sehr verschieden behandelt. Der Nil sei hinsichtlich
der Schifffahrt nur den einheimischen Gesetzen
Egyptens unterworfen, und dieser Grundsatz sei in
allen Handelsverträgen, selbst England gegenüber,
gewahrt. Auf dem Zambesi dagegen hätten die
Grundsätze der Berliner Akte durch den englisch-
portugiesischen Vertrag vom 11. Juni 1891 die
vollständigste Anwendung gefunden, ja man gestehe
sich hier gegenseitig das Recht des Baues von
Straßen, Brücken, Telegraphenlinien, Eisenbahnen zu.
Nach der gegenwärtigen Lage in Afrika sei die
völlige Freiheit der Schifffahrt noch weit von der
Verwirklichung entfernt.
III. Die Unzulänglichkeit der Bestimmungen der
Berliner Akte leitet der Verfasser daher, daß die
Bevollmächtigten beim Berliner Kongreß, obgleich
sie sich für die vollständigste Freiheit der Schifffahrt
erklärt, nur an die Sicherung der Handelsfreiheit
der europäischen Völker gedacht hätten. Es hätten
jedoch zuerst andere Fragen geregelt werden müssen.
Bei dem damals noch vollständig verschlossenen
ungeheueren inneren Gebiet von Mittelafrika wäre
die Erforschung die erste Arbeit. Die Generalakte
hätte den Forschern die so nothwendige Freiheit und
Sicherheit gewährleisten müssen. Die einzige Be-
stimmung darüber sei die des Artikel 6, welcher
religiösen und wissenschaftlichen Unternehmungen
Hülfe und Schutz verspricht. Die Erfahrung habe
gelehrt, daß die europäischen Nationen jeden Versuch
der Erforschung auf einem Gebiet, in dem sie auch
nur einen Schein von Autorität besaßen, mit scheelen
Augen ansähen.
Beachtung verdient hätte ferner bei der voraus-
zusehenden und thatsächlich eintretenden Theilung des
Landes durch Verträge die Organisation der neu
erworbenen Gebiete.
Von unbestreitbarem Nutzen sei wenigstens, daß
der Kongreß die internationale Gültigkeit der Er-
werbung von herrenlosem Gebiet bestimmten Be-
dingungen unterwarf. Allerdings wären die guten
Absichten der Mächte bedroht durch die Ueber-
treibungen der Theorie vom Hinterland und be-
sonders durch den neuen Begriff der Einflußsphäre.
Aber selbst bei endgültiger und billiger Regelung
der Frage der Okkupationen müsse man sich mit der
Rolle der Flußschifffahrt bei der schwierigen Organi-
sationsarbeit beschäftigen.
Der Handel selbst könne sich nicht mit der ein-
sachen Freiheit begnügen, welche der Berliner Vertrag
ihm zugesichert habe, er bedürse der Sicherung durch
den Staat, der ihm die vielfältigen Grundlagen für
den Erfolg seiner Unternehmungen verschaffen müsse.
Aus der allgemeinen Gestaltung des afrikanischen
Kontinents, der zudem fast ganz abhängig sei von
den vier großen Strömen und ihrem Wassernetz,
ergebe sich, daß in keinem Lande die Flußschifffahrt
berufen sei, eine so große Rolle zu spielen als in
Afrika. Alle Forscher hätten nur ihrer Sorgfalt,
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sich immer, soweit möglich, auf die Hülfsmittel der
Flußschifffahrt zu stützen, ihre Entdeckungen gedankt.
Ohne das wunderbare Netz der afrikanischen
Flüsse wäre auch die Organisation der europäischen
Kolonien unmöglich gewesen, für welche die Leichtig-
keit regelmäßiger Verbindungen eine Lebensfrage sei.
Daher komme die vernünftige Seite der Theorie vom
Hinterland, daher die unabwendbare Nothwendigkeit
der Freiheit der Schifffahrt, daher für jede Kolonie
in kurzer Zeit der Untergang, wenn sie nicht mit
einem Ausweg auf der nächsten schiffbaren Straße
versehen sei.
Der Handel bedürfe derselben Erleichterungen.
Auch der zu erwartende Bau von Eisenbahnen ge-
nüge nicht, um die Handelswichtigkeit der Flußschiff-
fahrt zu vermindern.
Die Eisenbahnen hätten hier allerdings eine be-
sondere Rolle, die Nichtschiffbarkeit gewisser Theile
der afrikanischen Flüsse zu ergänzen. Aber bis das
verwirklicht, sei viel Zeit und Geld nöthig. Und
selbst dann würde mehr als bei uns der Transport
der großen Masse der Waaren auf Eisenbahnen als
lästig betrachtet, und wo irgend möglich durch Schiffs-
trausport ersetzt werden. In der allgemeinen Handels-
bewegung Afrikas würden die Eisenbahnen nichts
Anderes als Gehülfen der Flußschifffahrt sein.
Die Flußschifffahrt habe daher dort eine ganz
andere politische und wirthschaftliche Wichtigkeit als
in Europa. Sie bilde das zugleich billigste, schnellste,
sicherste Verkehrsmittel, sehr oft selbst das einzige.
Daher bedürfe die verschiedene Lage nothwendig
einer anderen Regelung, die Eröffnung der afrika-
nischen Flüsse für den allgemeinen Handel eine neue
Ausdehnung. Die natürliche Bestimmung der Flüsse
sei, durch den internationalen Handel nutzbar gemacht
zu werden. Die Flüsse müssen daher als Allen ge-
meinsame angesehen, ein allgemeiner Gebrauch der
Wasserstraßen aufgestellt werden. Eine einzige Grenze
ziehe die Sicherheit der Uferstaaten. Aber eine Ge-
fahr für sie sei nicht vorhanden. Unter diesem Vor-
behalt müsse Grundsatz sein, eine so weit als möglich
ausgedehnte Vermittelung aller Vortheile, welche die
Flußschifffahrt allen betheiligten Völlern ohne Aus-
nahme bieten kann.
Dazu wäre die Annahme neuer, um vieles frei-
sinnigerer Regeln erforderlich als diejenigen der Ber-
liner Akte.
IV. In dieser Hinsicht stellt der Verfasser fol-
gende Grundsätze auf:
1. Freiheit der Schifffahrt auf den vier großen
afrikanischen Flüssen, einschließlich ihrer Zuflüsse ohne
die vom Wiener Kongreß ausgestellte Unterscheidung
zwischen internationalen und nationalen Flüssen.
2. Anwendung dieser Freiheit auf die Kriegs-
schisfe wie Handelsschiffe.
3. Das Recht der Benutzung der Ufer, soweit
sie für die Schifffahrt selbst unerläßlich sei.
Verfasser wünscht dabei viele neue Anwendungen
dieses in gewissen Grenzen alten Rechtes. So Be-