Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

die Umfriedigung. Die Hütten sind nicht so sorg- 
fältig gebaut, die Felder nicht so gepflegt, im 
Uebrigen aber sind Eindruck und Einrichtung die- 
selben. 
Die Lebensgewohnheiten und Kriegsgebräuche 
sind gleich; die Bewaffnung ebenfalls Speer. Bogen 
und Pfeil, Schild und Messer; jedoch sind Lanzen 
und Messer bedeutend besser gearbeitet und erstere 
öfters mit Widerhaken versehen. Während das 
Ruandamesser Schnitzereien aufweist, fehlen diese in 
Urundi, hier sind die Scheiden mit Eisen-, Messing- 
oder Kupferdraht kunstvoll umwickelt. Der Schild 
ist etwas kleiner als derjenige der Nachbarn. Die 
Warundi tragen durchweg einen Armring aus Holz, 
Kupfer oder Messing, welchen man in Ruanda nur 
selten trifft, dann ist er auch meist eine Kriegs- 
trophäe aus den Kämpfen mit den Nachbarn. Der 
Zweck dieser Armringe, welche häufig zwei bis drei 
deutsche Pfund wiegen, wird sehr verschieden be- 
zeichnet. Einzelne behaupten, sie dienten nur zum 
Schmuck, Andere, und deren Meinung scheint mir 
die richtige zu sein, halten sie für einen Schutz gegen 
das Vorschnellen der Bogensehnen beim Schießen, 
was um so mehr einleuchtet, als die Bogen sehr 
flach gespannt sind. Bei allen Leuten, von denen 
ich mir das Bogenschießen zeigen ließ, bemerkte ich, 
daß die Leute sich erst den Armring zurechtschoben 
und dann die Bogensehne damit auffingen. Ihre 
Kampfesweise ist die der Wanyarnanda. 
Urundi ist reicher an Rindenstoffbäumen als wie 
Ruanda, daher findet man hier fast ausschließlich 
Bekleidung mit selbstgefertigten Stoffen, welche sehr 
sauber gearbeitet und nicht selten mit Mustern und 
Kanten gesärbt sind; den Farbstoff liefert schwarze 
Sumpferde. Daß, wie Hauptmann Ramsay 
schreibt, die Warundi Stoffe mit Entrüstung zurück- 
wiesen, wogegen die Wanyaruanda dieselben ver- 
langten, erkläre ich aus dem größeren Bestand an 
Rindenbäumen, woraus die Schwarzen ihren Stoff 
bereiten, welcher sie gegen die Kälte der Nacht und 
Regen jedenfalls besser schützt als wie die als Tausch- 
artikel verwendeten dünnen europäischen Gewebe; 
dickere Tuchstosfe würden sie sicher nicht verabscheuen; 
eine Bekleidung mit Fellen ist selten. 
Durch die Nachrichten in Muyagga wurde ich 
verhindert, das Dorf des Mwesi zu besuchen, und 
kann ich daher nichts über diese zweifelhafte Per- 
sönlichkeit berichten. Jedenfalls hat er nicht den 
geringsten Einfluß auf die entfernt von ihm woh- 
nenden Warundi, weshalb auch hier fortwährende 
Streitigkeiten vorkommen und die einzelnen Unter- 
sultane sich dauernd bekriegen. 
Während das große Ruandareich in bewunderns- 
werther, mustergültiger Ordnung unter der Watussi- 
herrschaft durch den Kigeri in Zucht gehalten wird, 
ist Urundi das Land der dauernden kleinen Kriege, 
welche den Verkehr mit den Eingeborenen und das 
Reisen im Lande bedeutend erschweren. Urundi ist 
ebenfalls reich an Vieh, der von mir berührte Theil 
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dicht bevölkert, doch habe ich über die ungefähre 
Gesammtzahl mir noch kein Urtheil bilden können. 
Von Handel ist in Ruanda noch wenig zu 
merken, der geringe Bedarf an Stoffen und Perlen, 
Salz und Eisen wird dem Lande von Osten durch 
Karagwe und Unyamwesi durch eingeborene Händler 
zugeführt, welche für ihre Waaren Vieh (wmeist 
Schafe und Ziegen, Rinder verkauft der Muussi 
ungern) und wenig Elfenbein einhandeln. 
Urundi besitzt entschieden mehr Elfenbein; die 
hier von den Eingeborenen gewünschten Gegenstände, 
Perlen, Draht r2c., wurden bisher auch meist aus 
Unyamwesi eingeführt, jetzt beginnen aber bereits 
Udsjidji-Araber als Händler mit den Warundi in 
Berührung zu treten. 
In Ruanda hat die Expedition Erfolg dadurch 
gehabt, daß die von Hauptmann Ramsay begon- 
nene Anknüpfung nunmehr zur Anerkennung der 
Oberherrschaft der deutschen Macht geworden ist. 
Der Kigert ist, wie ich feststellen konnte, bis an 
die Grenzen seines Reiches unumschränkter Herrscher, 
dessen Befehle in allen Theilen des Landes, auch in 
Kissakka, ohne Widerrede befolgt werden, und dürfte 
nun sein Einfluß bei dem jetzt hergestellten Schutz- 
verhältniß die weitere segensreiche Entwickelung in 
wirthschaftlicher Beziehung unter deutscher Einwirkung 
sehr erleichtern. 
In Urundi hat die Unterwerfung des Sohnes 
des Mwesi sowie die Bestrafung des Sultans 
Lussonika das deutsche Ansehen und die Macht der 
Europäer entschieden erhöht, obgleich ich glaube, daß 
gerade die übermüthigen Warundi, welche sich rühmen 
wollten, daß keine Europäer-Karawane ohne große 
Verluste an Gut und Blut ihr Land durchreisen 
könne, noch häufig zum Waffengebrauch reizen und 
herausfordern werden, bis das Dunkel um den Mwesi 
durch die Station gelichtet sein wird. 
Durch diese umfangreiche Expedition bin ich zu 
der Ueberzeugung gekommen, daß für den Bezirk 
Udjidji wegen seiner Längenausdehnung die Besetzung 
mit einer Kompagnie nicht ausreicht, und erneuere ich 
meine Bitte um Errichtung einer Station im Süden. 
Wünschenswerth wäre es, den Bezirk, sobald 
genügend Kräfte und Mittel zur Verfügung stehen, 
in zwei Bezirke mit selbständigen Verwaltungen um- 
zuwandeln. 
Die Verluste der Expedition waren: 1. Gestorben: 
a) an Dysenterie: 1 Träger, 1 Askari, 1 Askari- 
boy, b) infolge großer Kälte und Regenwetter: 
1 Askariboy; 2. vermißt: 1 Askariboy. 
In geographischer und kartographischer Beziehung 
dürfte die Auffindung von acht neuen Seen wichtig 
sein, von denen als interessantester der Kratersee des 
Kirunga zu bezeichnen ist; denn sollte, woran ich 
nicht zweifeln möchte, der nach Westen gehende Ab- 
fluß des Nyaruhondo-See dem Nyavarongo zufließen, 
dann dürfte der See des Kirunga theilhaben an der 
Entstehung des Nil und als eine Nilquelle mit 
gelten können.
	        
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