Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Zum Schluß möchte ich noch auf eine rein wirth- 
schaftliche Frage zu sprechen kommen, die meines 
Wissens auch noch nicht mit Bezug auf Eisenbahn- 
unternehmungen erörtert ist. In der Nähe der 
Küste entwickelt sich in erfreulicher Weife der Plan- 
tagenbau mehr und mehr. Die Küstenbezirke sind 
aber im Vergleich zu den Landschaften im Innern 
verhältnißmäßig menschenarm. Schon jetzt hört man 
die Plantagenleiter über Arbeitermangel klagen und 
dementsprechend auch über zu hohe Arbeitslöhne. 
Dieser Zustand wird sich bei der Weiterentwickelung 
der Plantagenunternehmungen selbstverständlich stei- 
gern, und es ist zu befürchten, daß in geraumer Zeit 
Neugründungen von Plantagen wegen Mangels an 
Arbeitskräften unterbleiben müssen, oder aber, daß 
die Arbeitslöhne so hoch steigen, daß die Plantagen- 
produkte auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurriren 
können. Durch Eisenbahnbauten wird hierin gründ- 
licher Wandel geschaffen. Sie werden eine Art 
Sachsengängerei zur Folge haben. Durch im Innern 
inmitten der menschenreichen Stämme angesessene 
Agenten werden dann dort Plantagenarbeiter zu 
günstigen Bedingungen angeworben und je nach dem 
Bedarf mittelst der Eisenbahn in die Plantagen- 
bezirke geschafft, von wo sie nach Abschluß der Ernte- 
arbeiten oder in den Monaten, in denen die Plan- 
tagen weniger Hände nöthig haben, in ihre Heimath 
zurückkehren. Eine solche Einrichtung würde ganz 
und gar der Neigung der Stämme im Innern ent- 
sprechen. Die Waniamwesi und Wasekuma find 
dafür wie geschaffen. Fleißige Landarbeiter, haben 
sie dennoch einen unbezähmbaren Drang zum Reisen. 
Jeder Uniamwesi und Msekuma muß wenigstens 
einmal im Leben das Meer sehen. Unter den 
jetzigen Verkehrsverhältnissen befriedigen sie ihren 
Reisedrang als Karawanenträger. Als solche kommen 
sie zur Küste, arbeiten hier mehrere Monate und 
sind auch bereits auf den Plantagen nicht mehr 
fremd. Nach einigen Monaten haben sie sich bei 
ihrer großen Genügsamkeit so viel von ihrem Lohn 
erspart, daß sie sich eine Last Baumwollenstoff oder 
dergleichen Kostbarkeiten kaufen können, und wohl 
befriedigt und mit ihren Schätzen beladen, kehren sie 
in ihr Land zurück. Das Fatale ist bei den der- 
zeitigen Verhältnissen der Umstand, daß diese Leute 
gerade dann, wenn auf den Plantagen die Arbeiten 
drängen, nicht an der Küste sind, da sie für ihre 
mehrmonatige Ueberlandreise an die Monate ge- 
bunden sind, in denen an der Karawanenstraße 
überall Wasser zu finden ist. Nach dem Bau von 
Eisenbahnen fällt die Verwendung dieser reiselustigen 
und doch arbeitsamen Leute als Karawanenträger 
weg. Dafür werden sie um so lieber sich durch 
Agenten, die ihnen bekannt sind, für die Plantagen- 
arbeit anwerben lassen, um dort in altgewohnter 
Weise durch einige Monate Arbeit sich die Mittel 
zur Anschaffung all der herrlichen Handelsprodukte 
zu erwerben, und gerade ihre Entlassung in die 
Heimath nach Beendigung der Ernte oder der 
  
763 — 
sonstigen Plantagenarbeiten wird ihrer Neigung ent- 
sprechen. 
Alle die anderen Gründe, die für Eisenbahn= 
bauten sprechen, die von anderer Seite schon vielfach 
in überzeugender Weise erörtert sind, kann ich hier 
unerwähnt lassen. Meine feste Ueberzeugung geht 
dahin, daß ohne Eisenbahnbauten eine ersprießliche 
Entwickelung der Kolonie nicht zu erzielen ist. 
Wissenschaftliche Lammlungen. 
Der Regierungsarzt Dr. med. Kummer in 
Nguelo hat der zoologischen Sammlung des Berliner 
Königlichen Museums für Naturkunde eine Naturalien- 
sammlung zugehen lassen, die folgende Objekte enthielt: 
6 Säugethierbälge, 
3 Säugethierstelettea. 
19 Säugethiere in Alkohol, 
25 Schlangen, 
1 Frosch, v 
82 Schmetterlinge, 
1 größere Kollektion Käfer, 
28 Rhynchoten und eine Anzahl Orthopteren, 
4 Hymenopteren, 
18 Myriapoden, 
20 Spinnen, 
mehrere Krebse und 
4 Würmer. 
Die Konservirung der Thiere ist gut. 
Die Säugethiere enthalten sieben Arten in 
25 Exemplaren. Von diesen ist das Stachelschwanz- 
Eichhörnchen besonders werthvoll, weil ein ganzes 
Skelett desselben zum ersten Male hierher gelangt 
ist. Ferner ist ein Zweifleckroller (Nandinia) be- 
merkenswerth. Es ist dies erst das zweite aus 
Deutsch-Ostafrika bekannte Stück, vielleicht einer noch 
nicht beschriebenen Lokalsorm angehörig. Durch den 
Palmen-Flughund (Pterocyon straminens) wird 
sein Vorkommen in Deutsch-Ostafrika mit Sicherheit 
nachgewiesen. Auch unter den Reptilien befinden sich 
einige werthvolle Caecilien, die übrigen waren als 
Ersatzstücke willkommen. Ueber die Insekten kann 
erst ein Urtheil abgegeben werden, wenn alle präparirt 
sein werden. Es wird sich sicher auch hierin manches 
Interessante finden. 
Ramerun. 
Expedition des Leutnants v. Cueis. 
Durch Mittheilung des Reisenden Conrau, der 
von dem Gouverneur v. Puttkamer der Expedition 
Queis zu Hülfe gesandt war, wird leider die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.