die Umfriedigung. Die Hütten sind nicht so sorg-
fältig gebaut, die Felder nicht so gepflegt, im
Uebrigen aber sind Eindruck und Einrichtung die-
selben.
Die Lebensgewohnheiten und Kriegsgebräuche
sind gleich; die Bewaffnung ebenfalls Speer. Bogen
und Pfeil, Schild und Messer; jedoch sind Lanzen
und Messer bedeutend besser gearbeitet und erstere
öfters mit Widerhaken versehen. Während das
Ruandamesser Schnitzereien aufweist, fehlen diese in
Urundi, hier sind die Scheiden mit Eisen-, Messing-
oder Kupferdraht kunstvoll umwickelt. Der Schild
ist etwas kleiner als derjenige der Nachbarn. Die
Warundi tragen durchweg einen Armring aus Holz,
Kupfer oder Messing, welchen man in Ruanda nur
selten trifft, dann ist er auch meist eine Kriegs-
trophäe aus den Kämpfen mit den Nachbarn. Der
Zweck dieser Armringe, welche häufig zwei bis drei
deutsche Pfund wiegen, wird sehr verschieden be-
zeichnet. Einzelne behaupten, sie dienten nur zum
Schmuck, Andere, und deren Meinung scheint mir
die richtige zu sein, halten sie für einen Schutz gegen
das Vorschnellen der Bogensehnen beim Schießen,
was um so mehr einleuchtet, als die Bogen sehr
flach gespannt sind. Bei allen Leuten, von denen
ich mir das Bogenschießen zeigen ließ, bemerkte ich,
daß die Leute sich erst den Armring zurechtschoben
und dann die Bogensehne damit auffingen. Ihre
Kampfesweise ist die der Wanyarnanda.
Urundi ist reicher an Rindenstoffbäumen als wie
Ruanda, daher findet man hier fast ausschließlich
Bekleidung mit selbstgefertigten Stoffen, welche sehr
sauber gearbeitet und nicht selten mit Mustern und
Kanten gesärbt sind; den Farbstoff liefert schwarze
Sumpferde. Daß, wie Hauptmann Ramsay
schreibt, die Warundi Stoffe mit Entrüstung zurück-
wiesen, wogegen die Wanyaruanda dieselben ver-
langten, erkläre ich aus dem größeren Bestand an
Rindenbäumen, woraus die Schwarzen ihren Stoff
bereiten, welcher sie gegen die Kälte der Nacht und
Regen jedenfalls besser schützt als wie die als Tausch-
artikel verwendeten dünnen europäischen Gewebe;
dickere Tuchstosfe würden sie sicher nicht verabscheuen;
eine Bekleidung mit Fellen ist selten.
Durch die Nachrichten in Muyagga wurde ich
verhindert, das Dorf des Mwesi zu besuchen, und
kann ich daher nichts über diese zweifelhafte Per-
sönlichkeit berichten. Jedenfalls hat er nicht den
geringsten Einfluß auf die entfernt von ihm woh-
nenden Warundi, weshalb auch hier fortwährende
Streitigkeiten vorkommen und die einzelnen Unter-
sultane sich dauernd bekriegen.
Während das große Ruandareich in bewunderns-
werther, mustergültiger Ordnung unter der Watussi-
herrschaft durch den Kigeri in Zucht gehalten wird,
ist Urundi das Land der dauernden kleinen Kriege,
welche den Verkehr mit den Eingeborenen und das
Reisen im Lande bedeutend erschweren. Urundi ist
ebenfalls reich an Vieh, der von mir berührte Theil
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dicht bevölkert, doch habe ich über die ungefähre
Gesammtzahl mir noch kein Urtheil bilden können.
Von Handel ist in Ruanda noch wenig zu
merken, der geringe Bedarf an Stoffen und Perlen,
Salz und Eisen wird dem Lande von Osten durch
Karagwe und Unyamwesi durch eingeborene Händler
zugeführt, welche für ihre Waaren Vieh (wmeist
Schafe und Ziegen, Rinder verkauft der Muussi
ungern) und wenig Elfenbein einhandeln.
Urundi besitzt entschieden mehr Elfenbein; die
hier von den Eingeborenen gewünschten Gegenstände,
Perlen, Draht r2c., wurden bisher auch meist aus
Unyamwesi eingeführt, jetzt beginnen aber bereits
Udsjidji-Araber als Händler mit den Warundi in
Berührung zu treten.
In Ruanda hat die Expedition Erfolg dadurch
gehabt, daß die von Hauptmann Ramsay begon-
nene Anknüpfung nunmehr zur Anerkennung der
Oberherrschaft der deutschen Macht geworden ist.
Der Kigert ist, wie ich feststellen konnte, bis an
die Grenzen seines Reiches unumschränkter Herrscher,
dessen Befehle in allen Theilen des Landes, auch in
Kissakka, ohne Widerrede befolgt werden, und dürfte
nun sein Einfluß bei dem jetzt hergestellten Schutz-
verhältniß die weitere segensreiche Entwickelung in
wirthschaftlicher Beziehung unter deutscher Einwirkung
sehr erleichtern.
In Urundi hat die Unterwerfung des Sohnes
des Mwesi sowie die Bestrafung des Sultans
Lussonika das deutsche Ansehen und die Macht der
Europäer entschieden erhöht, obgleich ich glaube, daß
gerade die übermüthigen Warundi, welche sich rühmen
wollten, daß keine Europäer-Karawane ohne große
Verluste an Gut und Blut ihr Land durchreisen
könne, noch häufig zum Waffengebrauch reizen und
herausfordern werden, bis das Dunkel um den Mwesi
durch die Station gelichtet sein wird.
Durch diese umfangreiche Expedition bin ich zu
der Ueberzeugung gekommen, daß für den Bezirk
Udjidji wegen seiner Längenausdehnung die Besetzung
mit einer Kompagnie nicht ausreicht, und erneuere ich
meine Bitte um Errichtung einer Station im Süden.
Wünschenswerth wäre es, den Bezirk, sobald
genügend Kräfte und Mittel zur Verfügung stehen,
in zwei Bezirke mit selbständigen Verwaltungen um-
zuwandeln.
Die Verluste der Expedition waren: 1. Gestorben:
a) an Dysenterie: 1 Träger, 1 Askari, 1 Askari-
boy, b) infolge großer Kälte und Regenwetter:
1 Askariboy; 2. vermißt: 1 Askariboy.
In geographischer und kartographischer Beziehung
dürfte die Auffindung von acht neuen Seen wichtig
sein, von denen als interessantester der Kratersee des
Kirunga zu bezeichnen ist; denn sollte, woran ich
nicht zweifeln möchte, der nach Westen gehende Ab-
fluß des Nyaruhondo-See dem Nyavarongo zufließen,
dann dürfte der See des Kirunga theilhaben an der
Entstehung des Nil und als eine Nilquelle mit
gelten können.