Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

räumlichkeiten hat. Die Assistenten müssen sich auf 
fünf Jahre verpflichten und erhalten nach acht Jahren 
ihren ersten Urlaub, indem ihnen für jedes Jahr ein 
Monat Urlaub angerechnet wird. Ihr Gehalt be- 
trägt 160 Gulden im 1. Jahre, im 2. 200, im 3. 
250, im 4. 300, 5. 350 und 6. 400 Gulden. 
Dazu kommt entweder vom 2. Jahre ab eine feste 
Gratifikation von 400 bis 500 Gulden, die bis auf 
mehrere Tausend Gulden sich steigern kann, oder sie 
haben oft 5 pCt. vom jährlichen Reingewinn der 
Farm, zusammengenommen. Während des Urlaubs 
erhält der Assistent sein volles Gehalt nebst Reise- 
unkosten. Das Gehalt des Administrators schwankt 
sehr, es stellt sich im Durchschnitt pro Jahr auf 
10 000 Gulden; dazu kommt als Hauptverdienst 
10 pCt. vom Reingewinn der Farm, so daß sich der 
jährliche Verdienst eines tüchtigen Administrators 
schon auf 80 000 Gulden im Jahre belaufen hat; 
im Durchschnitt kann man 40 000 Gulden rechnen. 
Ueber den Administratoren der einzelnen Pflanzungen 
steht bei den großen Gesellschaften ein Hauptadmini- 
strator, der monatlich 1000 bis 1500 Gulden Gehalt 
und 5 bis 10 pCt. vom Reingewinn sämmtlicher 
Farmen erhält. Sind diese alle gut geleitet, so kann 
ein solcher Beamter in einem Jahre ein großes Ver- 
mögen erwerben; sind jedoch einige schlechte Farmen 
darunter, die ohne Verdienst oder mit Manko arbeiten, 
so kann es vorkommen, daß ein Administrator mehr 
verdient wie sein Hauptadministrator. 
Bei der größten der Tabaksgesellschaften, der 
Deli Matshapaiji, stehen unter dem Hauptadministrator 
noch zwei Inspektoren, die die einzelnen Farmen 
bereisen, mit etwa 60 000 Gulden Gehalt bezw. 
Nebenspesen pro Jahr, und ein Sekretär mit 
36 000 Gulden Gehalt und 2½ pCt. vom Rein- 
gewinn. Die Unkosten einer Gesellschaft in Bezug 
auf die an die Beamten zu zahlenden Gehälter 
betragen oft bis 25 pCt. Wenn trotzdem eine 
solche Gesellschaft noch 1"½ Millionen und mehr 
Reinverdienst pro Jahr hat, so kann man daraus 
einen Schluß auf die Ertragfähigkeit der Tabak- 
kultur ziehen. 
Ebenso generös, wie die Gesellschaften gegen ihre 
Beamten sind, ebenso gut sorgen sie für das Wohl- 
befinden ihrer Arbeiter. Jede Pflanzung enthält 
Alles, was der Arbeiter liebt, vom Spielhaus und 
der herumziehenden chinesischen Theatertruppe ab- 
wärts bis zu den nothwendigsten Lebensbedürfnissen. 
Ihre Wohnungen sind hoch und geräumig und zeichnen 
sich im Innern durch musterhafte Reinlichkeit aus. 
Erkrankt ein Arbeiter, so wird er in das zu einer 
jeden Gesellschaft gehörige Krankenhaus geschafft und 
kostenlos geheilt und verpflegt. Diese Krankenhäuser 
können einer jeden Wohlfahrtsanstalt in der Heimath 
zum Muster dienen und werden von den tüchtigsten 
schlägigen Verhältnisse hat. 
Aerzten, für deren Engagement keine Kosten gescheut 
werden, und welche mit allen für ein Kranken- 
haus nöthigen Instrumenten vom Mikroskop ab- 
wärts ausgestattet sind, verwaltet. 
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Das Lazareth 
der Deli Matshapü enthält sieben Gebäude für je 
50 Kranke, die je nach ihren Krankheiten ganz 
getrennt voneinander untergebracht sind, dazu noch 
ein Lazareth für Europäer, eine Apotheke, ein 
Milkroskopirzimmer, Operationszimmer, zwei Zimmer 
für Aufbewahrung und Anfertigung von Medizinen, 
ein Untersuchungszimmer, Secirhaus und die Häuser 
für die Bediensteten des Lazareths. Die Unter- 
haltung dieser Institution kostet der Gesellschaft 
jährlich 30 000 Dollar, und es finden durchschnittlich 
2000 Kranke im Jahr Aufnahme in demselben. An 
diese Lazarethräumlichkeiten schließt sich ein Invaliden- 
heim an, in welchem die Deli-Gesellschaft ihren in- 
validen Arbeitern ein sorgenfreies Leben gewährt 
und ihnen außer freier Station noch täglich 3 Cent 
zur Befriedigung kleiner Bedürfnisse gewährt. Die 
Leute in diesem Heim werden, soweit es ihre Gesund- 
heit gestattet, mit kleinen Arbeiten zur Ausschmückung 
der Umgebung beschäftigt, so daß die ganze Anlage 
in ihrer Sauberkeit und mit den hübschen Anlagen 
einen sehr freundlichen, ja vornehmen Eindruck macht. 
Hieran schließt sich ein sogenanntes Emigrantenheim, 
in welchen die neu aus China eingeführten Leute 
ein vorläufiges Unterkommen finden, um von hier 
aus weiter auf die einzelnen Pflanzungen vertheilt 
zu werden. Die ganze Anlage, bestehend aus dem 
Wärter= und Untersuchungshäuschen und vier langen 
Gebäuden, ist durch ein hohes Eisengitter gegen die 
Außenwelt abgeschlossen, so daß Krankheiten, die 
unter diesen Ankömmlingen auftreten sollten, nicht 
ansteckend weiter Verbreitung finden können. Dieses 
Emigrantenheim ist für die Summe von 40 000 
Dollar von dem Pflanzerverein gebaut worden, 
einer Vereinigung der ganzen Pflanzungsgesellschaften, 
die neben anderen Obliegenheiten den Zweck hat, die 
Arbeitsfrage zu regeln. Diesem Verein ist es zu 
danken, daß sich die Arbeiterpreise immer auf der- 
selben Höhe erhalten haben, und daß die Arbeiter, 
welche heimlich ihren Dienst verlassen, sehr bald 
wieder aufgegriffen und auf ihre Dienststelle zurück- 
geschafft werden, jedenfalls auf keiner anderen Pflanzung 
Verwendung finden. 
Dem Hauptadministrator, also dem obersten An- 
gestellten einer jeden Gesellschaft, wird von Letzterer 
unbedingtes Vertrauen entgegengebracht, er ist daher 
mit unbeschränkter Vollmacht ausgestattet und hat 
der Gesellschaft nur Rechnung zu legen. Es mag 
etwas bedenklich erscheinen, einem Manne, der infolge 
der großen Entfernung unkontrollirbar ist, die un- 
beschränkte Verwaltung eines Unternehmens, wie z. B. 
der Deli-Matshapij, anzuvertrauen, doch ist es wohl 
zu berücksichtigen, daß der Hauptadministrator eine 
langjährige Schule und Erfahrung hinter sich hat 
und, da er meist im Dienste derselben Gesellschaft 
emporgestiegen ist, die beste Kenntniß der ein- 
Zum Transport des Tabaks zu den Essenbahn= 
stationen bedient man sich zweirädriger mit einem 
Dach aus Matten versehenen Karren, die von in-
	        
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