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eine lange Strecke Buschwald vor mir zu sehen, der
sich aber bei Annäherung als eine etwa 1000 Stück
starke Heerde von vorherrschend Zebras und Leier-
antilopen auswies. Rhinozeros und Elefant sind
auch nicht selten, während Löwen hier nachgerade zu
Hause sind. Einen schreckte ich sogar in 150 m
Entfernung vom Kadaver eines Zebras auf, den er
soeben unter den Augen einer riesigen aus 500 m
Entfernung neugierig zuschauenden Heerde dieser
Thiere verspeist hatte. Es empfiehlt sich, hier ein
Zebrareservat zu schaffen, und ich habe deshalb Merere
eingehend über den Werth des Zebras unterrichtet
und das Schießen dieser Thiere verboten.
Am Mpangali selbst liegen keine Dörfer, wohl
aber sind eine Reihe Niederlassungen, meist Neu-
siedelungen, durch Merere ein bis zwei Stunden vom
Flusse ab in der Steppe verstreut, die vielfach be-
züglich Brennmaterials auf Dünger angewiesen sind.
Am linken Ufer ist jedoch die Steppe von Ulanga
an westlich menschenleer und fast ohne Wild. Bei
Ulanga, einer Niederlassung mit 60 Hütten, 1 1/ Stun-
den nördlich des Mpangali, auf der Straße Gawiro
—Niam-Niam, ging Oberleutnaut v. der Marwitz
östlich zum Weiterzählen ab, während Merere auf
direktem Wege westlich nach seiner im Neubau be-
griffenen Ussangaresidenz Utengule ging. Ich selber
zog aus kartographischen Gründen erst flußauf längs
des Mpangali bis zu seinem Zusammenflusse mit
dem Bavali und Kimara bei Muhenjero. Von hier
bis Tagata fließt er, ein gewundener, 50 bis 100 m
breiter, 1 m tiefer Kanal, in erhabener Eintönigkeit
durch die öde Steppe. Fische sind zahlreich, Kroko-
dile sonnen sich auf den Schlammbänken am Ufer,
einzelne Flußpferde tauchen im gelben Wasser auf,
und ab und zu sieht man einen Reiher oder Marabu;
aber überall ist Schweigen, und zu windstiller
Mittagszeit ist die Einsamkeit in der endlosen, gelben,
mit flimmernder, kochender Luft bedeckten Ebene förm-
lich erdrückend. Auf der genannten Strecke fließt
allein der Mkodjafluß und Ruahabach in den Mpan-
gali; trotzdem ist er die ganzen 20 Stunden durch
wohl fahrbar. Schade, daß er von Tagata fluß-
abwärts stetig wasserärmer wird, sein Sandbett gegen
Felsen vertauscht und kaum je zu gebrauchen sein wird.
Von Muhenjcro zog ich längs des Barali durch
die starke Wasafuaniederlassung der Landschaft Don-
jera, die mit ihren großen Bäumen, bedeutenden,
ganz prächtig stehenden Mtamafeldern, ihren niedlichen,
vielsach von Schlinggewächsen umrankten Wasafua=
Rundhütten einen recht guten Eindruck machte, der
nur durch die Thatsache getrübt wurde, daß hier die
Pocken arg gehaust hatten. Jedermann hat hier
neben der Rundhütte auch die Wassangatembe, erstere
für die trockene, moskitoarme, letztere für die nasse,
moskitoreiche Jahreszeit, infolgedessen dünkt dem
Durchreisenden die Bevölkerungsziffer größer, als sie ist.
Von hier ging ich den Barali, Ruaha, Kimara,
Kimane, Mkodja — lauter wasserreiche, klare, kalte
Flüsse — und den sechs Stunden breiten, öden
Buschpori Komalinji—Utengule passirend, auf der
Karawanenstraße nach Utengule. Alle Ortschaften
hatten durch Pocken erhebliche Verluste erlitten, die
Ernten waren in den höher gelegenen Plätzen durch
Dürre beschädigt. Utengule selbst steht an einer für
die Wassanga und speziell für das Mereregeschlecht
historisch wichtigen Stelle. Einmal äscherten ihnen
hier die Julu in alten Zeiten ihr ältestes Utengule
ein. Nachdem sie wieder eine gewaltige, über eine
Stunde im Umfang messende Stadtanlage hier erbaut
hatten, wurden sie von den Kwawas vertrieben. Sle
hatten sich auch in einem Utengulebau bei Tagata,
später in einem solchen am Mpangali beim Austritt
aus den Bergen — wo sie vor etwa 25 Jahren
von Elton besucht wurden — krampfhaft zu halten
versucht. Jetzt, nachdem sie über 20 Jahre ganz
aus ihrem Stammlande vertrieben gewesen, bauen
sie mit großer Genugthuung an einer Niederlassung,
die an Umfang ihren Traditionen würdig zu werden
verspricht. Merere sagte, als ich ihm die Steuer-
nothwendigkeit andeutete: „50 (5) Jahre bin ich und
meine Väter herumgeirrt; jetzt möchte ich mich am
alten Flecke ausruhen; dies Jahr erlaß mir die
Steuer, aber meine Leute, die sollen zahlen.“ Hier
traf ich mit Dr. Fülleborn zusammen, der eine
Impfreise zu meiner großen Freude auch auf Ubena
ausgedehnt und sogar in Mlangali Lymphe hinter-
lassen hatte.
Nach zweitägigem Aufenthalte und vielen Schauris
zog ich mit Merere bis zur bedeutenden ebenfalls
neuen Niederlassung Ruiwa hart an seiner Westgrenze,
die gegen Langenburg durch den steilen Usafaabfall
gegeben ist. Der nach Usafa führende Paß scheint
mir recht bequem und bei geringer Bearbeitung
fahrbar zu sein. Sollte dies der Fall sein, wäre
ein fahrbarer Weg zum Rikwa und Tanganyika leicht
erreichbar. Da ich die Rückreise von hier zunächst
durch das südlich an Mereres Reich grenzende Gebiet
Kahémeras nehmen wollte, wegen Routenaufnahmen,
verabredete ich mit Merere ein Zusammentreffen bei
dem in Mlangali angesagten großen Schauri und
zog dann zwei Tage lang durch das genannte Land.
Dies ist ein zwei bis vier Stunden breiter Streifen
längs des Nordabfalles der Lingaberge, vom Usafa-
passe bis zum Mpangali und ist eins der besten
Stücke Ussangas. Die Leute Kahémeras scheinen
vielfach Wasafua zu sein, jedenfalls herrscht die be-
treffende Hüttenart vor. Das Land ist besser be-
wässert als das übrige nördlich daran grenzende
Ussanga, weil hier noch viele Bäche einzeln fließen,
die weiter nördlich entweder schon trocken sind oder
ihr Wasser in größeren Flüssen vereinigt haben, die,
ohne abgeleitet zu werden, nicht so viel Terrain be-
feuchten können. Die Dürre hat deshalb weniger
wirken können und ist wohl wegen der größeren
Nähe an den hohen Kmgabergen überhaupt geringer
gewesen. Die Felder standen hier ausgezeichnet.
Bei Fukwa am Mpangali betrat ich wieder Me-
reres Reich, wo recht bedeutender Anbau auf dem