kräfte vor Augen zu führen; ferner die 
Kriegspartei unter Wunga möglichst zu schädigen, 
mit Ngane Verbindung anzuknüpfen, um denselben 
später als Ngilla einzusetzen. Aus diesem Grunde 
war mir die Vermittelung durch Ngutte sehr er- 
wünscht. Die ist nicht erreicht worden, da Ngutte, 
Verwickelungen fürchtend, sich weit ins Gebirge zu- 
rückgezogen hatte. 
Em glücklicher Zufall spielte dem Oberleutnant 
Dominik die Mutter Nganes in die Hände, und 
es gelang mir nach vielen Schwierigkeiten, mit Ngane 
zu verhandeln. Vor der Hand fürchtet sich noch 
Ngane, persönlich zu erscheinen, obschon ich ihm Hülfe 
gegen Wunga zugesagt habe. Da überall der offene 
Widerstand der Wutes gebrochen ist und sich nur 
einzelne Theile der Bevölkerung zerstreut verborgen 
halten, will ich ihnen Zeit zur Ueberlegung lassen 
und werde in den nächsten Tagen auf Joko ab- 
marschiren, um meiner zweiten Ausgabe, der Unter- 
werfung Tibatis, gerecht zu werden. Ich habe die 
Ueberzeugung, daß nach Rückkehr von Tibati sich 
die Wutesache leicht ordnen wird. 
Bei der Expedition ist Alles wohlauf. Der 
Sergeant Jonczyk ist von seiner Verwundung her- 
gestellt und dienstfähig. 
Eröfnung des neuen Meges bictoria- Kriegsschifßhafen. 
Nach einer Meldung des stellvertretenden Bezirks- 
amtmanns in Victoria (Kamerun) ist der neue Weg 
von Victoria nach Kriegsschiffhafen bezw. Nbamba 
nunmehr fertiggestellt und am 1. April dem Verkehr 
übergeben worden. 
  
Die Bachübergänge des alten 
340 — 
Weges sind sämmtlich durch hölzerne, auf massivem 
Mauerwerk ruhende Brücken auch für den Reit- 
verkehr bequem gangbar gemacht. Der Fährbetrieb 
am alten Wege ist mit dem oben genannten Tage 
eingestellt worden. 
Togo. 
Denkmal für den Stabsarzt Dr. Wolf. 
Das dem Andenken des verstorbenen Stabsarztes 
Dr. L. Wolf von einem Kreise von Freunden ge- 
stiftete Denkmal ist Anfang Januar in Lome ange- 
kommen, auf dem Hansaplatze dort aufgestellt und 
am 1. April feierlich enthüllt worden. 
Der Hansaplatz, der die Form eines Dreiecks hat, 
steht an seiner einen Spitze mit dem Marktplatze 
Lomes in Verbindung. Mit der gegenüberliegenden 
Seite liegt er in der Hauptstraße Lomes — Ham- 
burgerstraße genaunt —, auf welcher, am Wohnhause 
des Gouverneurs beginnend, die Schienenbahn an 
den sämmtlichen Faktoreien der europäischen Handels- 
häuser vorbei zum Regierungslande hinausführt. 
Gegenüber dem Hansaplatze mündet in die Ham- 
burgerstraße die von der Landungsstelle heraufführende 
Poststraße, so daß Jeder, der sich vom Dampfer 
kommend in die Stadt begiebt, sich alsbald dem 
Denkmal gegenüber sieht. Der Platz war bisher 
der Träger der einzigen kleinen öffentlichen Garten- 
anlage Lomes, welche behufs Fundamentirung und 
Errichtung des Denkmals vorübergehend hat ver- 
schwinden müssen, um demnächst in veränderter, der 
Gestalt des Denkmals angepaßter Form neu zu er- 
stehen. Das Denkmal liegt jetzt mit der Hauptfront 
nach der erwähnten Hamburgerstraße inmitten eines 
durch ein einfaches Eisengitter umgrenzten Beetes, 
dessen Pflanzenwuchs niedrig gehalten wird, 
während auf einem dahinterliegenden Beete, welches 
den übrigen Theil des Platzes ausfüllt, etwas höher 
wachsende Büsche angepflanzt werden sollen, welche 
nach einiger Zeit einen angemessenen Hintergrund 
für den Obelisken abgeben werden. 
Ueber den Verlauf der Enthüllungsfeier berichtet 
der Kaiserliche Gouverneur: Der Einladung zur 
Theilnahme waren die hiesigen Europäer mit ihren 
Damen nahezu vollzählig gesolgt. Auch diejenigen 
Kreise der eingeborenen Bevölkerung, bei welchen 
Interesse oder Verständniß für den festlichen Hergang 
vorausgesetzt werden konnte, insonderheit die farbigen 
Beamten der Regierung, waren herangezogen worden. 
Auf dem mit Fahnen geschmückten Platze waren auf 
der einen Seite der hier befindliche Theil der Polizei- 
truppe, auf der anderen die verfügbaren Polizisten 
in ihren besten Uniformen aufgestellt. Um 4½ Uhr 
nachmittags leitete Gesang des Sängerchors der 
katholischen Mission die Feier ein. In der hierauf 
solgenden Ansprache gab der Stellvertreter des 
Gonverneurs eine kurze Darstellung des Wirkens 
des verstorbenen Forschers im Dienste des Schutz-
	        
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