Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

in den Busch geflüchtet sei, nahm ich von einer Lan— 
dung an dem Platze umsomehr Abstand, als bei den 
wenig günstigen Winden und dem starken dort herr- 
schenden Strom im Fall eines nochmaligen Anlaufens 
der Küste eine Verzögerung unserer Fahrt zu be- 
fürchten war. « 
Vom 18. bis 28. März kreuzten wir zwischen 
Neu-Mecklenburg und Gardener-Insel, ohne bei dem 
starken Strom auch nur eine Seemeile zu gewinnen. 
Schließlich ließ der Kapitän das Schiff umdrehen. 
Mit günstigem Winde fuhren wir in einem Tage bis 
Nusa, hatten aber auf der weiteren Fahrt zum Theil 
wieder Windstille. Am 4. April, vormittags 3 Uhr, 
kamen wir endlich mit Hülfe eines heftigen Nordwest- 
windes in Herbertshöhe an. 
Aus meiner Fahrt habe ich bezüglich einer künf- 
tigen Gestaltung der Verwaltung folgende Eindrücke 
gewonnen: 
Bei Stationirung einer Truppe im nördlichen 
Theil Neu-Mecklenburgs, welche mit einem Kutter 
und mehreren Booten auszurüsten wäre, sowie bei 
regelmäßig alle drei bis vier Monate wiederkehrenden 
Rundfahrten des Gouverneurs um die von der Station 
aus nicht erreichbaren Theile Neu-Mecklenburgs, 
würden die Kämpfe der Eingeborenen auf Neu- 
Mecklenburg und den kleineren Inseln allmählich zum 
Aufhören gebracht und das Land damit einer fried- 
lichen Entwickelung erschlossen werden können. 
  
Ueber einen öng gegen die Anapaparleute auf der 
Gazelle-Dalbinsel 
berichtet der stellvertretende Kaiserliche Gouverneur 
Schnee zu Herbertshöhe unter dem 8. April d. Is. 
Folgendes: 
Die Eingeborenen von Anapapar im Innern der 
Gazelle-Halbinsel westlich vom Varzin, welche bereits 
früher wiederholt mit anderen Stämmen im Kampf 
gewesen waren, hatten Weihnachten v. Is. die an der 
Küste des Weberhafens, nicht weit von der Nieder- 
lassung des weißen Händlers Strasser in Kabaira, 
wohnhaften Eingeborenen überfallen und drei Leute 
getödtet. 
Der Händler in Kabaira fühlte sich in seiner 
Sicherheit bedroht und wandte sich an das Kaiserliche 
Gericht um Hülfe. Ich beschloß, aus folgenden Ge- 
sichtspunkten eine Züchtigung der Anapaparleute 
vorzunehmen: 
In Kabaira sind nach den mir gemachten Angaben 
im Laufe der Jahre bereits 14 Europäer erschlagen 
worden. Nachdem eine Zeit lang Kabaira von Euro- 
päern verlassen geblieben war, ist vor etwa Jahres- 
frist wieder eine Händlerstation dort eingerichtet 
worden. Gleichfalls am Weberhafen, in Mandres, 
hat dic katholische Mission vom heiligen Herzen Jesu 
eine Niederlassung eröffnet. Am Massavahafen ist 
von der Neu-Guinea-Kompagnie mit der Anlegung 
einer Pflanzung begonnen worden. Alle diese Unter- 
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nehmungen erschienen, wenn auch die Letztgenannte 
nur indirekt, bedroht, wenn die That der Anapapar- 
leute, welchen ein Theil der früheren Ermordungen 
von Europäern zugeschrieben wird, ungefühnt blieb. 
Außerdem würde im Fall des Nichteinschreitens bei 
einem solchen nicht sehr weit vom Sitz der Verwal- 
tung ausgeführten Ueberfall das Ansehen der Ver- 
waltung bei den übrigen Eingeborenen leicht eine 
Schädigung erfahren haben. 
Am 15. Februar d. Is. marschirte ich mit einem 
Theil der Polizeitruppe von Malagunan (Blanchebucht) 
nach Kabaira, wohin sich der Polizeiunteroffizier 
Schuberth mit dem Rest der Truppe vermittelst des mir 
von der katholischen Mission zur Verfügung gestellten 
Kutters „Zevelde“ bereits begeben hatte. Seitens 
der Anapaparleute war bereits die Nachricht nach 
Kabaira gesandt, sie würden vor uns nicht davon- 
laufen, sondern uns erwarten und Alle tödten. Da 
unter diesen Umständen an irgend welche Verhand- 
lungen nicht zu denken war, marschirte ich am anderen 
Morgen mit Sonnenaufgang unter Führung einiger 
Eingeborener sowie in Begleitung des Herrn Strasser 
mit dem Polizeiunteroffizier und der Polizeitruppe 
in den Busch. Meine Truppe bestand aus 21 Mann. 
Nach fünfstündigem ununterbrochenem Marsch durch 
den Busch auf Kanakerpfaden, streckenweise in seichten 
Bächen watend, erreichten wir die ersten Anpflan-= 
zungen der Anapaparleute. Letztere waren auf unser 
Kommen vorbereitet, wir hörten schon von Weitem 
den Klang ihrer Trommeln. Auf schmalem Pfade 
durch das hohe Gras, welches stellenweise von An- 
pflanzungen unterbrochen war, ging es weiter. Ein 
Kanaker wurde unterwegs von der Spitze überrascht 
und erschossen. Die Anapaparleute schienen vor uns 
eine Stellung eingenommen zu haben, warteten aber 
unser Näherkommen nicht ab, sondern umgingen uns 
plötzlich auf beiden Seiten, was wir des Busches 
und hohen Grases wegen nur hören konnten. Ich 
ließ auf einer Erhöhung Halt machen, welche wenig- 
stens nach der Seite, von welcher wir gekommen 
waren, verhältnißmäßig freies Schußfeld gewährte. 
Von dieser Richtung erfolgte nunmehr der feindliche 
Angriff, während der erwartete Angriff von den Seiten 
unterblieb. Die Eingeborenen rückten mit Kriegs- 
geschrei, ihre Speere schwingend und eine Art Kriegs- 
tanz aufführend, heran, wurden aber durch Gewehr- 
feuer bald zurückgetrieben und eilten in wilder Flucht 
seitwärts an unserer Stellung vorbei zurück. Ich 
benutzte dies zu einem Vorstoß nach der Seite, der 
durch den Polizeinnteroffizier mit einigen Mann er- 
folgreich durchgeführt wurde. Im Ganzen hinter- 
ließen die Kanaker sieben Todte. Wie groß die Zahl 
der Angreifer war, läßt sich bei dem unübersichtlichen 
Gelände auch nicht annähernd angeben. An Waffen 
waren außer den Speeren und einigen Schüssen nach 
zu urtheilen ein oder zwei alte Schrotgewehre vor- 
handen. Die Truppe hatte keine Verluste. 
Nach kurzer Mittagsrast wurde der Rückmarsch 
angetreten. Wir langten noch vor Sonnenuntergang
	        
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